El Hierro – Eine kleine Insel im Atlantik macht sich selbstständig

02.09.2019 - Laura Nadolski 

El Hierro ist die westlichste der Inseln des Kanaren-Archipels und hat eine Fläche von rund 267 Quadratmetern. Die Vulkaninsel gehört zu Spanien und zählt knapp 11.000 Einwohner. Diese wollen unabhängig von umweltschädlichen und teuren Dieselimporten werden, dem Kraftstoff mit dem die Stromgeneratoren vor Ort gespeist werden. Die Insel ist zu klein und wirtschaftlich nicht stark genug für den Betrieb eines konventionellen Kraftwerks und dessen Belieferung mit fossilen Kraftstoffen. Und für die Versorgung durch ein Seekabel ist sie zu weit weg vom Festland. Doch bietet sie mit circa 3.500 Windstunden pro Jahr günstige Voraussetzungen zur Nutzung von Windkraft.

 

In den letzten Jahren wurden hinsichtlich der Selbstversorgung schon viele Fortschritte erzielt. Und wenn die eigenständige Versorgung langfristig zu überschaubaren Kosten funktioniert, könnte El Hierro zu einem Vorbild für viele tausend Inseln auf der ganzen Welt werden, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Hier ein kurzer Überblick.

1981. - Schon im Jahr 1981 hatte Tomás Padrón – Ingenieur und damaliger Vorsitzender des Stadtrats von El Hierro – die Idee ein Wind- und Wasserkraftwerk zu errichten. Er stellte seine Idee Ricardo Melchior vor, dem damaligen Beauftragten des Elektrizitätsunternehmens der Kanaren (UNELCO). Ab diesem Moment begann der Lauf durch regionale, nationale und sogar europäische Behörden auf der Suche nach Unterstützung. Loyola de Palacio aus Brüssel – damalige Kommissarin für Transport und Energie – war dann schließlich diejenige, die die Idee als beispielhaft einschätzte und zu unterstützen bereit war.

2014. - Im Juni 2014 wurde das Projekt Gorona del Viento mit dem 80 Millionen Euro schweren Kraftwerk dann eingeweiht. Zu dieser Zeit lag die durch erneuerbare Rohstoffe produzierte Energie bei 2,3 % des gesamten Stromverbrauchs der Insel.

2015. – Im Jahr 2015 konnte das neue Kraftwerk zum ersten Mal für vier Stunden die Energienachfrage der Gemeinde allein durch “saubere” Energie stillen. Obwohl die Anlage nur die Hälfte des Jahres arbeitete, betrug der Anteil der erneuerbaren Energien am Jahresverbrauch schon 19,2 %.

2016. – Im Februar 2016 gelang es dann mithilfe eines neuen Energiespeichers zum ersten Mal, die Insel länger als 24 Stunden mit vor Ort produzierten Strom zu versorgen. 2016 war das erste Jahr, in dem das Kraftwerk ganzjährlich in Betrieb war. In der Jahresbilanz deckte es 40,7 % des Gesamtverbrauchs El Hierros.

2017. – Im Jahr 2017 konnte in einem Monat schon ein Anteil von 79,4 % des Monatskonsums durch erneuerbare Energien bereitgestellt werden.

2018. - Im vergangenen Jahr wurde der Rekord von 18 Tagen in Folge mit eigenständiger Versorgung erzielt. Vom 25. Januar bis zum 12. Februar 2018 wurde die Insel allein mit “grüner” Energie versorgt. Insgesamt hat das Kraftwerk Gorona del Viento schon den Ausstoß von fast 30.000 Tonnen CO2 verhindert (Stand 2018).

Die Anlage ist eine Kombination aus Wind- und Wasserkraftwerk. Die Windturbinen befinden sich auf einem Hügel und erzielen eine Leistung von 11,56 Megawatt (MW). Außerdem befinden sich dort zwei verschieden hoch gelegene Wasserbecken. Wenn sich der Wind verringert, wird im oberen Becken Wasser abgelassen und treibt beim herunterfließen Turbinen mit einer Kapazität von 11,32 MW an. Damit soll die Kontinuität der Stromversorgung auch bei schwachem Wind garantiert werden. Der Schlüsselpunkt dieser Technologie ist eine Speicherbatterie, in der bereits erzeugte Energie akkumuliert wird.

Um den restlichen Verbrauch zu decken, muss noch mit viel Aufwand Diesel auf die Insel gebracht werden, der dort in Generatoren verbrannt wird. Der Kraftstoff wird auf einer langen Reise über den Atlantik nach Teneriffa transportiert und von der 300 km entfernten Insel dann nach El Hierro verschifft.

 

Am Kraftwerk sowie dem Versorgungssystem sind noch viele Verbesserungen notwendig und sie befindet sich in stetiger Weiterentwicklung. Viele Inselstaaten interessieren sich bereits für die kanarische Technologie und das System ist definitiv exportierbar. Es beweist, dass es in naher Zukunft möglich ist, mit einer Energieversorgung ohne fossile Energierohstoffe auszukommen. Das Projekt auf El Hierro bildet somit einen wahren Meilenstein für die Kanaren, für Europa und für die ganze Welt. Denn wir haben nur eine Zuhause – es gibt keinen Planeten B!

 
Bild © Carlos Teixidor Cadenas

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