NUTZWERT: Spanische Geschäftsleute

22.06.2009 - Anne Rupp 

Was sind typische kulturelle Verhaltensorientierungen und Werte von spanischen Geschäftsleuten? Natürlich unterscheiden sich Individuen in ihrem Charakter und sind auch von Faktoren wie Regionalkultur, Berufskultur und Organisationskultur beeinflusst. Dennoch haben Studien (vgl. zum Beispiel „Negociar a lo español“ von Villemoes, Anette/ Bovet, Montse et al., Arhus, Systime Academic 2003) eine Reihe von „typisch spanischen“ Charakteristika erfasst, von denen einige hier vorgestellt werden.

Flexibilität und Improvisationsgabe

Flexibilität, Kreativität und Spontanität sind im allgemeinen wichtige Werte im spanischen Geschäftsleben (was im Gegensatz zu dem wichtigen deutschen Wert der (Voraus-)Planung steht). Eng damit zusammen hängt, dass Spanier mitunter sehr schnell ihre Meinung ändern. Bei Besprechungen und Präsentationen bis zu einem gewissen Maß zu improvisieren, gilt nicht zwangsläufig als unprofessionell. Vor allem erste Meetings werden manchmal wenig vorbereitet. Der Hauptzweck ist, eine persönliche Beziehung und Vertrauen aufzubauen - und nicht, Details zu besprechen. Personen mit einem größeren Planungsanspruch empfinden es manchmal als chaotisch, wenn Dinge nicht detailliert vorausgeplant werden. Gleichzeitig ermöglicht dieser Ansatz aber auch mehr Flexibilität, falls sich während der Umsetzung eines Projekts die Umweltbedingungen ändern.

Respekt für bestimmte Hierarchien

Für viele Deutsche stellt es ein Paradoxon dar, dass im Berufsleben auf der einen Seite informelle Umgangsformen herrschen (Körperkontakt, Duzen auch mit dem Vorgesetzten etc.), auf der anderen Seite aber in vielen Unternehmen eine klare Verteilung von Macht und Respekt für die bestehenden Hierarchien besteht. Dies trifft v.a. für Familienbetriebe und KMUs zu. Spanische Arbeitnehmer stellen ihren Vorgesetzten selten in Frage und treffen kaum eine Entscheidung, ohne sich mit dem Vorgesetzten zu besprechen.

Bedeutung des Schaffens einer Vertrauensbasis

Für Spanier ist es wichtig, mit dem Geschäftspartner ein persönliches Verhältnis und Vertrauen aufzubauen, bevor sie mit der Arbeit beginnen. Die Trennung von Berufs- und Privatleben ist weniger ausgeprägt als z.B. in Deutschland und es ist üblich, im Geschäftsalltag auch über Themen zu sprechen, die nichts mit der Arbeit zu tun haben. Ohne eine persönliche Vertrauensbasis wird die Zusammenarbeit extrem erschwert. Faktoren wie Small Talk über für die Arbeit „unbedeutende“ Themen (Wetter, Herkunftsort, Familie), Humor, gepflegtes Äußeres und Körperkontakt (sich am Arm fassen etc.) tragen dazu bei, Vertrauen aufzubauen

“Personalisierung“ (etwas persönlich nehmen)

Viele Spanier empfinden berufliche Kompetenz und Persönlichkeit als Einheit. Jegliche Aussagen über ein Arbeitsprodukt oder eine Idee können als persönliche Kritik oder persönliches Lob interpretiert werden. Die Aussage „Nimm es nicht persönlich“ ist somit weniger angebracht. Direkte Kritik kann den spanischen Geschäftspartner verletzen und beleidigte Reaktionen hervorrufen (vgl. die Aussage eines interviewten Spaniers: “Una negociación la derivamos hacia una confrontación si nos sentimos atacados.“). Negatives Feedback sollte daher nur indirekt und unter vier Augen gegeben werden.

Der Umgang mit Zeit

Während es in Deutschland für viele ein Ideal darstellt, sich jeweils auf eine Sache voll zu konzentrieren, und Aufgaben nacheinander abzuarbeiten („eins nach dem anderen“), erledigen Spanier häufig mehrere Dinge gleichzeitig. Unterbrechungen sind normal und werden, wenn sie ein gewisses Maß nicht überschreiten, nicht als unhöflich angesehen (vgl. z.B. die Frequenz, mit der während Meetings ein Anruf auf dem Handy entgegengenommen wird). Uhrzeiten für Meetings gelten meist als ungefähre Richtlinien. Das Gleiche gilt für Tagesordnungspunkte, von denen auch abgeschweift werden kann. Diese Kombination führt oftmals zu langen Meetings und allgemein langen Arbeitstagen.

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