HINTERGRUND: Welche Rechte haben Flugreisende in Europa?

16.12.2007 - Jana Reiss - Juristin 

Verspätete, überbuchte oder gestrichene Flüge sind insbesondere im Berufsleben, wo Dienstreisen gerne bis ins letzte Detail durchgeplant werden, ein großes Ärgernis. Aber auch auf dem Weg in oder aus dem Urlaub freut sich niemand über derartige Überraschungen. Die meisten fühlen sich den Fluggesellschaften hilflos ausgeliefert und wissen sich nur mit einem Boykott der Fluggesellschaften, bei denen solche Pannen besonders häufig vorkommen, zu helfen (vergleiche Blog vom 6. Dezember 2007 ). 

Was die wenigsten wissen ist, dass seit dem 17. Februar 2005 eine EU-Verordnung (Nr. 261/2004) in Kraft ist, die für Flüge innerhalb der EU gilt bzw. - sofern sich nur der Start- oder Zielflughafen in der EU befindet - bei Flügen mit Fluggesellschaften, die ihren Sitz in der EU haben. 

Bei Überbuchung, das heißt die Fluggesellschaft hat mehr Tickets verkauft, als sie Passagiere befördern kann, gilt folgendes: Zunächst muss die Airline versuchen, Freiwillige zu finden, die nicht auf die Beförderung mit dem überbuchten Flugzeug bestehen, sondern mit einer anderweitigen Beförderung und einer frei zu vereinbarenden Ersatzleistung einverstanden sind. Gibt es nicht ausreichend Freiwillige, so kann die Fluggesellschaft einzelnen Passagieren die Beförderung verweigern, muss bei der Auswahl der Fluggäste aber soziale Kriterien (keine Kinder, die unbegleitet reisen etc.) berücksichtigen.
Diejenigen, die unfreiwillig am Boden bleiben, haben folgende Rechte:
- Rücktritt von der Reise bei Erstattung des Flugpreises oder
anderweitige Beförderung zum Endziel zum frühestmöglichen Zeitpunkt oder
anderweitige Beförderung zum Endziel nach Wahl des Passagiers vorbehaltlich verfügbarer Plätze
Entscheidet sich der Passagier für eine anderweitige Beförderung zum Endziel, hat er folgende zusätzlichen Ansprüche:
- Betreuungsleistungen wie Verpflegung, Hotelunterbringung und Transfer, zwei Telefonate, Faxe oder Emails auf Kosten der Airline
- eine Ausgleichszahlung: bei Flügen bis 1 500 km 250 Euro, bis 3 500 km 400 Euro, ab 3 500 km 600 Euro. Erfolgt die Ersatzbeförderung bei Flügen bis 1 500 km innerhalb von zwei Stunden, bis 3 500 km innerhalb 3 Stunden und ab 3 500 km innerhalb vier Stunden, so kann die Ausgleichszahlung um 50 Prozent gekürzt werden.

Bei Ausfall des Fluges hat der Passagier grundsätzlich dieselben Rechte wie bei Überbuchung, das heißt er kann entweder die Erstattung des Flugpreises verlangen oder anderweitige Beförderung und Ausgleichszahlung wählen. Die Ausgleichszahlung entfällt allerdings, wenn die Annullierung auf höherer Gewalt beruht, das heißt auf schlechtem Wetter, Streik, Terrorwarnung etc.. Ebenso entfällt die Ausgleichszahlung, wenn die Streichung des Flugs durch die Airline rechtzeitig mitgeteilt wurde (14 Tage vor dem Abflug mit Ersatzangebot; 7 bis 14 Tage vorher mit Ersatzangebot, soweit der Abflug nicht mehr als zwei Stunden vor und die Ankunft nicht mehr als vier Stunden nach der ursprünglichen Flugzeit erfolgt; weniger als sieben Tage vor dem Flugdatum, soweit der Abflug nicht mehr als eine Stunde vor und die Ankunft nicht mehr als zwei Stunden nach der ursprünglichen Flugzeit erfolgt).

Bei Flugverspätungen (ab zwei Stunden bei Flügen bis 1 500 km, ab drei Stunden bis 3 500 km und ab vier Stunden bei Flügen ab 3 500 km), soweit diese für die Fluggesellschaft absehbar sind, hat der Passagier Anspruch auf Betreuungsleistungen. Er kann also insbesondere Verpflegung und zwei kostenlose Telefonate, Faxe oder Emails verlangen. Bei Flugverspätungen über fünf Stunden, auch wenn es sich um höhere Gewalt handeln sollte, kann der Fluggast von der Reise zurücktreten und Erstattung des Ticketpreises verlangen.

Die EU-Verordnung gilt übrigens auch für Pauschalreisen.

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