WISSENSWERT: Barcelona und sein Olympisches Dorf: Freunde für immer

10.09.2012 - Mona Hafez / Barcelona für Deutsche 

Gerade sind in London die XXX. Olympischen Sommerspiele zu Ende gegangen. Jede Olympiade entfacht auch eine neue Diskussion darüber, wie die Sportstätten und das Olympische Dorf nach dem Ende der Spiele genutzt werden. Werden in den Sportstätten weiterhin Veranstaltungen stattfinden, werden tatsächlich mehr Touristen die Stadt besuchen und wie wird das Olympische Dorf künftig genutzt? Im Vorfeld jeder Olympiade wird viel Geld in die Verbesserung der Infrastruktur investiert. In London beliefen sich die Investitionen auf über 9 Milliarden GBP, wobei ein Großteil des Geldes für den Neubau des Olympischen Dorfes im strukturschwachen Industrieviertel East End aufgewendet wurde. Es wurden nicht nur neue Appartements gebaut, sondern auch eines der größten Einkaufszentren Londons sowie eine riesige Parkanlage.

Um die hohen Ausgaben zu rechtfertigen, verwies das Organisationskomitee in London auf die Olympiastadt Barcelona als ein Paradebeispiel für positive Stadt- und Quartiersentwicklung nach den Spielen. Die ehemaligen Industrie- und Hafenviertel Poblenou und Barceloneta haben sich zu attraktiven Wohngegenden entwickelt, was maßgeblich auf den Bau des Olympischen Dorfes, des Olympischen Parks sowie des Stadtstrands Barceloneta zurückzuführen ist. Das Olympische Dorf in Barcelona verteilte sich auf fünf Standorte, der bedeutendste ist Poblenou Village. Poblenou Village gehört mittlerweile zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten Barcelonas und hat seit 1992 zahlreiche Touristen angelockt und darüber hinaus ein ehemaliges Industrieviertel zu einem beliebten Wohn- und Vergnügungsviertel gemacht. Weitere infrastrukturelle Maßnahmen in und um Barceloneta waren die Verlegung der Fernbahn unter die Erde sowie der Bau eines innerstädtischen Autobahnrings mit dem größten Kreisverkehr der Welt (Nus de la Trinitat).



Die Umgestaltung von Barceloneta und Poblenou

1992 fanden in Barcelona die XXV. Olympischen Sommerspiele statt. Um Barcelonas Infrastruktur olympiatauglich zu machen, waren zahlreiche Umbauten und Neukonstruktionen innerhalb der Stadt notwendig. Im Zuge dieser Umwandlung wurden Verkehrswege aus- und umgebaut, Telekommunikationseinrichtungen konstruiert, wie beispielsweise der Fernsehturm auf dem Tibidabo, und ganze Stadtteile umgestaltet. Die größten Veränderungen erfuhren die am Meer gelegenen Stadtteile Barceloneta und Poblenou, die durch den Um- und Ausbau eine komplett neue Charakteristik erhielten. Im ehemaligen Fischerviertel Barceloneta entstand der gleichnamige Stadtstrand von Barcelona. Alte Fischerbuden wurden abgerissen und das Viertel wurde insgesamt heller und freundlicher gestaltet. Im Stadtteil Poblenou wurden alte Industriegebäude zu Wohneinheiten umgebaut und der Parc de Mar mit dem Olympischen Dorf sowie der olympische Segelhafen gebaut.


Der Parc de Mar mit Olympischem Dorf

Das Ziel des olympischen Organisationskomitees von Barcelona war die Schaffung eines Olympischen Dorfes mit mediterranem Flair. Hauptsächlich sollte der Küstenbereich attraktiver werden, da ihn kleine heruntergekommene Schuppen, Lagerhallen und Betriebe dominierten. In Barceloneta und Poblenou wurden etwa 100 ha industrielles und gewerbliches Gebiet in Wohnungen und öffentliche Gebäude umgewandelt. Die Stadt ließ einen Großteil des Viertels abreißen und quartierte seine Bewohner um. Es entstand der Parc del Mar mit einer Fläche von 720.000 m². Im Parc del Mar waren das Olympische Dorf für die Sportler, das Olympische Dorf für Kampfrichter und Jurymitglieder, eine Sporthalle sowie der olympische Segelhafen angesiedelt. Der olympische Segelhafen im südlichen Teil des Parc del Mar hatte direkten Zugang zum Olympischen Dorf ebenso wie die Sporthalle Pavéllo de la Mar Bella.


Das Olympische Dorf in Barcelona

Das Olympische Dorf nahm den größten Teil des Parc de Mar ein. Es wurde vom Architektenbüro „MBM“ entworfen, welches diesen gesamten Stadtteil vom Industrieviertel zu einer Wohnsiedlung umbaute. Die Wohnungen wurden so geplant, dass die meist 2-bettigen Appartements der Sportler durch wenige Veränderungen in 2- bis 4-Zimmerwohnungen umgebaut werden konnten. In jeder Wohnung lebten sechs bis acht Sportler in Doppelzimmern. Im Dorf gab es eine Klinik, eine Bibliothek, ein Einkaufszentrum, eine Bankfiliale sowie Gebetsräume für fünf Religionen. Während der Olympischen Spiele lebten dort 15.000 Sportler, Kampfrichter und Jurymitglieder. 1990 wurden bereits die ersten Appartements verkauft und bis 1992 waren insgesamt 60 der Wohnungen verkauft. Dieser Umstand sicherte einerseits die teilweise Finanzierung für die Zeit während und nach den Spielen und zeigte andererseits, dass die Olympischen Spiele in der Bevölkerung Barcelonas breiten Anklang fanden. Ein spezielles Programm zur Förderung sozialer Durchmischung führte dazu, dass viele Wohnungen an Familien und Menschen mit Handicap verkauft wurden.


La Vila Olímpica heute

Kaum eine andere olympische Stadt hat in dem Ausmaß von der Ausrichtung der Spiele profitiert wie Barcelona, allen voran die Stadtteile Barceloneta und Poblenou. Heute sind die beiden Stadtteile attraktive Wohngegenden mit Stadtstrand. Vor allem der Stadtstrand in Barceloneta lockt seit der Sommerolympiade 1992 zahlreiche Touristen nach Barcelona. Im ehemaligen Olympischen Dorf sind heute Wohnkomplexe und Bürogebäude angesiedelt und etwa 5000 Menschen leben und arbeiten dort. In naher Zukunft wird auch das deutsche Generalkonsulat in Barcelona seinen Sitz in eine Etage des Torre Mapfre in Poblenou verlegen.

Die Sommerspiele in Barcelona gelten als Beispiel der katalytischen Rolle der Wettkämpfe in der Stadterneuerung. Diese katalytische Wirkung erhoffen sich die Organisatoren auch in London. Das Ziel ist das Industrieviertel East End zu einem attraktiven Vergnügungs- und Wohnviertel zu machen, Arbeitsplätze zu schaffen und das wirtschaftliche Wachstum zu steigern. Barcelona hat sein olympisches Motto „amics per sempre“ (zu dt.: Freunde für immer) zumindest bezüglich des Olympischen Dorfes umgesetzt. Bleibt zu hoffen, dass auch London und sein Olympisches Dorf Freunde für immer werden.

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