Kranken- und Pflegeversicherung für deutsche Rentner in Spanien

05.08.2013 - Philipp Dyckerhoff 

Das Thema Krankenversicherung „zwischen“ Deutschland und Spanien führt immer wieder zu Verunsicherung, insbesondere bei den deutschen Rentnern, die ganz oder teilweise in Spanien leben. Das liegt auch daran, dass es für die verschiedenen Lebenssituationen unterschiedliche Regeln gibt, und man genau schauen muss, welche Regeln nun für einen selbst gelten. Dieser Artikel gibt eine Übersicht der verschiedenen Fälle. Er beschränkt sich dabei auf die üblichsten Fälle und kann nicht jeden Einzelfall klären.

Es geht im Wesentlichen um die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), weil in Deutschland in der privaten Krankenversicherung (PVK) Versicherte normalerweise auch Deckung zumindest in EU-Ländern haben. Das hängt allerdings von der jeweiligen Gesellschaft ab. Auf die Situation von in der PKV Versicherten geht dieser Artikel nicht weiter ein.

1) Fall 1: Rentner, die nur vorübergehend in Spanien leben
Wenn man seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und jedes Jahr nur ein paar Monate in Spanien lebt, bleibt man im System der deutschen GKV. Man sollte dann unbedingt die Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) haben, die es einem erlaubt, im Notfall in Spanien zum Arzt zu gehen. In vielen Fällen ist die EHIC schon auf der Rückseite der deutschen Gesundheitskarte aufgedruckt und man muss sie gar nicht mehr gesondert beantragen.

Routineuntersuchungen oder z.B. auch zahnärztliche Kontrolluntersuchungen sind in Spanien mit der EHIC nicht möglich, da dies keine Notfälle sind. Solche Untersuchungen muss man eben dann machen lassen, wenn man wieder in Deutschland ist.

Man kann im Notfall auch zu privaten Ärzten gehen, die nicht dem spanischen Gesundheitssystem angeschlossen sind und bekommt von der GKV in Deutschland den Teil der Kosten erstattet, der im Falle der Behandlung in Deutschland von der GKV bezahlt worden wäre. Es kann im Einzelfall ein recht großer Eigenteil sein, zumal es immer wieder vorkommt, dass private Ärzte in Spanien recht hohe Rechnungen stellen.

2) Rentner, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien haben
Vorab nochmals ein Hinweis zum Thema „gewöhnlicher Aufenthalt“, da nach der Erfahrung des Autors viele in Spanien lebende deutsche Rentner damit recht freizügig umgehen: es gibt viele Kriterien für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts. Ein insbesondere in Spanien ziemlich eindeutiges Kriterium ist die 183-Tage-Regel: wer sich länger als die Hälfte des Jahres in Spanien aufhält, und das nicht nur ausnahmsweise einmal in einem spezifischen Jahr, sondern regelmäßig, dessen gewöhnlicher Aufenthalt liegt in Spanien. Das ist auch aus steuerlichen Gründen wichtig.

Wer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien hat, der muss sich im spanischen Krankenversicherungssystem registrieren lassen. Dazu spricht man am besten mit seiner GKV in Deutschland, diese stellt ein Formular aus (früher E121, mittlerweile immer mehr das neue S1), mit dem man an seinem spanischen Heimatort zur entsprechenden Stelle der Seguridad Social geht, um sich dort registrieren zu lassen. Dann erhält man die spanische Krankenversicherungskarte.

Man wird somit Mitglied des spanischen Krankenversicherungssystems und hat damit die gleichen Leistungsansprüche wie jeder pflichtversicherte Spanier auch. Der Vorteil ist, dass man damit auch Anspruch auf Routine- und Kontrolluntersuchungen in Spanien hat. Allerdings sind die Leistungen im spanischen System weniger umfangreich als im deutschen System, z.B. sind Zahnbehandlungen so gut wie ausgeschlossen und müssten auf eigene Kosten gemacht werden. Man muss sich natürlich dann auch mit dem leider teilweise nicht immer sehr effizienten System der Terminvergabe und mit den oft langen Wartezeiten abfinden.

Nun gibt es eine Sonderregelung für Rentner, die nur eine Rente aus Deutschland beziehen, also keine Rente aus Spanien. Obwohl es nicht den europäischen Grundregeln zum Thema Krankenversicherung entspricht, hat vor Jahren das Bundessozialgericht entschieden, dass Rentnern, die in EU-Ländern (und einigen weiteren Ländern) ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, alle Leistungen der GKV bei Behandlungen in Deutschland zustehen. Sie haben also das Recht, sich bei ihrer GKV in Deutschland die deutsche Krankenversicherungskarte zu besorgen und können dann alle Behandlungen, die auch einem deutschen Rentner in Deutschland zustehen, auf Kosten Ihrer GKV in Anspruch nehmen. Man kann dann also bei einem Deutschlandaufenthalt z.B. seine zahnärztlichen oder sonstigen Kontrolluntersuchungen machen lassen.

Dies gilt sowohl für freiwillig in der GKV Versicherte als auch für Pflichtversicherte in der GKV. Hinweis: freiwillig versichert in der GKV sind alle diejenigen, deren jährlichen Brutto-Einkünfte über der Beitragsbemessungsgrenze von 52.200 Euro liegen (Wert für 2013, für Rentner, die schon länger in Rente sind, können niedrigere Werte gelten). Welche Einkommensarten bei freiwillig Versicherten zur Bemessungsgrundlage hinzugerechnet werden, ist nicht Thema dieses Artikels.

Da Rentner mit deutscher Rente, die in der GKV versichert sind, auf die Rente Krankenversicherungsbeiträge zahlen, sollte es einleuchten, dass sie auch Anspruch auf Leistungen in Deutschland haben.

Wichtig: diejenigen, die auch eine Rente aus Spanien beziehen, können bei gewöhnlichem Aufenthalt in Spanien leider nicht von dieser Sonderregelung Gebrauch machen. Sie können in Deutschland also nur im Notfall zum Arzt gehen, mit ihrer spanischen EHIC-Karte. Trotzdem zahlen sie aber auf ihre deutsche Rente auch die Krankenversicherungsbeiträge.

Bei Inanspruchnahme von privaten Ärzten in Spanien im Falle von Rentnern mit gewöhnlichem Aufenthalt in Spanien sind die GKVs nicht zur (teilweisen) Kostenübernahme verpflichtet (wie im Fall 1 oben). Häufig kann man aber mit seiner GKV sprechen, im Zweifelsfall besser vor einer Behandlung.

Generell gilt, dass man sich zur Klärung aller krankenversicherungstechnischen Fragen im Falle des Wohnsitzwechsels am besten bei seiner GKV in Deutschland informiert und die persönliche Situation offen anspricht. Nur so kann man unangenehme Überraschungen vermeiden.

3) Familienversicherte Angehörige
In Deutschland gibt es die Familienversicherung in der GKV für Ehegatten, die kein eigenes Einkommen beziehen. Für diese in Deutschland familienversicherten Personen ist es nun leider noch ein bisschen komplizierter. Bei Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes nach Spanien entscheiden die spanischen und nicht mehr die deutschen Regeln, ob jemand als familienversichert gilt. Im Falle eines „normalen“ Rentnerehepaar, bei dem nur einer ein Einkommen hat, sollte die Familienversicherung auch nach spanischem Recht gegeben sein. Dies muss aber auf jeden Fall nach Verlegung des Wohnsitzes von der entsprechenden spanischen Gesundheitsinstitution geprüft und bestätigt werden. Falls jemand auch nach spanischem Recht als familienversichert gilt, können bei Aufenthalt in Deutschland genauso die Leistungen der GKV in Anspruch genommen werden wie für den Hauptversicherten. Falls nicht, könnten in Deutschland dann wiederum nur die Leistungen im Notfall in Anspruch genommen werden (mit der EHIC).

Für den Fall, dass jemand seinen Wohnsitz nach Spanien verlegt, der oder die in Deutschland familienversicherte Ehepartner(in) aber den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland beibehält, gilt weiterhin die normale deutsche Familienversicherung.

4) Pflegeversicherung
Die Pflegeversicherung ist in Deutschland mittlerweile etabliert und bietet recht gute Leistungen. In Spanien gibt es erst seit 2007 eine Pflegeversicherung, die nach und nach eingeführt wird. Da sie in Spanien, genau wie die Krankenversicherung, steuerfinanziert wird, muss davon ausgegangen werden, dass durch die derzeitige Situation in Spanien der Ausbau der spanischen Pflegeversicherung eher langsam voran kommen wird.

Rentner, die in Deutschland in der GKV sind, erhalten im Pflegefall auch bei gewöhnlichem Aufenthalt in Spanien und Erfüllung der entsprechenden Bedingungen (z.B. deutsche Wartezeit von 5 Jahren erfüllt) das Pflegegeld. Die Höhe des Pflegegeldes hängt von der Pflegestufe ab. Zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit beauftragt die deutsche Pflegeversicherung einen Arzt vor Ort oder entsendet sogar einen Arzt.

Für die Familienversicherung bei der Pflege gilt das Gleiche wie bei der Krankenversicherung, s.o..

Aber: man erhält von der deutschen Pflegeversicherung keine Sachleistungen in Spanien, also z.B. Zahlungen für häusliche Pflege, für ein Pflegeheim oder für einen Rollstuhl. Theoretisch können die deutschen Rentner, die in Spanien ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, zwar die Sachleistungen aus der spanischen Pflegeversicherung in Anspruch nehmen (wenn sie die spanische Wartezeit von 5 Jahren erfüllt haben), aber davon gibt es eben noch nicht sehr viel und: wenn man die spanischen Sachleistungen in Anspruch nehmen würde, würde man nicht mehr das deutsche Pflegegeld erhalten. Andererseits werden spanische Geldleistungen nicht an deutsche Rentner in Spanien gezahlt.

Es gibt Initiativen, die versuchen, hier eine Änderung herbeizuführen, weil sie die oben dargestellten Regelungen als ungerechte Behandlung empfinden: das Seniorennetzwerk Costa Blanca (http://www.snwcb.org/) hat dazu ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das in diesen Wochen vorgestellt werden soll.

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