NUTZWERT: Praktikum in Madrid

30.08.2010 - Ann-Christin Mbuti 

Nur wenige Wochen bevor es mich nach Madrid verschlagen sollte, stieß ich recht zufällig auf die Anzeige, in der nach Praktikanten gesucht wurde. Mit brachialen Spanischkenntnissen und keinerlei Ahnung über die Stadt, entschied ich mich die Chance zu nutzen und den Sommer in Spanien zu verbringen.

Die darauf folgenden organisatorischen Herausforderungen stellten sich als schwieriger heraus, als erwartet. Wo sucht man eine Unterkunft, wenn man weder die Stadt noch die Sprache der Inserate kennt? Schließlich könnte es passieren, dass das Zimmer, das so gemütlich auf dem Foto wirkte, in Wirklichkeit wahrgewordener Wohnalptraum ist, überteuert, weit weg vom Zentrum und mit Mitbewohnern des Grauens.

Oder andere Kleinigkeiten, wie die Frage nach dem Transport: lohnt sich womöglich ein Monatsticket für die wenigen Wochen, die ich in Madrid sein werde? Bekommt man das so einfach als Tourist? Und was heißt wohl Monatsticket auf Spanisch???
Nach einigen halbherzigen Versuchen auf eigene Faust alles zu regeln, wurde ich zunehmend demotiviert.

Scheinbar gab es keine Zimmer in meinem Budget, die den Ansprüchen nach zentraler Lage und einigermaßen gegebener Wohnlichkeit genügten. Auch mit dem Vorhaben innerhalb von 4 Wochen, direkt nach den Abschlussprüfungen des Semesters, genügend Arbeitsmoral aufzubringen um Spanisch zu lernen, klappte es nicht sonderlich. Noch war kein Flug gebucht, doch an Organisatorischem zu scheitern wäre eine Beleidigung des Sinnes der Eigenständigkeit gewesen. Und auf den ist man als frischgebackener Student, gerade dem Elternhaus entkommen, besonders stolz.

Die Lösung: Kontakte. Am einfachsten ist es doch, wenn man jemanden hat, der sich damit auskennt, am besten in der gleichen Situation war und über wertvolles Wissen verfügt, das man nur erwirbt, indem man aus seinen Fehlern lernt. Es müssen ja nicht zwei Leute dieselben Fehler machen.

Da ich leider niemanden kannte, der in Madrid lebt, kam es mir sehr gelegen, die Vorgängerin meiner zukünftigen Praktikantenstelle löchern zu können. Sie war es schließlich, die mich über drei Ecken an die WG weiterleitete, die genau für den gewünschten Zeitraum ein Zimmer frei hatten. In dem 10minütigen Gespräch klang sie sympathisch, sie würde mich sicher nicht in die nächste Absteige von Zimmer schicken. Eigentlich blieb mir auch keine andere Wahl, als ihr zu vertrauen.

Die Kommunikation verlief höchst unkompliziert per Email. Da die Zeit drängte, sagte ich ungesehen dem Zimmer zu und hoffte, dass die Vereinbarung auch von Seiten der WG bindend war. Ich sah mich schon am Tag der Ankunft vollbeladen vor der Wohnungstür stehen, der Obdach aufgrund irgendwelcher Missverständnisse verweigert.

Letztendes klappte alles überraschend gut, Madrid entpuppte sich als angenehm pulsierende Metropole, wenn auch ungewohnt heiß, was das Wetter betrifft. Die Mitbewohner waren alles andere als solche des Grauens, und auch wenn ich es nicht zu einem Monatsticket (nebenbei: Abono transporte mensual) geschafft habe, so zolle ich doch der Eigenständigkeit ihren Tribut und improvisiere mehr oder weniger erfolgreich.

Meiner bisherigen Erfahrung nach gibt es so viele Praktikanten und junge Menschen, die in einer ähnlichen Situation nach Madrid gekommen sind, sodass sie gerne ihre Hilfe anbieten und ihre Erfahrung teilen. Mit etwas Glück trifft man diese zur richtigen Zeit und alles läuft plötzlich einfacher.

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