INTERVIEW: Neue Leitung an der Schweizer Schule

01.11.2010 - Philipp Dyckerhoff 

Barbara Sulzer Smith hat am 1. September 2010 die Leitung der Schweizerschule Barcelona von Toni Wunderlin übernommen. Sie konnte damit ihren Traum verwirklichen, eine Schule im Ausland zu leiten. Frau Sulzer ist mit einem Engländer verheiratet und hat zwei Kinder.

Bitte beschreiben Sie kurz Ihren Werdegang
Ich habe an der Universität St. Gallen BWL, Internationales Management und Wirtschaftspädagogik studiert. Danach habe ich Berufserfahrung in unterschiedlichen Aufgabenbereichen bei der algroup (Alusuisse-Lonza) in Zürich und England (Corporate Auditing) und in Basel (Business Development) gesammelt. Anschließend war ich für die Unternehmensberatung IMG in der Schweiz tätig. Nach der Geburt meiner ersten Tochter im Jahre 2003 war ich Dozentin für Strategisches Management an der Fachhochschule Winterthur.

Wie fühlen Sie sich nach Ihren ersten Monaten in Barcelona?
Ich fühle mich ausgesprochen wohl hier. Die Stadt bietet viele neue Eindrücke, ich treffe auf offene und hilfsbereite Menschen. Gerade auch die Kinder an der Schule empfinde ich als sehr fröhlich und offen. Barcelona ist eine tolle Stadt und auch die Umgebung ist sehr schön.

Welche Gründe haben Sie für die Übernahme der Leitung der Schweizerschule in Barcelona motiviert?
Es war schon lange mein Traumjob, ein Unternehmen in einem pädagogischen Umfeld zu führen, Schule und Business zu verbinden. Die Auslanderfahrung, die für mich neue Kultur und Sprache, finde ich auch bereichernd. Mein Mann hat mir diesen Wechsel ermöglicht, indem er seine Arbeitszeit reduziert hat.

Was sind Ihre Pläne für die Weiterentwicklung der Schweizerschule Barcelona?
Die Schweizerschule steht auf gesunden Füssen. Dennoch stehen verschiedene Schulentwicklungsprojekte an: An der Schweizerschule Barcelona lernen die Kinder fünf Sprachen. In den letzten drei Jahren hat man ein Sprachenkonzept entwickelt um die Lernprogramme der fünf Sprachen zu koordinieren. Begleitet wurde das Projekt von Dr. Claudio Nodari, dem Leiter des Institutes für Interkulturelle Kommunikation in Zürich. Nun geht es um die Umsetzung und die Integration dieses Konzeptes in den Schulalltag. Weiter steht die Überarbeitung der Lehrpläne an, dies auch im Zusammenhang mit der Neugestaltung der Lehrpläne in der Schweiz. Auch denken wir über die verstärkte Nutzung und Integration der neuen Medien im Unterricht nach und wir möchten unseren Internet-Auftritt verbessern.

Wie spüren Sie die spanische „Krise“ bei Ihrer Arbeit an der Schweizerschule Barcelona?
Die Schülerzahlen sind konstant, aber es werden doch weniger außerschulische Kurse nachgefragt und weniger Kinder sind zum Essen in der Schule.

Welchen Einfluss hat die katalanische Sprache und Kultur auf Ihre Arbeit an der Schweizerschule Barcelona?
Alle unser Schüler lernen ab der dritten Klasse Katalanisch, welches bis zur Matura ein Pflichtfach ist. Wesentlicher Bestandteil des Katalanisch-Unterrichts ist auch die katalanische Kultur. Unsere Schüler erreichen mit dem Abschluss nach der 12. Klasse das C1-Sprachniveau. Außerdem haben wir die Regel, dass die Lehrer ihre Muttersprache sprechen: so sprechen zum Beispiel die meisten Sportlehrer katalanisch.
Katalanisch ist fester Bestandteil des Sprachunterrichts und Teil der Kultur, die an der Schweizerschule gelebt wird. Katalanisch ist eine Bereicherung der Kulturenvielfalt, wobei katalanische Feste sowie spanische und schweizerische ebenso gefeiert werden.

Wie hoch ist der Anteil an Schweizern, anderen Deutschsprachigen, Spaniern und anderen Ausländern an der Schweizerschule in Barcelona?
25 der Schüler sind Schweizer. Häufig sind es Schweizer, deren Familien schon seit Generationen in Barcelona leben. 55 sind Spanier, 11 Deutsche. Österreicher, Franzosen und Italiener sind jeweils mit 1 vertreten. Andere Nationalitäten sind mit 6 vertreten, meist aus Lateinamerika.

Welche anderen Schweizer Schulen gibt es in Spanien?
In Spanien gibt es neben der Schweizerschule Barcelona noch die Schweizerschule Madrid. In Barcelona gibt es außerdem noch die Zurichschule. Dies ist zwar keine offizielle Schweizerschule, steht aber unter spanisch-schweizerischer Leitung.

Wie arbeiten Sie mit diesen Schulen zusammen?

Weltweit gibt es 17 offizielle Schweizer Schulen. Einmal pro Jahr gibt es ein Treffen der Vertreter all dieser Schulen in der Schweiz sowie ein Treffen der Schweizer Schulen in Europa. Bei diesen Treffen geht es insbesondere um den Austausch von best practices. Die Zusammenarbeit unter den Schulen ist generell sehr gut, in meinem Fall gibt es einen besonders engen Austausch mit der Schweizerschule in Madrid.

Gibt es eine Zusammenarbeit mit anderen deutschsprachigen und/oder internationalen Schulen in Barcelona und wie gestaltet diese sich?
Wir haben eine enge und gute Beziehung zur Zurichschule. So sind im jetzt begonnenen Schuljahr 10 Schüler der Zurichschule in die 11. Klasse zu uns gewechselt. Wir haben auch regelmäßigen Kontakt zur Deutschen Schule Barcelona und zu anderen Internationalen Schulen hier. In Kürze findet die International School Leaderschip Conference der Schulleiter der Internationalen Schulen Spaniens an der American School in Barcelona statt.

Warum sollte ich meine Kinder auf die Schweizerschule in Barcelona schicken?
Wir bieten unseren Familien ein meiner Meinung nach einmaliges „Produkt“: Bildung geprägt durch schweizer Pädagogik: Schüler werden als eigenständige Persönlichkeiten angesprochen und werden vielseitig gefördert (Generalistenausbildung). Zudem stehen Selbstverantwortung und Förderung der Sozialkompetenz im Vordergrund. Dabei vermitteln wir auch „schweizer Werte“: gegenseitiger Respekt, Pünktlichkeit, Sauberkeit, Umweltbewusstsein.

Nicht zuletzt durch die an unserer Schule gelebten fünf Sprachen entsteht eine besondere Sprach- und Kulturvielfalt. Die Schüler sind eingebettet in die spanische, katalanische und schweizerische Kultur und lernen Gegensätze kennen sowie vor allem damit umzugehen. Kinder entwickeln in den drei Hauptsprachen Deutsch, Spanisch und Katalanisch neben der Sprachkompetenz im engeren Sinn auch soziolinguistische Kompetenz. Damit ist das Wissen um kulturell bedingte Verhaltensweisen in einer bestimmten Sprach- und Kulturregion gemeint. Die Kinder lernen, sich in verschiedenen sozialen Situationen angemessen zu verhalten und es wird den Kindern ermöglicht, eine interkulturelle Kompetenz und plurikulturelle Identität auf- und auszubauen.

Weitere Vorteile der Schweizerschule sind der doppelte Schulabschluss: schweizer Matura und spanischer Abschluss, die Tagesschule mit außerschulischen Aktivitäten, das sehr familiäre Umfeld sowie die gute Verankerung im Barrio (seit über 90 Jahren hier) mit der verkehrstechnisch sehr guten Erreichbarkeit.

Das Interview führte Philipp Dyckerhoff

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