08.11.2021 - Manon Isabell Lorenz (Spanien auf Deutsch)
*1905 Madrid, † 1994 Toulouse
Die erste Ministerin Spaniens und Europas. Bereits der Versuch, diese Frau mit nur einem Attribut zu beschreiben, ist zum Scheitern verurteilt und wird ihr überdies nicht im Entferntesten gerecht. Nennen wir sie Schriftstellerin oder Publizistin, verschweigen wir ihr politisches Engagement. Bezeichnen wir sie als Politikern, kommt ihr Wirken als anarchistische Aktivistin zu kurz. Reden wir über sie als Anarchistin, verlieren wir ihre Rolle als feministische Vorreiterin aus den Augen. Ganz zu schweigen davon, dass sie „nebenbei“ auch noch Mutter dreier Kinder war. Nun, all diese Zuschreibungen - Autorin, Politikerin, Anarchistin, Feministin, Mutter - waren Bestandteil des Lebens und Schaffens von Federica Montseny Mañé und nur zusammen betrachtet ergeben sie ein ungefähres Bild dessen, was diese Frau geleistet hat.
Eine Anarchistin in der Regierung
Wie bereits im Titel vorweggenommen, besteht ihre historische Bedeutung rückwirkend gesehen vor allem darin, als erste Frau Europas einen Ministerposten begleitet zu haben. Von November 1936 bis Mai 1937 bildete sie als Ministerin für Gesundheit und Soziales Teil der spanischen Regierung unter Ministerpräsident Largo Caballero. Besonders ist das nicht nur aufgrund der Tatsache, dass sie eine Frau war, sondern auch deshalb, weil sie erklärte Anarchistin war.
Ihre politische Schlagrichtung war ihr bereits in die Wiege gelegt worden, handelte es sich bei ihren Eltern um niemand Geringeren als die Herausgeber der anarchistischen Zeitschrift La Revista Blanca. 1931, dem Jahr der Proklamation der Zweiten Spanischen Republik, trat Federica der spanischen Gewerkschaft Confederación Nacional del Trabajo (CNT) bei, innerhalb derer sie in den kommenden Jahren eine herausragende Stellung einnehmen sollte. Sie verfocht die Meinung, dass alle politischen Akteure des linken Sektors zusammenarbeiten und sich somit auch der Regierungsverantwortung gegenüber offen zeigen müssten. Und so kam es, dass sie 1936 ins Kabinett berufen wurde.
Eine Feministin als Ministerin
Kehren wir also zurück zu Federica Montseny Mañé, der Politikerin. Zugegeben, ihre Amtszeit als Gesundheits- und Sozialministerin dauerte lediglich sechs Monate, da sie aufgrund der sogenannten Maiereignisse in Barcelona 1937 ihr Amt niederlegen musste. Pessimisten würden sagen, dass ihre politische Arbeit in diesen Monaten nicht unbedingt von Erfolg gekrönt war, da kaum eine ihrer Initiativen in die Realität umgesetzt werden konnte. Zu diesen Pessimisten zählte übrigens auch Federica Montseny Mañé selbst. Das Resumée, dass sie aus ihrer Regierungszeit zog, war ernüchternd und zwar in der Hinsicht, dass sie zu der Überzeugung gelangte, über eine Regierungsbeteiligung keinen tiefgreifenden sozialen Wandel bewirken zu können. Denn genau diesen hatte sie mit ihren Initiativen angestrebt, vor allem in Hinblick auf die Autonomie der Frauen - hier treffen wir auf die Feministin Federica.
Ihr wohl ambitioniertestes Anliegen bestand darin, zum ersten Mal in der Geschichte Spaniens ein Gesetz zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen auf den Weg zu bringen. Fast ein halbes Jahrhundert musste vergehen, bis dieses Gesetz nach diesem ersten Impuls schließlich im Jahr 1985 Realität wurde. Des Weiteren war sie eine der Vorreiterinnen, welche die Verbreitung von Verhütungsmitteln propagierte. Außerdem setzte sie sich für die Rechte von Prostituierten ein, um ihnen Asyl sowie die Mittel und Möglichkeiten zu bieten, ihren Beruf zu wechseln. Zu ihren weiteren Projekten zählten weiterhin die Eröffnung eines Kinderheims und einer öffentlichen Küche für Schwangere.
Die Mutter im Exil
Mit dem Ende des Bürgerkriegs und dem Beginn der franquistischen Diktatur 1939 war Federica Montseny Mañé wie viele Spanier gezwungen, ihr Heimatland zu verlassen und floh nach Frankreich ins Exil. In Folge der nationalsozialisten Besetzung Frankreichs wurde sie auf Geheiß des französischen Generals Pétain 1941 in Limoges inhaftiert - und traf im Gefängnis auf ihren ehemaligen politischen Weggefährten, Ministerpräsident Largo Caballero. Einem Auslieferungsgesuch der Franco-Diktatur gab die französische Regierung nicht statt; allein der Umstand, dass Federica mit ihrem dritten Kind schwanger war, verhinderte dies. Ihre Rolle als Mutter rettete ihr in diesem Fall womöglich das Leben. Dennoch litt sie bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs unter Verfolgung und Inhaftierung durch die französischen Behörden.
Im Exil als Schriftstellerin
Bis zur Rückkehr in ihr Heimatland Spanien im Jahr 1977 lebte Federica Montseny Mañé in Toulouse und widmete sich in diesen Jahrzehnten, neben dem Reisen, einer weiteren ihrer vielen Begabungen über die wir noch nicht gesprochen haben: Dem Schreiben. Bereits mit 15 Jahren hatte sie ihre erste Novelle veröffentlicht und es sollten im Laufe ihres Lebens viele weitere Novellen und Romane folgen. Mit 17 begann sie, unter dem Pseudonym Blanca Montsan, für anarchistische und gewerkschaftliche Organe zu schreiben, darunter die von ihren Eltern herausgegebene Zeitschrift La Revista Blanca und die gewerkschaftliche Zeitung Solidaridad Obrera. Während ihres französischen Exils setzte Federica, die Schriftstellerin, ihre Arbeit als Autorin fort, schrieb Romane, politische Texte und war Herausgeberin zweier anarchistischer Zeitungen.
Rückkehr in die Heimat
Mit dem Ziel, die Gewerkschaft wiederzubeleben, kehrte sie 1977 nach Spanien zurück und redete auf der großen Kundgebung der CNT in Barcelona vor knapp 100.000 Menschen. Bis zu ihrem Tod 1994 setzte sie sich für die Rückgabe des durch die Franquisten konfiszierten Besitzes der Gewerkschaft ein. Straßen in zahlreichen spanischen Städten sind heute nach Federica Montseny Mañé benannt, außerdem mehrere Schulen und ein Gesundheitszentrum in Madrid. In Paris trägt sogar ein Park ihren Namen, der Jardín Federica Montseny.
Quelle Foto: Von Manel Armengol - Flickr: FEDERICA MONTSENY, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=31587680
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