27.11.2017 - Katharina Fahling
Als ich einmal an einem Nachmittag am Wochenende wahllos durch das spanische Fernsehprogramm zappe, werde ich plötzlich stutzig: Sind das nicht deutsche Schauspieler da auf dem Bildschirm? Heißt das etwa, dass ich mir gute deutsche Filme im spanischen Fernsehen ansehen kann? Doch Moment – was war das überhaupt für ein Film? Ich sehe genauer hin und stelle fest, dass es sich offenbar um einen der Filme handelt, die auf den Romanen von Rosamunde Pilcher basieren. Aber was machen diese deutschen Fernsehfilme im spanischen Fernsehen? Ausgerechnet die nicht selten schmalzigen Spielfilme, die das ZDF als „Herzkino“ bezeichnet, und die in Deutschland jeden Sonntag um 20:15 Uhr laufen. Daraufhin kommt mir ein Verdacht: Sie sind garantiert ein Lückenbüßer während der Siesta am Wochenende, wenn der Fernseher nur im Hintergrund läuft, und ein gemütliches Nickerchen gehalten wird. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass jemand ausgerechnet diesen Filmen von zweifelhafter Qualität wirkliche Aufmerksamkeit schenkt... Oder etwa doch?
Falsch gedacht: Nach einigen Recherchen finde ich schließlich heraus, dass die Filme über ZDF Enterprises ins Ausland verkauft werden, und so auch ins spanische Fernsehprogramm gelangen. Sowohl RTVE als auch Antena 3 strahlen sie aus und sie hatten im Jahr 2016 eine für mich beinahe unglaubliche Anzahl an Fernsehzuschauern, nämlich 1,5 Millionen. Dort, wo früher meistens amerikanische und kanadische Frauen das Nachmittagsprogramm beherrschten, die gern einmal das ein oder andere Baby ihrer Nachbarinnen entführten, gibt es nun seit einiger Zeit „Lena Lorenz“, „Ein Sommer in…“, die bereits erwähnten Filme nach den Romanen von Rosamunde Pilcher, aber auch von Katie Fforde oder Inga Lindström. Letztere soll offenbar eine echte Schwedin darstellen – in Wirklichkeit steckt dahinter natürlich eine deutsche Autorin mit Pseudonym. Auffällig ist dabei, dass fast keiner der deutschen Fernsehfilme tatsächlich in Deutschland spielt, stattdessen werden häufig exotische Ziele bevorzugt. Ist Deutschland etwa nicht spannend genug, weil es im Gegensatz zum traumhaften Wetter in den Filmen am Nachmittag häufiger regnet? Lediglich „Lena Lorenz“ ist eine Hebamme in Bayern, ansonsten entführen uns die Filme meistens in die ewig sonnige Idylle Cornwalls oder nach Schweden, wo es allerdings niemals kalt wird. Denken die spanischen Fernsehzuschauer dank dieser Filme nun, dass wir Deutschen alle – ganz wie Rosamundes Roman- und Filmhelden – regelmäßig hoch zu Ross über tiefgrüne Hügel galoppieren und in Geld schwimmen? Oder ist die Garantie auf ein Happy End während der Siesta einfach nur herrlich entspannend?
Fest steht nur, dass wir in Spanien auch weiterhin in den (zweifelhaften) Genuss der „deutschen“ Spielfilme kommen werden, da die spanischen Fernsehsender zumindest im vergangenen Jahr direkt mehrere Filmpakete erworben haben. Das garantiert ihre regelmäßige Ausstrahlung, doch zum Glück habe ich mittlerweile entdeckt, dass auch immer wieder andere Filme aus Deutschland, wie zum Beispiel Krimis oder die ein oder andere Komödie, laufen…
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