SERIE: Quim Monzó

27.01.2009 - Julia Macher 

Für Quim Monzó hat sich das Gastspiel der „Katalanischen Kultur“ auf der Frankfurter Buchmesse 2007 gelohnt: Bis dahin war der 1952 in Barcelona geborene Schriftsteller in Deutschland trotz Übersetzungen nur Eingeweihten bekannt. Doch nachdem Monzó in Frankfurt die Eröffnungsrede hielt und sein deutscher Hausverlag ihm einen großen Sammelband spendierte, wurden auch die Medien in Deutschland neugierig auf ihn.

100 Geschichten
(Frankfurter Verlaganstalt, 2007) versammelt alle Erzählungen des Autors in einem dicken Band. Das ist auf jeden Fall ein Gewinn, denn Quim Monzós Kurzgeschichten zählen zum Besten, was die spanische literarische Szene derzeit zu bieten hat. In seiner knappen, reduzierten, von Monika Lübcke exzellent übersetzten Erzählweise, legt er die Abgründe der menschlichen Existenz offen und schreibt dabei grausam genau - und ungemein komisch zugleich: Etwa wenn eine Familie, um den Weihnachtsfrieden nicht zu gefährden, den plötzlichen Tod des Sohnes ignoriert und dessen Schweigsamkeit auf Trunkenheit schiebt oder wenn sich in der Kafka-Parodie „Gregor“ ein Käfer in einen großen, fetten Jungen verwandelt, der nolens volens zum Massenmörder an seinen Lieben wird.

Dabei versteht es Monzó meisterhaft, mit sämtlichen erzählerischen Registern zu spielen. Mittels eines simplen Telefongesprächs zwischen zwei Geliebten entfaltet er einen Psychothriller, der von Dialogzeile zu Dialogzeile immer atemberaubender wird. Ihm reichen zwei, drei Seiten um das große Drama der verlorengegangenen Leidenschaft auszubreiten. Wenn er sich in „Der Grund der Dinge“ so großen Themen wie „Glaube“, „Liebe“ oder „Vernunft“ annimmt, bleiben seine Figuren namenlos. Die Mechanismen, die er in den gleichnamigen Erzählungen freilegt, kennt jeder: Etwa wie man durch beharrlichstes Nachfragen den inbrünstigsten Liebesschwur zur Lüge machen kann. Dann wieder erweist sich Monzó als charmanter Bilderstürmer, etwa wenn er Aschenbrödel nach der Hochzeit entdecken lässt, dass ihr Traumprinz sie mit den beiden Stiefschwestern betrügt.

100 Geschichten
umfasst knapp drei Jahrzehnte literarischen Schaffens. Eine solche Spannbreite macht den immerhin sechs Zentimeter dicken Wälzer zur idealen Nachttischlektüre für alle Lebenslagen: eine Kurzgeschichte, über die sich wundern, sinnieren oder weise lächeln lässt, findet sich bestimmt.

Neben 100 Geschichten hat die Frankfurter Verlagsanstalt unter anderen den Roman Das ganze Ausmaß der Tragödie (1996) sowie die Einzelerzählbände Der Grund der Dinge (1995) veröffentlicht. Anschriften von deutschen Buchhandlungen in Madrid finden Sie in unserem Adressverzeichnis.

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