NEWS: Bildungsstreik in Spanien

05.06.2012 - Badische Zeitung 

Halbleere Klassenräume, blockierte Universitätseingänge, Demonstrationen in den Innenstädten: Schüler, Studenten, Eltern, Lehrer und Professoren haben am Dienstag gemeinsam mit einem nationalen Streiktag gegen die Kürzungen in Spaniens Bildungsetat protestiert.
Zwei Graffiti in der Madrider Universidad Complutense fassten die Stimmung unter den Demonstranten zusammen: "Einschnitte bei der Bildung und Hilfen für die Banken", und daneben: "Kämpfe für deine Zukunft". Spaniens konservativer Ministerpräsident Mariano Rajoy setzt seit seinem Amtsantritt im Dezember vergangenen Jahres auf eine konsequente Sparpolitik, um das Defizit der öffentlichen Haushalte so bald wie möglich auf drei Prozent des Inlandsprodukts (BIP) zu begrenzen. Ende März stellte er sein Budget für das laufende Jahr vor: Etatkürzungen und Steuererhöhungen sollen die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben um mehr als 27 Milliarden Euro verkleinern. Doch das war noch nicht genug. Vergangenen Donnerstag verabschiedete das Parlament mit den Stimmen der regierenden Volkspartei ein weiteres Sparpaket. Das öffentliche Gesundheitssystem bekommt nun rund 7,3 Milliarden Euro weniger, das Bildungssystem drei Milliarden.

"Du siehst, dass der Regierung jede Sensibilität für das öffentliche Gesundheits- und Bildungssystem fehlt, als ginge sie das nichts an", sagt Ana, eine 47-jährige Mathematikdozentin in Madrid, die es vorzieht, ihren richtigen Namen zu verschweigen. "Diesen Leuten ist die Qualität der Universität vollkommen gleichgültig." Ana, die sich bisher mit Zwölfmonatsverträgen von Jahr zu Jahr gehangelt hat, muss damit rechnen, ab September nicht weiter beschäftigt zu werden. Ihre Vorlesungen werden wahrscheinlich von verbeamteten Professoren in ihrer Abteilung übernommen, deren Lehrbelastung um ein Drittel steigen soll – für Forschung werden sie kaum noch Zeit haben.

An den Schulen sieht es ähnlich aus. Die Stundenzahl der Lehrer steigt, die Klassengrößen ebenso. In Madrid zum Beispiel um 20 Prozent: In der Grundschule wird es künftig bis zu 30 Schüler pro Klasse geben, in der Sekundarstufe bis zu 36 und in der Oberstufe bis zu 42. Besondere Betreuung für schwierige Schüler fällt aus. Krankheitsvertretungen soll es nicht mehr geben. Manche Schulen haben noch handfestere Probleme: In der Region Valencia mussten im vergangenen Winter etliche Schulen die Heizung abstellen, weil ihnen die Regionalregierung das Geld für den laufenden Betrieb nicht überwies.

Auch die Kürzungen im Gesundheitsetat haben drastische Folgen. Die Regierung der Balearen schließt in diesem Jahr zwei Krankenhäuser auf Mallorca. Katalonien legte im vergangenen Jahr 40 Gesundheitszentren still. Zuzahlungen für Medikamente steigen, erstmals müssen auch Rentner 10 Prozent ihrer Pharmarechnung selber bezahlen. Alle anderen zahlen – je nach Einkommen – zwischen 40 und 60 Prozent. Das bringt viele in Bedrängnis: In Spanien gibt es keine Sozialhilfe oder ein Gegenstück zum deutschen Hartz IV. Das Rote Kreuz spricht in seinem jüngsten Armutsbericht von sozialem Notstand. Von den 1,1 Millionen Menschen, die sich im vergangenen Jahr hilfesuchend an die Organisation wandten, hatten zwei Drittel keine Arbeit. Davon erhielt nur gut ein Fünftel Arbeitslosenunterstützung – bei den anderen war diese Hilfe schon ausgelaufen.

Die Regierung will an ihrer Sparpolitik festhalten. Mariano Rajoy gibt sich als einer der überzeugtesten Alliierten von Angela Merkel bei ihrem Kreuzzug gegen neue Schulden. Doch die Realität ist hartnäckig: Das diesjährige Defizitziel von 5,3 Prozent des BIP (nach 8,9 Prozent im vergangenen Jahr) wird Spanien aller Voraussicht nach nicht einhalten können, weil die Kürzung der öffentlichen Ausgaben die Rezession verschärft.

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