NUTZWERT: Reform des Verkehrsgesetzes in Spanien

28.06.2010 - Clementine Kügler 

In den letzten fünf Jahren sind die Unfalltoten auf spanischen Straßen um die Hälfte zurückgegangen, so Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba. Um diese Entwicklung fortzusetzen, gelten seit dem 25. Mai neue Strafen, die aber dank des attraktiven Rabattsystems von 50 Prozent bei Sofortzahlung im Grunde nur dafür sorgen, dass die Polizisten gleich kassieren und der bürokratische Aufwand wegen mangelnden Einspruchs geringer wird.

Wer sofort bezahlt, erhält 50 Prozent Rabatt, kann aber nachträglich keinen Einspruch einlegen. Wer den Bußgeldbescheid erhält, hat 20 Tage Zeit, um Einspruch einzulegen. Statt per Post, kann man seine Strafen per mail/SMS erhalten und per Internet bezahlen.

Es gibt drei Kategorien: leichte Vergehen (leves) mit Strafen bis zu 100 Euro, schwere (graves) 200 Euro und sehr schwere (muy graves) 500 Euro. Wer beim Fahren das Navigationssystem manipuliert, mit dem Handy telefoniert oder mit unleserlichem Nummernschild fährt, keinen Helm trägt oder sich nicht anschnallt, begeht ein schweres Vergehen und verliert 3 Punkte und 200 Euro. Wer die Vorfahrt nimmt, eine rote Ampel, ein Stoppschild oder einen Polizisten übersieht, der büßt 4 Punkte und 200 Euro ein.

Wer mit 0,35 Promille (statt erlaubter 0,25) erwischt wird, verliert jetzt genauso wie vorher 4 Punkte, läuft aber nicht mehr Gefahr, den Führerschein drei Monate zu verlieren. Die Geldstrafe beträgt nach der Reduzierung 250 Euro (vorher 315 Euro). Bei Blutalkoholkonzentration ab 1,2 Promille drohen drei bis sechs Monate Gefängnis, aber Gefängnisstrafen bis zu sechs Monaten verbüßt nur, wer vorbestraft ist.

Statt bisher 27 führen nur noch 20 Vergehen zum Verlust von Punkten. In Spanien hat man ein Konto von 12 Punkten und verliert (nicht wie in Deutschland, wo man Strafpunke summiert, bis man bei 12 angelangt). Bis zu 6 Punkte (nicht mehr nur 4) kann man in Kursen zur Verkehrserziehung zurückgewinnen. Führerscheinentzug droht nur, wenn man alle Punkte verloren hat oder auf Gerichtsbeschluss. Wer vier schwere oder sehr schwere Strafen ansammelt und nicht bezahlt, kann mit seinem Fahrzeug keinerlei behördlichen Formalitäten erledigen.

Die Strafen: wer mit einem Gerät fährt, dass Radarfallen nicht anzeigt, sondern ausschaltet, kann bis zu 6 000 Euro Strafe zahlen. Wer in verkehrsberuhigter 30-Zone 31 Stundenkilometer fährt, verliert keine Punkte, kann aber 100 Euro blechen, die nach der Reduzierung 50 Euro betragen (vorher 70 Euro). Wird er mit 51 Stundenkilometern erwischt, sind u.U. 2 Punkte und 300 Euro weg. Wer auf der Autobahn statt 120 (zugelassene Höchstgeschwindigkeit in Spanien) 171 fährt, büßt 4 Punkte und 400 Euro ein, bei 181 wären es 6 Punkte und 600 Euro und bei 191 (sehr schweres Vergehen) 6 Punkte und 600 Euro.

100 Euro Strafe drohen Radfahrern, die nachts unterwegs sind und ohne Reflektoren und Licht fahren. Wer früher ohne Führerschein erwischt wurde, war zwei Jahre gesperrt. Jetzt kann man den Führerschein sofort machen.
Andere Strafen sind im Rahmen der Reform empfindlich erhöht worden. Wer etwa mit Spray, Schrauben oder Aufklebern die Nummernschilder manipuliert, zahlte vorher 150 Euro und verlor 2 Punkte, jetzt wären 6 000 Euro fällig und 6 Punkte. Und in diesem Fall gibt es keine Ermäßigung bei Sofortzahlung (ist vielleicht auch schwierig, 3 000 Euro aus dem Handgelenk zu schütteln oder am Geldautomaten zu ziehen).

In einigen Fällen soll die Polizei zwar informieren, aber keine Strafzettel ausfüllen. Dieser „boligrafos caídos“ (runtergefallene Kugelschreiber) genannte Bummelstreik richtet sich gegen die Reduzierung der Beamtengehälter im von der Regierung verkündeten Sparpaket.

Mehr Informationen finden Sie hier.

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