Depression und Angstzustände bei Jugendlichen: Ein umfassender Überblick

30.01.2025 - Sinews 

Die Jugendzeit ist eine Phase großer Veränderungen und Herausforderungen. Während dieser Lebensphase, die oft als eine Zeit der Entfaltung und Selbstfindung beschrieben wird, sind viele Jugendliche häufig mit intensiven emotionalen und psychologischen Belastungen konfrontiert. Zwei der häufigsten und am meisten diskutierten psychischen Gesundheitsprobleme in dieser Altersgruppe sind Depression und Angststörungen. Diese Störungen können erhebliche Auswirkungen auf das tägliche Leben, die schulische Leistung und die zwischenmenschlichen Beziehungen der Betroffenen haben.

 

1. Einführung

Depression und Angststörungen sind ernsthafte gesundheitliche Probleme, die bei Jugendlichen häufig auftreten. Studien zeigen, dass etwa 10-15% der Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren in einem Jahr eine depressive Episode erleben (American Psychological Association, 2021). Angststörungen sind ebenfalls weit verbreitet, wobei etwa 8-10% der Jugendlichen in ähnlichen Altersgruppen betroffen sind (National Institute of Mental Health, 2022). Diese Erkrankungen sind nicht nur vorübergehende Probleme, sondern können langfristige Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen haben. In den letzten Jahren hat sich das Bewusstsein für diese Probleme erhöht, was zu einer besseren Erkennung und Behandlung geführt hat. Dennoch bleibt es eine Herausforderung, diese Erkrankungen zu verstehen und effektiv zu behandeln.

 

2. Depression bei Jugendlichen

Depression bei Jugendlichen äußert sich häufig anders als bei Erwachsenen. Während Erwachsene oft über eine anhaltende Traurigkeit oder Leere berichten, kann bei Jugendlichen die Depression häufig durch Reizbarkeit, Wutausbrüche oder ein allgemeines Gefühl der Frustration gekennzeichnet sein. Etwa 20% der Jugendlichen erleben mindestens einmal in ihrem Leben eine depressive Episode (World Health Organization, 2020). Weitere Symptome können eine veränderte Schlaf- und Essgewohnheit, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und ein vermindertes Interesse an Aktivitäten sein, die früher als angenehm empfunden wurden.

Häufig sind es genetische Faktoren, neurobiologische Veränderungen und Umweltfaktoren, die zu einer Depression führen können. Stress durch schulische Anforderungen, soziale Beziehungen und familiäre Probleme kann ebenfalls häufig zu einer Depression beitragen. Ein Trauma oder eine schwierige Lebenssituation, wie etwa eine Scheidung der Eltern oder der Verlust eines geliebten Menschen, kann ebenfalls als Auslöser fungieren.

 

Die Diagnose einer Depression erfolgt meist durch einen Psychologen oder Psychiater, der eine umfassende Bewertung durchführt. Studien zeigen, dass etwa 60% der Jugendlichen, die eine Depression haben, von einer Kombination aus Psychotherapie und Medikamenten profitieren (Journal of the American Academy of Child & Adolescent Psychiatry, 2019). Kognitive Verhaltenstherapie (CBT) hat sich als besonders wirksam erwiesen, da sie den Jugendlichen hilft, negative Denkmuster zu erkennen und zu verändern.

 

3. Angststörungen bei Jugendlichen

Angststörungen sind eine weitere bedeutende psychische Gesundheitsproblematik bei Jugendlichen. Diese Störungen umfassen verschiedene Typen, wie generalisierte Angststörung, soziale Angststörung, Panikstörung und spezifische Phobien. Bei Jugendlichen können diese Ängste häufig zu erheblichen Beeinträchtigungen im Alltag führen. Etwa 8% der Jugendlichen leiden unter generalisierten Angststörungen, während etwa 7% an sozialen Angststörungen leiden (National Institute of Mental Health, 2022). Die Ängste können sich in Form von ständiger Besorgnis, übermäßigen Sorgen über schulische Leistungen, soziale Interaktionen oder gesundheitliche Probleme äußern.

 

Die Ursachen für Angststörungen können vielfältig sein. Neben genetischen Prädispositionen spielen auch Umweltfaktoren eine Rolle. Stressige Lebensereignisse, familiäre Probleme oder eine traumatische Erfahrung können zu Angststörungen beitragen. Eine Überempfindlichkeit gegenüber Stress oder eine Tendenz, sich übermäßig Sorgen zu machen, kann ebenfalls häufig ein Risikofaktor sein.

 

Die Diagnose von Angststörungen erfolgt ebenfalls durch Fachleute, die eine umfassende Anamnese und Bewertung vornehmen. Die Behandlung kann Psychotherapie, insbesondere kognitive Verhaltenstherapie, und in einigen Fällen Medikamente umfassen. CBT hilft Jugendlichen, ihre Ängste zu erkennen und durch gezielte Techniken zu bewältigen. Auch Entspannungstechniken und Stressbewältigungsstrategien können unterstützend wirken (American Academy of Child and Adolescent Psychiatry, 2020).

 

4. Auswirkungen auf das Leben der Jugendlichen

Sowohl Depression als auch Angststörungen können tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben von Jugendlichen haben. In der Schule können häufig Leistungsabfall, Konzentrationsstörungen und Fehlen durch emotionale Probleme auftreten. Sozial kann es zu Isolation, Schwierigkeiten bei der Interaktion mit Gleichaltrigen und einem allgemeinen Rückzug aus sozialen Aktivitäten kommen.

 

Die familiären Beziehungen können ebenfalls häufig belastet werden, da sich das Verhalten eines Jugendlichen möglicherweise ändert, was zu Missverständnissen und Konflikten führen kann. In schweren Fällen können sich diese Probleme sogar auf die körperliche Gesundheit auswirken, da die Jugendlichen möglicherweise ungesunde Bewältigungsmechanismen wie übermäßiges Essen, Drogenmissbrauch oder selbstverletzendes Verhalten entwickeln.

 

5. Prävention und Unterstützung

Prävention spielt eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung von Depressionen und Angststörungen bei Jugendlichen. Ein starkes soziales Netzwerk, unterstützende familiäre Beziehungen und Zugang zu Gesundheitsdiensten sind wichtige Faktoren, die dazu beitragen können, das Risiko für psychische Gesundheitsprobleme zu verringern. Schulen und Gemeinschaftseinrichtungen können durch Bildungsprogramme und Schulungen helfen, ein Bewusstsein für psychische Gesundheit zu schaffen und frühzeitige Interventionen zu fördern.

 

Es ist auch wichtig, dass Jugendliche wissen, wo sie Hilfe finden können. Beratungsstellen, Schulpsychologen und Jugendhilfeorganisationen bieten häufig Unterstützung und Ressourcen für Betroffene an. Offenheit in der Kommunikation über psychische Gesundheit, sowohl innerhalb der Familie als auch in der Gesellschaft, kann helfen, Stigmata abzubauen und den Jugendlichen das Gefühl zu geben, dass es in Ordnung ist, Hilfe zu suchen.

 

6. Rolle der Familie und Freunde

Familie und Freunde spielen eine wichtige Rolle bei der Unterstützung von Jugendlichen mit Depressionen und Angststörungen. Ein offenes Ohr, Verständnis und Geduld sind essenziell, um den Jugendlichen das Gefühl zu geben, dass sie nicht allein sind. Es ist wichtig, dass Angehörige sich über die Erkrankungen informieren, um die Symptome besser zu verstehen und angemessen reagieren zu können.

Gleichzeitig ist es wichtig, dass Familienmitglieder und Freunde auch ihre eigenen Grenzen kennen und sich nicht überfordern. Die Suche nach professioneller Hilfe sollte nicht als Schwäche betrachtet werden, sondern als notwendiger Schritt zur Unterstützung des betroffenen Jugendlichen.

Der Besuch eines Psychiaters sollte in Erwägung gezogen werden, wenn bestimmte Warnsignale oder "Red Flags" auftreten, die auf ernsthafte psychische Gesundheitsprobleme hinweisen können. Hier sind einige Anzeichen, bei denen es ratsam ist, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen:

 

Warnsignale/ Red Flags für den Besuch beim Psychiater:

  1. Schwere depressive Symptome
    • Lang anhaltende Traurigkeit oder Leere: Wenn sich die Gefühle von Traurigkeit oder Leere über mehrere Wochen hinweg nicht bessern.
    • Selbstverletzendes Verhalten oder Suizidgedanken: Wenn es zu selbstverletzendem Verhalten kommt oder Gedanken an Selbstmord auftreten, ist sofortige professionelle Hilfe erforderlich.
  2. Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags
  3. Einschränkungen im täglichen Leben: Schwierigkeiten, alltägliche Aufgaben zu erledigen, zur Schule zu gehen oder Arbeitspflichten zu erfüllen, können auf eine ernsthafte Störung hinweisen.
  4. Häufige Panikattacken: Wiederholte, plötzliche Anfälle von intensiver Angst oder Panik, die den Alltag erheblich beeinträchtigen.
  5. Vermeidung von sozialen Situationen: Wenn soziale Ängste dazu führen, dass alltägliche soziale oder berufliche Aktivitäten gemieden werden.
  6. Plötzliche und extreme Stimmungsschwankungen: Starke Schwankungen zwischen übermäßigem Hochgefühl und tiefer Traurigkeit.
  7. Reizbarkeit und Wutausbrüche: Häufige und unverhältnismäßige Reaktionen auf Stress oder Frustrationen.
  8. Schlafprobleme: Anhaltende Schlaflosigkeit oder übermäßiges Schlafen, die den Alltag beeinträchtigen.
  9. Ernährungsprobleme: Signifikante Veränderungen im Essverhalten, wie starkes Überessen oder das Fehlen von Appetit.
  10. Anhaltende Müdigkeit: Ständige Erschöpfung, die nicht durch Schlaf oder Ruhe beseitigt werden kann.
  11. Schwierigkeiten bei der Konzentration: Probleme mit der Konzentration, die sich negativ auf schulische oder berufliche Leistungen auswirken.
  12. Verstärkter Konsum von Alkohol oder Drogen: Verwendung von Substanzen als Bewältigungsmechanismus oder als Weg, mit emotionalen Problemen umzugehen.
  13. Erhebliche Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen: Wenn Probleme in Beziehungen zu Familie und Freunden die Lebensqualität stark beeinträchtigen.
  14. Extreme Angst oder Panikattacken
  15. Veränderungen in Verhalten oder Stimmung
  16. Störung des Schlaf- und Essverhaltens
  17. Erschöpfung und Müdigkeit
  18. Konzentrationsstörungen
  19. Substanzmissbrauch
  20. Starke Beziehungsprobleme
  • Unzureichende Fortschritte mit anderen Behandlungen: Wenn bisherige Therapieversuche oder Beratungsgespräche nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben und die Symptome weiterhin das tägliche Leben beeinträchtigen.

 

7. Fazit

Depression und Angststörungen sind ernsthafte psychische Gesundheitsprobleme, die viele Jugendliche betreffen. Die frühzeitige Erkennung, angemessene Behandlung und umfassende Unterstützung können jedoch dazu beitragen, die Lebensqualität der Betroffenen erheblich zu verbessern. Es ist wichtig, dass sowohl Fachleute als auch Familie und Freunde zusammenarbeiten, um den Jugendlichen in dieser kritischen Phase ihres Lebens die bestmögliche Unterstützung zu bieten.

Das Verständnis für die Komplexität dieser Störungen und die Bereitschaft, offene Gespräche über psychische Gesundheit zu führen, sind entscheidend, um den Jugendlichen zu helfen, die Herausforderungen der Jugendzeit erfolgreich zu bewältigen und ein gesundes, erfülltes Leben zu führen.

Der Besuch eines Psychiaters kann für die Diagnose und Behandlung von psychischen Gesundheitsproblemen entscheidend sein. Wenn Warnsignale auftreten, die auf schwerwiegende psychische oder emotionale Schwierigkeiten hinweisen, sollte professionelle Hilfe in Betracht gezogen werden. Ein Psychiater kann durch umfassende Diagnosetests und therapeutische Interventionen wertvolle Unterstützung bieten und dabei helfen, eine geeignete Behandlungsstrategie zu entwickeln.

 

Dr. Alma Moser, geboren in Frankreich, ist eine Psychiaterin mit internationaler Erfahrung. Sie studierte Medizin an der Universität von Louvain in Belgien und spezialisierte sich auf Kinder-und Jugendpsychiatrie. Ihre Ausbildung umfasste die Behandlung von Depressionen, Angstzuständen, ADHS und Schizophrenie. Ihr Ansatz ist individuell und verwendet Medikamente nur, wenn nötig. Dank ihrer multikulturellen Erfahrung versteht sie die Herausforderungen von Expatriaten besonders gut.

 

Gastartikel Sinews

Bildquelle: wikimedia commons

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