26.04.2019 - Laura Nadolski
Schon seit fast einem Jahr bin ich zur vegetarischen Ernährung übergegangen, aus ethischen und ökologischen Gründen. Das heißt, ich versuche es zumindest.
Mir war schon bewusst, dass es in Spanien etwas schwieriger werden würde – aber, dass ich so oft der Versuchung nahe sein würde, hätte ich nicht gedacht.
Schon allein das Prinzip der Tapas macht es einem nicht leicht: Essen, das man umsonst bekommt – man zahlt zwar nicht, kann es sich aber auch nicht aussuchen. Und wenn mich dann ein geröstetes Stück Baguette mit Jamon ibérico angrinst, frage ich mich, inwiefern ich die Fleischindustrie mit dem Verzehr dieses Stückes Schinken unterstütze. Wenn es am Ende wegfliegt, ist ja auch keinem geholfen. Aber meine Ideale verraten? - Ein moralisches Dilemma.
Auch wenn ich mit Freunden unterwegs bin und wir Raciones bestellen, treten ähnliche Probleme auf. Im Menü findet sich unter den verschiedenen Portionen, die man in der Regel teilt, außer Patatas Bravas und Pimientos de Padrón kaum etwas Vegetarisches. Und meine Freunde dazu verpflichten, nur fleischlos zu bestellen? – auch nicht das Wahre. Und trotz allem will ich ja auch ein bisschen spanische Kultur in mich aufnehmen. Und die enthält nun mal sehr viel Fleisch: ob nun Chorizo in Weinsoße, Paella oder den berühmten Stierschwanz Rabo de Toro.
So muss ich in Restaurants des Öfteren erklären, was genau ich mit “sin carne” meine und bekomme am Ende dann doch Huevos rotos mit Bacon darauf vorgesetzt. Oder einen angeblich vegetarischen Salat, der mit Tunfisch bespickt ist. Denn was in Deutschland gerade unter Studenten fast schon zur Volkskrankheit verkommen ist, ist in einigen Teilen Spaniens noch weitgehend unbekannt. Sobald ich erwähne, dass ich Vegetarierin bin, kommen häufig Fragen wie: Aber Fisch isst du doch? Und Geflügel? Und was ist mit Eiern?
Nachdem man die Lage dann geklärt hat, wird man von seinen spanischen Kameraden oft nur bemitleidet. Denn wie nachvollziehbar ist denn schon die ablehnende Haltung gegenüber dem besten Schinken auf Erden?
Jedoch gibt es inzwischen in einigen spanischen Supermarktketten schon eine kleine Auswahl an Seitan- und Tofu-Produkten. Und gerade in einer Großstadt wie Madrid ist es mit einem breiten Angebot internationaler Küche dann doch etwas leichter etwas vegetarisches zu finden, als an kleinen Küstenorten in Kantabrien oder der Costa Brava. Da geht man eben mal zum Vietnamesen, zum Inder oder Pizza essen.
So schlängele ich mich seit knapp drei Monaten zwischen den kulinarischen Traditionen der Spanier, zwischen Chorizo, Calamari und Morcilla hindurch und an meinen eigenen Idealen entlang. Und mit Fisch habe ich dann doch ab und zu mal eine Ausnahme gemacht.
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