07.03.2022 - Interview geführt von Spanien auf Deutsch
Bitte beschreiben Sie kurz Ihren Werdegang
Ich habe an der Universität Zürich Italienisch, Französisch und Deutsch studiert und die Lehramtsberechtigung als Gymnasiallehrperson erworben. Nach 15 Jahren Unterrichtstätigkeit habe ich mich in ‚General Management‘ weitergebildet und danach 2006 die Direktion der Schweizer Mailand übernommen. Zurück in der Schweiz habe ich 2013 in Zürich und später in der Region Bern als Schulleiterin gearbeitet und mich bei der Einführung des neuen Lehrplans 21 engagiert. Seit September 2020 bin ich in Madrid.
Wie fühlen Sie sich nach Ihren ersten 1 ½ Jahren in Madrid?
Madrid und die Schweizer Schule waren mir nicht neu, hatte ich doch bereits im Jahre 2009 einen Besuch vor Ort gemacht. Es war jedoch ein großer Schritt, definitiv und ohne meine Familie nach Madrid zu ziehen. Meine Töchter sind erwachsen und leben in der Schweiz, mein Partner lebt und arbeitet in Bern. Zum Glück besuchen sie mich regelmäßig. In den anderthalb Jahren hatte ich Gelegenheit, die Comunidad de Madrid kennenzulernen. Größere Reiseprojekte waren aufgrund der Pandemie nicht möglich. Ich freue mich nun darauf, weitere spannende Regionen zu entdecken.
Sie sind mitten in der Corona-Pandemie im August 2020 an die Schule gewechselt. Welches waren Ihre größten Herausforderungen? Und welche sind es noch?
Bei meiner Ankunft in Madrid im August 2020 gab es zuerst organisatorische Hürden zu nehmen, denn die von der Comunidad de Madrid erlassenen Maßnahmen stellten uns vor große Herausforderungen. Wie alle Schulen mussten wir Abläufe neu strukturieren und Schulräume schaffen, um die Distanzregeln einhalten zu können. Die Kontaktaufnahme mit den Schülerinnen und Schülern, mit den Eltern, aber auch mit Kolleginnen und Kollegen war erschwert. Dieser Umstand war für mich viel schwieriger zu akzeptieren als alle andern Maßnahmen, lebt doch eine Schule von den Beziehungen untereinander. In den kommenden Monaten gilt es, diese Startschwierigkeit zu kompensieren.
Welche Gründe haben Sie für die Übernahme der Leitung der Schweizer Schule in Madrid motiviert?
Eine neue berufliche Herausforderung.
Was sind Ihre Pläne für die Weiterentwicklung der Schweizer Schule Madrid?
In der Schweiz wird aktuell der Lehrplan 21 eingeführt, ein auf Kompetenzorientierung ausgelegter Lehrplan, der neue Unterrichtsformen und Anpassungen in der Beurteilung der Schülerleistungen verlangt. Die Schweizer Schule Madrid hat sich zum Ziel gemacht, die Umstellung auf den neuen Lehrplan 21 gezielt anzugehen und den Unterricht auf die neuen Vorgaben auszurichten.
Die Digitalisierung der Schule und damit des Unterrichts hat sich mit der Pandemie unheimlich schnell entwickelt, so dass wir heute zu den kompetentesten Schulen in diesem Bereich gehören. Wir sind kontinuierlich daran, uns hier noch mehr Wissen zu erarbeiten, so dass die digitalen Medien sinnvoll eingesetzt werden können.
Unsere Hauptunterrichtssprache ist Deutsch, auf dem Pausenhof hört man oft Spanisch und in vielen Gesprächssituationen unterhalten sich die Kinder auf Englisch oder Französisch. Die Mehrsprachigkeit der Schülerinnen und Schüler zu fördern, ist ein weiterer Schwerpunkt unserer Entwicklung.
Als Direktorin der Schweizer Schule Madrid ist es mein Auftrag, die Vermittlung schweizerischer Bildung und Kultur im Ausland zu fördern. Zusammen mit unserer Dachorganisation, educationsuisse, sind wir momentan am Erarbeiten einer gemeinsamen Charta, um diesen Auftrag noch gezielter und vor allem zusammen mit dem ganzen Netzwerk der Schweizer Schulen im Ausland auszuführen.
Wie hoch ist der Anteil an Schweizern, anderen Deutschsprachigen, Spaniern und anderen Ausländern an der Schweizer Schule in Madrid?
15% Schweizer Kinder, 35% deutschsprachige Kinder, 40% spanische Familien und 10% aus anderssprachigen Ländern.
Die richtige Schulwahl für das Kind wirft bei Eltern, die eine deutschsprachige Bildung für das Kind anstreben, jedes Jahr aufs Neue viele Fragen auf – Deutsche Schule oder Schweizer Schule. Welche Unterschiede gibt es zur Deutschen Schule? Gibt es Unterschiede beim Deutschniveau?
Auf den ersten Blick fällt die Größe der Schweizer Schule auf. Mit rund 600 Kindern sind wir eine mittelgroße private Schule in Madrid, nicht zu vergleichen mit den 1800 Kindern der DSM.
Das individualisierte Lernen stand stets und steht auch heute noch im Zentrum unserer Vermittlung. Mit der Einführung des Lehrplans 21 wird der persönlichen Entfaltung jedes Kindes noch mehr Rechnung getragen. Die Schweizer Schule ist überzeugt, dass das Glück der Schülerinnen und Schüler nicht allein von ihren Fachkenntnissen abhängt, sondern von ihrer Fähigkeit, sich an eine Welt voller Herausforderungen anzupassen.
Schülerinnen und Schüler können in den letzten vier Jahren ihrer Ausbildung unter verschiedenen Fächerangeboten auswählen, so dass sie sich vermehrt ihren Interessen widmen können und trotzdem die allgemeine Studierfähigkeit erlangen. Die Schweizer Matura entspricht dem deutschen Abitur und ist weltweit anerkannt.
Arbeiten Sie mit anderen Schweizer Schulen in Spanien zusammen? Bzw. mit anderen deutschsprachigen und/oder internationalen Schulen? Wie gestaltet sich diese?
Wir arbeiten mit 18 Schweizer Schulen auf der ganzen Welt zusammen. Im Sommer treffen sich immer alle Direktorinnen und Direktoren in der Schweiz. Die Dachorganisation, die Vertretungen der Patronatskantone und die Präsidenten der Schulvorstände sind ebenso Teilnehmende bei diesen Zusammenkünften. Mit Barcelona und den Schulen in Italien pflegen wir einen besonders engen Kontakt.
Die Zusammenarbeit in Europa passiert vor allem auf Direktionsebene, tauschen wir uns doch übers Jahr regelmäßig untereinander aus. Für die Maturaprüfungen gehen Lehrpersonen als Experten nach Barcelona und umgekehrt.
Kann man mit dem Abschluss der Schweizer Schule in Deutschland, der Schweiz und Spanien oder anderen europäischen Ländern an den Hochschulen studieren? Oder muss der Abschluss durch anderen Prüfungen oder Anerkennungsverfahren ergänzt werden?
Die Schweizer Matura ist weltweit anerkannt. In Spanien braucht es keine zusätzlichen Anerkennungsverfahren (evau). Mit Ausnahme von Medizin (Numerus clausus in der Schweiz für alle Studierenden, ob aus der Schweiz oder aus dem Ausland) können alle Studiengänge direkt belegt werden.
Warum sollte ich meine Kinder auf die Schweizer Schule in Madrid schicken?
Die Kinder sind in einem vertrauensvollen Umfeld eingebettet, lernen auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten, in kleinen Klassen. Die Schweizer Pädagogik und der Lehrplan 21 gewährleisten einen erprobten und auf die Bedürfnisse der Zukunft ausgerichteten Zugang zu Bildung.
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