Deutsches Handwerk in Barcelona

29.03.2017 - Rafa Heberling 

Ina kam über Ostern zu Besuch, als ich die Werkstatt in Barcelonas Altstadt entdeckte. Ina und ich stammen beide aus einer kaum bekannten Stadt in Südwestfalen. Kritiker meinen, Siegen sei schlimmer als Verlieren, mein Onkel Herrmann glaubte sogar fest, dass hier die Fußkranken der Völkerwanderung hängengeblieben seien. In der protestantischen Enklave des sonst eher katholischen Westfalen gibt es an den älteren Häusern nicht mal Balkone. Müßiggang war nicht vorgesehen. Beten und Arbeiten. Ob Peter Paul Rubens, der ebenfalls in Siegen geborene Renaissance Maler, deshalb nach Köln (und später in die spanischen Niederlande nach Antwerpen) gegangen ist? Nur eine Vermutung.

 

Andererseits ist das metallverarbeitende Handwerk dort von langer Tradition. Die Kelten (Ubier) versorgten bereits vor über 2000 Jahren die Römer von hier aus mit den begehrten Stahlschwertern und Lanzenspitzen. Später war es lange vor dem Ruhrgebiet eine hauptsächlich von Bergbau und Metallverarbeitung geprägte Gegend. Noch heute trotzen einige mittelständische Betriebe der Stahlkrise mit ihren Präzisions- Werkzeugteilen und Maschinen, die sie bis ins detailverliebte Japan exportieren.

 

Barcelona ist für uns gleichsam das Gegenteil des Siegerlandes. Schon das Wetter! Die allseits sichtbare Kunst, der kreative Geist und der Genuss sind überall spürbar: in Stein gemeisselt oder zum Verkauf in den Geschäften oder Restaurants.

 

Shoppen, für Männer Stress, für Frauen Stressbewältigung, gehörte bei Inas Besuch klar zum Programm. Schließlich wollte sie sich in Barcelona von ihrem Alltag in Frankfurt/M. erholen. Aber bei all der Vielfalt, kreativen Mode und Schmucks fragte sie sich, ob Barcelona vielleicht auch etwas im hochwertigen Schmuckbereich finden könnte, das ihr gefiele. Zum Glück hatte gerade in meiner Nachbarschaft eine hübsche Schmuckwerkstatt eröffnet und wir beschlossen, diese mal näher anzuschauen.

 

Drinnen bemerkt der Goldschmied unsere auf Deutsch geführte Unterhaltung und antwortet mit leicht gerolltem R. Sofort kam unsere neugierige Rückfrage nach seiner Herkunft. " Ah, so eine wenig bekannte Stadt in Südwestfalen...

 

Ein seltsamer Ausdruck machte sich in unseren beiden Gesichtern breit, um sich in herzlichem Lachen aufzulösen. Die Welt ist doch nur ein dreckiges Taschentuch...

 

Vor einigen Jahren zog es den Siegerländer Goldschmied in die Welt, er fand Barcelona nicht nur inspirierend, sondern hier auch seine Frau.

 

So kam die Siegerländer Präzision im Handwerk in die Altstadt Barcelonas nahe dem Arc de Triomf . Und richtig: hier gibt's nur das Besondere. Und das zum erschwinglichen Preis. Der Internetverkauf hält ihn und seine junge Familie am Leben, aber die Kunden kommen auch gerne mal in der versteckt liegenden Werkstatt vorbei. Hier werden die Einzelstücke nach Maß angefertigt: Eheringe der besonderen Art und eher jung im Design, Armreifen, Ketten... nach Materialien, die ganz auf den Geldbeutel des Kunden abgestimmt sind. So sind die individuell entworfenen Eheringe für das Künstlerpaar halt aus Silber, für das Rockerpärchen gibt es sie auch aus Stahl.

 

Neulich kam ein Barça Fan aus England, der vom Angebot in den „Devotionalienläden“ enttäuscht war, weil er nichts Hochwertiges fand, das ihm gefallen könnte und bestellte ein modernes Design eines Ringes in „blau-grana“ aus Platin und Plexiglas, einmal für sich, einmal für seinen Sohn.

 

Weltweite Garantie und genaues Maßarbeiten sind hier selbstverständlich. Aber das ist gar nicht das Besondere:

In dieser Werkstatt wird das alte, selten gewordene Handwerk auch unterrichtet. Ob vom Fach oder als Anfänger für das zukünftige Hobby: Eugen Steier gibt sein Können gerne an alle Interessierten weiter. In Kleingruppen oder im Einzelunterricht kann man von der einfachen Brosche bis zu aufwendigen Ringen die notwendigen Einzelheiten über die Metalle und ihre Verarbeitung zum Schmuck lernen.

 

Der Unterricht wird auch Deutsch, Englisch oder Spanisch - je nach Bedarf - gehalten. Die Teilnehmerzahl ist meist auf 4 Schüler begrenzt, auch um das Arbeitsplatz- und Werkzeugangebot nicht zu überfordern und findet montags bis donnerstags zwischen 11:00 und 13:30 Uhr sowie 18:30-21:00 Uhr statt. Die Kurse gehen in der Regel über 10 Stunden, jeweils 2 ½ Stunden lang, auf vier Tage verteilt.

 

Man kann sein eigenes Schmuckstück gestalten und gleichzeitig die Techniken lernen: Keum Boo (eine traditionelle koreanische Technik, mit der Goldverzierungen auf Silber appliziert werden), man lernt das Ziselieren (mechanische Metallverzierung), man lernt, wie auf unterschiedliche Weise z. B. in Krappen und Zargen die Edelsteine gefasst werden, auch Handgravuren stehen auf dem Programm und selbst die Plexiglas-Verarbeitung und Ätztechniken stehen auf dem Kursplan.

 

Wer jetzt glaubt, er müsse dafür Jahre der Lehre benötigen, wird überrascht sein: ein Anfänger braucht nach der Anleitung durch den Gold- und Silberschmiedemeister nur etwa 5 Stunden, um einen Ring mit eingesetztem Edelstein selbst herzustellen. Man kann mit oder ohne Vorkenntnisse einsteigen und, da die Gruppen übersichtlich sind, nach seinem eigenen Rhythmus lernen und arbeiten.

 

Mehr Info bei:

ES Jewelry - Eugen Steier

C/ Portal Nou, 24

08003 Barcelona

Telefon +34 930 009 910

Handy +34 656 693 828

Email: esjewelry.es@gmail.com

oder www.esjewelry.es

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