INTERVIEW: "Meinungsänderung ist ein Problem"

07.01.2009 - Das Gespräch führte Stefanie Claudia Müller. 

Denker, Lehrer und Dichter Fernando Savater gilt als einer der aktivsten spanischen Philosophen. 2007 nahm er an der Gründung einer neuen spanischen Partei teil, der Unión, Progreso y Democracía. Damit drückte der 61-Jährige unter anderem seinen Unwillen gegenüber der Eta-Politik von Premier José Luis Rodríguez Zapatero aus. Für sein Buch "La hermandad de la buena suerte" bekam er vor wenigen Wochen den begehrten Planeta-Preis.

Welche Bedeutung haben deutsche Philosophen in Spanien?

Sie haben an Bedeutung verloren. Ich unterrrichte ja auch an der Uni und ich muß feststellen, dass diese bisher starke Orientierung an Deutschland im philosophischen Bereich nachgelassen hat.

In Spanien spielt Philosophie kaum eine Rolle, weder an den Schulen noch in der Gesellschaft. Wie erklären Sie sich das?

Es hat mit unserer Geschichte zu tun. Wir sind eine in zwei Blöcke geteilte Gesellschaft. Der Bürgerkrieg ist noch lange nicht überwunden. Auch Intellektuelle haben Angst, sich politisch zu äußern, weil sie dann direkt eine der zwei Gruppen zugeordnet werden. Wer sich links äußert, muß befürchten, dass er von rechten Medien etc. nicht mehr eingeladen wird. Und weil irgendwie jeder Geld verdienen muß, versucht keiner anzuecken. Das widerspricht natürlich der eigentlichen Aufgabe eines Denkers.

Das ist sehr kurzsichtig gedacht und trägt sicher auch dazu bei, dass es so wenig Streitkultur gibt in Spanien.

Das in vielen Familien nicht debattiert oder auch in den Parteien nicht mehr konstruktiv gestritten wird, hat damit zu tun, dass es in Spanien nicht gut angesehen ist, wenn man seine Meinung ändert und schon gar nicht seine politische Einstellung. Während in anderen Kulturen durchaus die Möglichkeit besteht, Fehler einzugestehen, zu anderen Parteien zu wechseln oder seine Meinung zu ändern, weil man eingesehen hat, dass man sich geirrt hat, ist das in Spanien sehr schwer.

Der spanische Premier versucht, diese alten Gewohnheiten aufzubrechen mit neuen Gesetzen. Was halten Sie davon?


Die Ansätze sind gut, aber Zapatero führt nichts zuende. Er bringt diese neuen Gesetze auf den Weg, aber schafft es dann nicht, die gesellschaftlichen Veränderungen auch zu forcieren und zu begleiten. So bleiben wir bei vielen Prozessen stecken. Vieles ist nur heiße Luft.

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