Kurzer Abriss: Die Situation der Frauen in der Arbeitswelt in Spanien

08.03.2023 - Spanien auf Deutsch 

Frauen während des Franco-Regimes

Die Veränderung der Rolle von Frauen in der spanischen Wirtschaft lässt sich am besten im historischen Kontext betrachten. Während der Franco-Diktatur (1939-1975) wurden Frauen in Spanien auf traditionelle Rollen beschränkt, insbesondere in Bezug auf die Ehe und Mutterschaft. Frauen waren in der Regel nicht in der Arbeitswelt aktiv und wurden ermutigt, sich auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter zu konzentrieren. Sie durften kein eigenes Konto haben, nicht allein ins Ausland reisen und waren der Entscheidungsmacht des Mannes unterstellt. Er entschied zum Beispiel, ob sie arbeiten gehen durfte oder nicht.

In den 1960er Jahren begann sich dies jedoch nach und nach zu ändern, als viele Arbeitsplätze durch die wachsende Industrialisierung und Urbanisierung des Landes geschaffen und die Frauen immer mehr in die Arbeitswelt in Fabriken und anderen Unternehmen eingebunden wurden.

In der zweiten Hälfte der 1970er Jahren, als die Franco-Diktatur zu Ende ging, erhielten Frauen wieder mehr rechtliche Freiheiten und eine größere Autonomie. 1978 wurde die spanische Verfassung verabschiedet, die die Gleichheit der Geschlechter vor dem Gesetz garantierte und Frauen mehr Rechte in Bezug auf Scheidung und Eigentum gewährte.

In den 1980er und 1990er Jahren begannen immer mehr Frauen, höhere Bildungsabschlüsse zu erwerben und in Berufen zu arbeiten, die traditionell von Männern dominiert wurden. Die spanische Regierung unterstützte dies durch die Förderung von Programmen zur Berufsausbildung und zur Gleichstellung der Geschlechter.

 

Frauen in der Arbeitswelt Spaniens heute

Heutzutage sind Frauen in der Arbeitswelt in Spanien mehr denn je präsent. Dennoch gibt es immer noch erhebliche Diskrepanzen zwischen der Beteiligung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt, u.a. bei der Entlohnung und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Erwerbsquote

Die Erwerbsquote von Frauen in 2021 ist auf 9.121.900 gestiegen und hat damit den Höchststand der erwerbstätigen Frauen von 2019 übertroffen, als diese Zahl zum ersten Mal über 9 Millionen lag, d.h. die Erwerbsquote der Frauen stieg um 2,3 Prozentpunkte auf 58,9 %.  Zudem wurde das geschlechtsspezifische Gefälle zwischen Frauen und Männern von 21 % in 2007 auf  9,9 % im Jahr 2021 reduziert. Immerhin.

Lohnungleichheit

Im ersten COVID-Jahr 2020 betrug der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen 20,29%.

Das durchschnittliche Jahresgehalt von Männern mit dem ERTE  (ERTE (Expediente de Regulación Temporal de Empleo) ist die zeitlich begrenzte Freistellung von Arbeitnehmern in Spanien) während COVID betrug 17.577 Euro, das von Frauen in derselben Situation 11.487 Euro, was einem Unterschied von 34,6 % entspricht.

Arbeitslosigkeit

Nach Geschlecht aufgeschlüsselt, stellen Frauen weiterhin die Mehrheit der Arbeitslosen: 1.840.647 arbeitslose Frauen gegenüber 1.271.037 arbeitslosen Männern.

Teilzeitbeschäftigung

Nach den Daten des spanischen Nationalen Statistikinstituts (INE) betrug die Teilzeitbeschäftigung bei Frauen im Jahr 2021 25,2%, während sie bei Männern nur 8,5% betrug. Das bedeutet, dass Frauen fast dreimal so oft Teilzeit arbeiten wie Männer.

Befristete Verträge

In Bezug auf befristete Arbeitsverhältnisse gibt es auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Im Jahr 2021 betrug der Anteil befristeter Arbeitsverhältnisse bei Frauen 26,7%, während er bei Männern 20,5% betrug.

Diese Unterschiede in der Art der Beschäftigung wirken sich auf die Karrieremöglichkeiten und das Einkommen von Frauen aus, da sie in der Regel weniger Stunden arbeiten und oft weniger qualifizierte oder weniger gut bezahlte Jobs haben als Männer. Dies führt zu einer Lohnungleichheit zwischen den Geschlechtern und erschwert den Aufstieg von Frauen in höhere Positionen. Die Ursachen sind vielfältig und komplex: dazu gehören u.a. die schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie, mangelnde Kinderbetreuungsmöglichkeiten und die Schwierigkeit, nach einer längeren Abwesenheit vom Arbeitsmarkt wieder einzusteigen.

 

Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern

Um diese Probleme zu lösen, wurden in Spanien in den letzten Jahren verschiedene Maßnahmen ergriffen.

Eine der wichtigsten ist das Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern von 2007 (Ley Orgánica 3/2007, de 22 de marzo, para la igualdad efectiva de mujeres y hombres), das Unternehmen dazu verpflichtet, Geschlechtergleichheit in ihren Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Es gibt auch Initiativen wie den "Pakt für die Geschlechtergleichheit im Arbeitsleben" (Plan Estratégico para la Igualdad Efectiva de Mujeres y Hombres), der von der Regierung ins Leben gerufen wurde, um u.a. die Lohnungleichheit zu bekämpfen und Frauen in Führungspositionen zu fördern.

Auch die Angleichung des Vaterschafts- und Mutterschaftsurlaubs auf 16 Wochen (Ley de permisos iguales e intransferibles de paternidad y maternidad)  am 1. April 2019 soll der Ungleichheit entgegenwirken und zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Zuvor hatte die Mutterschaftszeit 16 Wochen und die Vaterschaftszeit nur 5 Wochen betragen. Durch die Angleichung haben nun auch Väter Anspruch auf 16 Wochen Elternzeit.

Trotz dieser Bemühungen und Maßnahmen zeigen die Statistiken, dass noch viel zu tun ist, um die Situation der Frauen in der spanischen Arbeitswelt zu verbessern. Denn nur so kann sichergestellt werden, dass Frauen in der spanischen Wirtschaft die gleichen Chancen haben wie Männer und, dass die spanische Wirtschaft als Ganzes davon profitiert und erfolgreich agiert.

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