NEWS: Maler Antoni Tàpies gestorben

12.02.2012 - suedkurier.de 

Auf diese Weise schuf der spanische Maler, der am Montag im Alter von 88 Jahren in seiner Heimatstadt Barcelona gestorben ist, mehr als 8000 Werke und stieg zu einem der größten Künstler der Gegenwart auf. «Vielleicht male ich so viel, weil ich ständig das Gefühl habe, es besser machen zu müssen», scherzte der Katalane einmal.

Schon als Kind hatte er eine Vorliebe für das Experimentieren entdeckt. «In unserer Küche hatten wir eine Art von Sand, um die Kochtöpfe blank zu polieren. Eines Tages kam ich auf die Idee, ihn mit Klebstoff zu vermischen», berichtete der Maler und Objektkünstler einst. Was damals ein Spiel war, wurde später Hauptbestandteil seiner Arbeit: Erde, Leim und Marmorstaub bildeten die Grundlage vieler seiner reliefartigen und oftmals düsteren Material- und Mauerbilder.

Obwohl Tàpies als einer der größten Künstler des 20. Jahrhunderts gefeiert wurde, sah er sich selbst eher als einen einfachen Amateur. «Im Grunde habe ich in meinem Leben nur ein einziges Bild mit unzähligen Variationen gemalt», gestand der Autodidakt in einem Interview. Seine Bilder und Skulpturen sind auf Museen und Privatsammlungen in aller Welt verteilt.

Zur Malerei hatte er gefunden, als er seine Ausbildung wegen eines Lungenleidens unterbrechen musste. 1945 brach er sein Jurastudium ab und widmete sich nur noch der Kunst. In der Anfangszeit ließ Tàpies sich von den Werken zeitgenössischer Künstler wie Paul Klee, Joan Miró, Pablo Picasso, Jean Fautrier oder Jean Dubuffet anregen. Auf seine surrealistische und dadaistische Phase blickte der katalanische Maler aber mit gemischten Gefühlen zurück. «Dieser Einfluss war nicht so vorteilhaft, weil er mich meiner Spontaneität beraubte.»

Die Zeitung «El Mundo» würdigte den Maler am Dienstag als «das große Genie der Abstraktion». Aber Tàpies hatte sich entgegen der vorherrschenden Meinung nicht als abstrakten Künstler betrachtet: «Ich empfinde mich als Realist, denn mein gesamtes Werk steht für den Versuch, die Wirklichkeit zu begreifen und sie für den Betrachter darzustellen.»

Unter der Franco-Diktatur (1939-1975) wurde er wegen seiner kritischen Haltung zum Regime von der Polizei überwacht und saß zeitweise in Haft. Mit seinem guten Freund, dem Dichter Joan Brossa, und anderen Malern hatte er 1948 die Gruppe «Dau al Set» (Würfel mit sieben Augen) gegründet. Es war damals die erste künstlerisch-literarische Avantgardebewegung in Spanien gewesen, die sich in der Diktatur hervorwagte. «Als Künstler hat man eine gesellschaftliche Verantwortung», beschrieb er seine Überzeugung.

Tàpies' bevorzugte Stilmittel waren seit den 60er Jahren geometrische sowie mathematische Zeichen und vor allem Kreuze und Buchstaben. Das «A» stand dabei für seinen Vornamen, das «T» für den seiner Ehefrau, Teresa. Ihr widmete der Künstler eine Serie von 56 teils erotischen Bildern, die einzige, die er je nummeriert hat. Ein weiteres Element in seinem Werk war die fernöstliche Mystik. Tàpies hatte sich intensiv mit dem Taoismus und dem Zen-Buddhismus auseinandergesetzt. All dies verlieh seinen meist in Schwarz, Grau oder Ocker gehaltenen Werken die Aura des Geheimnisvollen.

Der Künstler erhielt eine Vielzahl von Auszeichnungen. Dazu gehörten der angesehene spanische Prinz-von-Asturien-Preis und der Weltkulturpreis «Praemium Imperiale», einer der wichtigsten Preise für die bildenden Künste. Vor knapp zwei Jahren adelte König Juan Carlos den Katalanen zum Markgrafen. Trotz seines Ruhms scheute Tàpies die Öffentlichkeit. Er führte ein zurückgezogenes Leben an der Seite seiner Frau, die er vor über 50 Jahren geheiratet und mit der er drei Kinder hatte.

Kommentare (0) :

Artikel kommentieren
Artikel-Archiv
  • 24.11.2023 [Kommentare: 0]

    Austellung. Die Berliner Mauer: Eine Geteilte Welt

    Die Sala Castellana 214 der Fundación Canal in Madrid verwandelt sich in einen zeitlichen Brückenschlag zur Zeit des Kalten Krieges. Hier findet derzeit die erste groß angelegte Wanderausstellung über die ikonische Berliner Mauer statt. Seit der Eröffnung am 9. November können Besucher bis zum 7. Januar mehr als 300 Originalobjekte, Video.. Artikel weiterlesen

  • 16.08.2023 [Kommentare: 0]

    Street Art in Valencia: Ein Erlebnis für Kunstliebhaber

    Valencia ist eine Stadt voller Charme, Geschichte und Kultur. In den letzten Jahren hat sich auch hier die Street Art-Szene immer weiter entwickelt und prägt das Stadtbild auf beeindruckende Weise. Zahlreiche Künstler haben die Straßen Valencias in eine Leinwand für ihr künstlerisches Schaffen verwandelt und der Stadt eine neue urbane.. Artikel weiterlesen

  • 22.05.2023 [Kommentare: 0]

    Street Art-Highlights auf Mallorca, Farbenpracht statt Massentourismus

    Die mediterrane Insel Mallorca ist für ihre malerischen Landschaften, traumhaften Strände und kulturellen Sehenswürdigkeiten bekannt. Doch in den letzten Jahren hat sich Mallorca auch zu einem Hotspot für Street Art entwickelt. Überall auf der Insel kann man beeindruckende Graffiti und Wandmalereien entdecken, die das urbane Leben mit der.. Artikel weiterlesen

  • 27.02.2023 [Kommentare: 0]

    Santiago Calatrava, der Stararchitekt aus Spanien

    Wer kennt das L'Hemisfèric nicht, das architektonische Wahrzeichen in Form eines menschlichen Auges in der Stadt der Künste und Wissenschaften in Valencia. Sein Erschaffer ist der weltberühmte spanische Architekt, Baumeister und Ingenieur Santiago Calatrava. Auf der ganzen Welt sind seine beeindruckenden und innovativen Bauwerke in Städte.. Artikel weiterlesen

  • 17.10.2022 [Kommentare: 0]

    Der deutsche Künstler Wolf Vostell in Extremadura

    Los Barruecos, eine außergewöhnliche Landschaft aus Granitfelsen, die über Jahrmillionen von Wasser und Wind geformt wurde, ist einer der einzigartigsten Orte in der Extremadura. Sie liegt etwa 14 Kilometer von Cáceres entfernt, in der Gemeinde Malpartida de Cáceres, etwa drei Kilometer südlich des Stadtzentrums. Die Spanier nennen die .. Artikel weiterlesen

  • 21.03.2022 [Kommentare: 0]

    INTERVIEW: Marcos Vázquez, Autor des Buches "Invicto Unbezwingbar"

    1. Was antwortest du, wenn dich jemand fragt, was du beruflich machst? Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Ich betrachte mich als Blogger, Autor, Podcaster ... manche Personen bezeichnen mich auch als Influencer :-) Vereinfachend sage ich meistens, dass ich mich der Verbreitung von Informationen über Gesundheit aus einer breiten .. Artikel weiterlesen

  • 12.05.2021 [Kommentare: 0]

    Street Art in Málagas Künstlerviertel Soho

    Mit Soho assoziiert man das trendige Szeneviertel in New York oder London, doch auch in Málaga ist ein solches sehens- und erlebenswertes Ausgeh- und Künstlerviertel in den letzten Jahren entstanden. Hier mischen sich Kunst und Kultur aller Zeiten und Nationalitäten, es gibt Kunstgalerien, Craft Beer Brauereien, internationale Gastronomie.. Artikel weiterlesen

  • 03.05.2021 [Kommentare: 0]

    MMMAD, das erste Urbane Festival der digitalen Kunst in Madrid

    Die erste Ausgabe von MMMAD, dem Madrid Urban Digital Art Festival, verwandelt die Hauptstadt während des gesamten Monats Mai in das Epizentrum der digitalen Kunst. Vom 1. bis zum 31. entfaltet sich das Festival in der ganzen Stadt mit einem Programm, das Ausstellungen internationaler Künstler in den digitalen Werbeflächen von JCDecaux,.. Artikel weiterlesen

  • 02.11.2020 [Kommentare: 0]

    César Manrique, der geniale Künstler und Architekt von Lanzarote

    César Manrique (1919 – 1992) wurde in Arrecife auf Lanzarote, geboren, auf der Vulkaninsel im Atlantik, die kein anderer Künstler mit seinem Lebenswerk so geprägt hat wie er. Aufgewachsen war er mit seinen Eltern und drei Geschwistern und in Puerto Naos, dem alten Hafen von Arrecife. Nach der Schule studierte er Bauingenieurwesen auf .. Artikel weiterlesen

  • 09.10.2020 [Kommentare: 0]

    Mafalda, die argentinische Comic-Kultfigur

    Wer kennt sie nicht, Mafalda, das neugierige, ruhelose und sehr ironische Cartoon-Mädchen? Ihr Schöpfer, Joaquín Salvador Lavado genannt „Quino“, Sohn andalusischer Einwanderer, verstarb dieses Jahres am 30. September 2020. Er wuchs in einem Umfeld auf, das ihn stets ermutigte über Autorität und die Gründe für Ungerechtigkeit .. Artikel weiterlesen