NEWS: El diario de Ana Frank

Es ist kein Meisterwerk und stellenweise sehr zweifelhaft umgesetzt. Aber das von dem spanischen Regisseur Rafael Alvero inszenierte erste Musical, das auf dem „Tagebuch der Anne Frank“ basiert, eignet sich jedoch, um Kinder und Jugendliche mit dem Holocaust und seinen grauenvollen Auswirkungen vertraut zu machen. Was erwachsene Zuschauer bei der ersten Vorstellung des Werks vor der Presse vielleicht als banal und kommerziell empfinden, ist für Kinder unterhaltsam. Denn die Form des Musicals macht das gerade für uns Deutsche so schwere Thema leicht. Es wird gesungen, getanzt, geschrieen und geträumt. Es steigt Rauch auf, die Bühne dreht sich, imposante Lichtstrahler erhellen die Szene. Große Teile der über zwei Stunden dauernden Darbietung handeln nicht von Nazis, Vergasung und Flucht, sondern von ganz einfachen Teenager-Problemen, Familienkonflikten und von den Schwierigkeiten des Zusammenlebens. Die Musik, Kostüme und die Gesangsqualität der Darsteller sind überzeugend.

Aber gerade deutschen älteren Besucher dürfte bitter aufstoßen, mit welcher Banalität die historische Wirklichkeit von Anne Frank dargestellt wird, vor allem wie Hitler und die Nazis in die Szene eingeführt werden. Das Musical ist zudem stellenweise sehr laut und langatmig. Zu Beginn werden per Film Szenen des Bombenangriffs auf Deutschland gezeigt, in undefinierbarem Deutsch schreien Nazis Schlachtparolen. Eine sehr nach Effekten haschende Darstellung. Zumindest wir Deutsche, die wir bei dem Thema Holocaust wesentlich sensibler sind als zum Beispiel die Spanier, die diese Katastrophe nicht erlebt haben, bekommen dabei ein flaues Gefühl im Magen. Die Madrilenen hingegen sind begeistert von der Aufführung, leisten standing ovation bei der Premiere, viele haben wahrscheinlich nicht das Buch gelesen, haben keinen Vergleich.

Nur wenige von ihnen dürfte es deswegen stören, dass das mutige jüdische Mädchen, das in seiner Gefangenschaft in einem Versteck in Amsterdam seinem Tagebuch alles anvertraut, Anne Frank hieß und nicht Ana Frank. 

So ist die ganze Geschichte ziemlich „eingespanischt“ und wirkt stellenweise wenig authentisch. Ebenfalls fragwürdig ist der Darstellungsort. Das schöne alte Theater Calderon ist wegen Finanzproblemen in die Hände der Eismarke Häagen Dazs gefallen, die sogar jeden Stuhl mit ihrem Logo „verziert“ hat und vor dem Eingang in den imposanten Theatersaal erst einmal Eis an den Mann bringen will. 

Wann: ab 28. Februar
Wo: Teatro Häagen Dazs Calderon
Calle Atocha 16

Mehr Info:
www.eldiariodeanafrank.es
www.annefrank.org