HINTERGRUND:Doppelbesteuerung teilweise zulässig

07.06.2010 -  

Bei der Besteuerung von deutsch-spanischen Erbfällen kann es zur doppelten Besteuerung ein und desselben Sachverhaltes kommen. Dies betrifft insbesondere die Besteuerung von Kontenguthaben und Wertpapierdepots. Der EuGH (Az.: C-67/08) sieht hierin keinen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit.

Im konkreten Fall ging es um einen deutschen Erblasser mit Wohnsitz in Deutschland, der neben einer Immobilie in Spanien bei einer spanischen Bank ein sechsstelliges Guthabenkonto unterhielt. Der Alleinerbe, sein Sohn, führte die nicht zu niedrige Erbschaftssteuer in Spanien ab und beantragte die Anrechnung der ausländischen Steuer in Deutschland, die bezüglich des Bankguthabens abgelehnt wurde. Im Endergebnis musste daher der Erbe auf das Kontenguthaben in beiden Ländern die Erbschaftssteuer - also doppelt - abführen. Nach Rechtsmittel des Erben gegen die Entscheidung des Finanzgerichts München legte der Bundesfinanzhof dem EuGH die Rechtssache zur Entscheidung vor.

Der Sache nach unterlag der Alleinerbe der unbeschränkten Erbschaftssteuerpflicht in Deutschland, da er dort seinen Wohnsitz und daher dort auch die spanische Immobilie und das spanische Bankkonto zu versteuern hatte. Gleichzeitig unterlag er in Spanien der beschränkten Erbschaftssteuerpflicht für das dort belegene Vermögen, weshalb er auch dort zur Erbschaftssteuer für die spanische Immobilie und das spanische Kontenvermögen veranlagt wurde.

Das deutsch-spanische Doppelbesteuerungsabkommen erfasst solche Sachverhalte nicht, da die Erbschaftssteuer von dessen Anwendungsbereich ausgenommen ist. Unter bestimmten Voraussetzungen ist aber in Deutschland gemäß § 21 deutsches Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) eine einseitige Anrechnung der in Spanien gezahlten Steuer möglich. Aus deutscher Sicht setzt dies aber voraus, dass der deutsche Gesetzgeber bei einem vergleichbaren Fall, das in Spanien versteuerte Vermögen ebenfalls versteuert hätte, und hier lag das Problem.

Aus spanischer Sicht handelt es sich bei Kontenguthaben eines Ausländers bei einer in Spanien ansässigen Bank um inländisches, d.h. in Spanien belegenes Vermögen, da sich der Rückzahlungsanspruch gegen eine spanische Bank richte und dort erfüllt werden müsse. Ergo: Das Kontenguthaben unterliegt durch die bloße Tatsache der Einlage auf das Konto einer spanischen Bank und zwar unabhängig vom Wohnsitz des Gläubigers/Erben der spanischen Erbschaftssteuer.

Anders der deutsche Gesetzgeber, der diesem Ansatz nicht folgt und den Begriff des Inlandsvermögens gemäß § 121 deutsches Bewertungsgesetz weit enger fasst. Danach wird bei der Beurteilung maßgeblich auf den Forderungsinhaber (den Erben) und nicht auf den Forderungsgegner (die Bank) abgestellt. Hat dieser seinen Wohnsitz im Ausland, führt alleine die Einlage von Vermögen auf ein Konto bei einer deutschen Bank nicht automatisch dazu, dass dieses Kontenguthaben plötzlich auch in Deutschland der Erbschaftssteuerpflicht unterliege.

Im Endergebnis hätte deshalb der deutsche Fiskus in einem vergleichbaren Fall einen spanischen Erben mit Wohnsitz in Spanien und Nachlassvermögen in Deutschland nicht zur Erbschaftssteuer veranlagt. Folge: Die Anrechnung der in Spanien gezahlten Erbschaftssteuer auf das sechsstellige Guthaben wurde abgelehnt, da - wie das Finanzgericht München dies im erstinstanzlichen Verfahren ausdrückte - es nicht die Aufgabe des deutschen Staates sei, auf seine Kosten andere EU-Staaten zu subventionieren.

Der EuGH sah hierin keinen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, da die Doppelbesteuerung lediglich das Ergebnis des Umstands sei, dass Spanien und Deutschland parallel ihre steuerlichen Kompetenzen ausgeübt hätten. Das aktuelle Gemeinschaftsrecht sei nicht auf die Vermeidung von Sachverhalten der doppelten Besteuerung angelegt, was weiter den Mitgliedstaaten obliege, wobei Deutschland und Spanien die Erbschaftssteuer gerade aus dem Anwendungsbereich ihres Doppelbesteuerungsabkommens ausgenommen haben.

Es ist kaum zu hoffen, dass Deutschland und Spanien demnächst eine Vermeidung der Doppelbesteuerung auch bei Erbschaften vereinbaren werden. Welche Schlüsse sind daher aus diesem Urteil zu ziehen?

Haben Sie als Erblasser ihren Wohnsitz in Deutschland, sollten Sie kein Vermögen auf Konten und Depots in Spanien anlegen. Ausnahme: Sie planen als Erblasser, ihren Wohnsitz nach Spanien zu verlegen, denn in diesem Fall gelten bei der Anrechnung der spanischen Erbschaftssteuer auf die deutsche Steuer günstigere Anrechnungsregeln. Aber selbst dann sollten Sie berücksichtigen, dass die spanische Erbschaftssteuer regelmäßig weit höher ausfällt und geringere Freibeträge als ihr deutsches Pendant vorsieht. Und Anrechnung meint Anrechnung.

Fällt die spanische Steuer höher aus als die deutsche Steuer, wird die in Spanien mehr bezahlte Steuer nicht etwa über Deutschland erstattet. Die deutsche Steuer ist daher bei der Anrechnung die maximale Kappungsgrenze. In diesem Sinne ist Spanien daher alles andere als ein Paradies für Finanzanlagen und das Vermögen sollte in Deutschland oder in anderen Ländern angelegt werden.

Und sollte das Kind bereits in den Brunnen gefallen sein, bleibt die Möglichkeit, beim deutschen Finanzamt einen Antrag auf einen vollständigen oder teilweisen Erlass der deutschen Erbschaftssteuer im Wege des Kulanzverfahrens zu stellen. Aber auch das zeigt einmal mehr, dass Vorsorge zu Zeiten immer besser als Nachsorge ist.

Andreas Fuss Abogado & Rechtsanwalt

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