Barcelona: Neues Verkehrskonzept durch Superblocks

07.12.2016 - Elke Perzl 

Tagtäglich schieben sich Blechlawinen durch die Straßen Barcelonas und quälen die katalanische Hauptstadt mit enormer Luftverschmutzung und Autolärm.

 

Als eine der am stärksten von Pendlerstaus betroffenen Städte Spaniens, hat die Stadt nun ein neues, ambitioniertes Verkehrskonzept erarbeitet, das den Verkehr in der Touristenmetropole bis zu 21% reduzieren soll.

 

Die Notwendigkeit einer Reduzierung des Verkehrs ergibt sich aus den alarmierenden Zahlen:  Allein die hohen Feinstaubwerte in Barcelona werden mit 3500 vorzeitigen Todesfällen in Verbindung gebracht. Außerdem verfehlen Barcelona und die umliegenden Gemeinden regelmäßig die EU-Höchstwerte für Luftqualität. Das örtliche Umweltamt (Centro de Investigación en Epidemiología Ambiental) errechnete, dass 1200 Todesfälle verhinderbar gewesen wären, wären die EU-Werte eingehalten worden. Auch in Punkto Lärmbelästigung steht Barcelona schlecht da: 61% der Einwohner Barcelonas leben mit über den gesetzlich als tolerierbar eingestuften Lärmpegeln.

 

Die Stadt nennt in ihrem Konzept außerdem die zahlreichen Verkehrsunfälle, der sitzende Lebensstil sowie die fehlenden Grünflächen als Gründe für das radikale Konzept. In Barcelona kommen auf jeden Einwohner nur 6.6 Quadratmeter Grünfläche, obwohl die Weltgesundheitsorganisation WHO mindestens 9 Quadratmeter pro Einwohner empfiehlt. Auch im internationalen Vergleich lässt sich Barcelona eher mit dem extrem dicht besiedelten Tokio (3) als mit dem gründen London (27) oder Amsterdam (87,5) vergleichen.

 

Deshalb sollen nach dem Willen der Stadt ca. 60% der Straßen zu verkehrsberuhigten Zonen erklärt werden - mit neuem Platz für die Bürger und für einen neuen nachhaltigeren Lebensstil.

 

Erreicht werden soll dieses Ziel durch „Superblocks“: Gebieten, die für den Autoverkehr gesperrt sind und in denen Fahrrädern und Fußgängern der Vorzug gegeben wird. Zunächst wir im Stadtteil Eixample ein solcher Superblock entstehen, indem die existierende Infrastruktur neu definiert und Verkehrszeichen und Busrouten geändert werden. In Eixample soll ein Superblock neun Häuserblocks umfassen. Der Autoverkehr soll dann nur an den Grenzen des Superblocks entlang führen, während das Befahren der Bereiche innerhalb dieser Blocks ausschließlich Anwohnern sowie dem Lieferverkehr für die ansässigen Geschäfte und lediglich in sehr reduzierter Geschwindigkeit von 10km/h erlaubt sein wird.

 

Zum Konzept gehört auch der Ausbau der Radwege von aktuell 100 km auf 300 km sowie eine Anpassung des öffentlichen Busnetzes. Dabei sollen die Busse nur auf Hauptverkehrsadern in rechtwinklig verlaufenden Linien fahren und von jedem Punkt der Stadt aus weniger als 300 Meter entfernt sein. Ziel ist es, dass in 95% aller Fälle ein beliebiges Ziel mit nur einem Linienwechsel erreicht werden kann und sich die durchschnittliche Wartezeit an den Haltestellen von aktuell 14 Minuten auf nur fünf Minuten verkürzt.

 

Mit den Maßnahmen sollen am Ende des Umbaus bis zu 13,8 Millionen Quadratmeter, die nun vom Autoverkehr eingenommen sind, den Bürgern zurückgegeben werden.

 

Und - wie die Beauftragte für Stadtentwicklung Janet Sanz sagt:  „ …soll Barcelona zu einer Stadt werden, in der vor allem gelebt werden kann. In Barcelona verbringen die Menschen viel Zeit auf der Straße, deswegen muss die Straße ein zweites Zuhause, sozusagen die Verlängerung des eigenen Zuhauses werden.“

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