NUTZWERT: Madrid Río - Das grüne Herz Madrids

20.11.2012 - Meike von Lojewski / Madrid für Deutsche 

Jahrzehntelang hatten die Einwohner Madrids fast vergessen, dass sie an einem Fluss leben. Der Río Manzanares war lange Zeit ein ausgetrockneter und hässlicher Kanal, am westlichen Rande des Zentrums und von der Stadtautobahn M-30 abgeschnitten. Durch ein ambitioniertes Projekt wurde der Verkehr der drei- bis sechsspurigen Ringstrasse weitgehend unter die Erde verlegt, so dass sich die Madrilenen nun seit gut einem Jahr an dem anspruchvollsten Parkprojekt erfreuen können, das in den letzten Jahren in Europa durchgeführt wurde.

Alte Schätze, wie zum Beispiel die Puentes de Segovia und de Toledo oder die Einsiedelei “Virgen del Puerto”, die durch kirchenfeindliche Exzesse während des Spanischen Bürgerkrieges stark zerstört, anschliessend wieder aufgebaut und nun restauriert wurde, bilden zusammen mit neuen Attraktionen wie der Puente Monumental del Parque de la Arganzuela ein grossartiges Bild. Die spiralförmige Röhrenkonstruktion des Pariser Architekten Dominique Perrault, die sich in sanften Linien über dem Uferboden windet, lässt immer wieder Ausblicke auf die Flusslandschaft zu und verwandelt sich nachts in ein phosphoreszierendes Kunstgebilde.

Aber nicht nur historische Bauwerke bilden Madrid Río, auch die Epoche der Industrialisierung wird wieder lebendig. Davon zeugt der 1928 fertig gestellte Schlachthof, ein riesiger Backsteinkomplex, der heute "Matadero Madrid. Centro de Creación Contemporánea" heisst und die Bibliothek "Casa del Lector", Ausstellungshallen, Ateliers und ein Filminstitut beherbergt. Der Matadero Madrid ist zwar ein eigenständiges städtisches Projekt, durch seine Einbettung in die neue Parklandschaft hat sich aber die Wahrnehmung des in den vergangenen Jahrzehnten unterschiedlich genutzten Gebäudes deutlich verändert.

Das Besondere an Madrid Río ist vor allem die Verknüpfung des monumentalen Aspekts mit der Einrichtung von Sport- und Freizeitanlagen. Für Sportbegeisterte gibt es zahlreiche Tennis- und Padelanlagen, Fussballplätze und eine Kletterschule, eine BMX-Bahn und vieles mehr. Für die, die einfach “nur” einen entspannten Tag verbringen wollen, bieten viele Wege auf mehr als zehn Kilometern Länge für Fussgänger und Fahrradfahrer alle Möglichkeiten. Für Kinder gibt es die unterschiedlichsten Spielplätze. Ein weiteres Highlight ist ausserdem ein von zehn Springbrunnen gerahmter Strand, der sich im Sommer als wahres Badevergnügen für die Großstadtkinder herausstellt.

Einige interessante Zahlen über Madrid Río: Auf einer Fläche von 1.210.881 Quadratmetern wurden 33.623 neue Bäume 47 verschiedener Arten, 470.844 Sträucher 38 verschiedener Arten und 210.898 Quadratmeter Wiese gepflanzt. Die Beleuchtung besteht aus insgesamt 8.528 Lichtquellen. Es wurden 5.506 neue Bänke und 807 Mülleimer aufgestellt. Zugang zu Madrid Río gibt über insgesamt 33 alte und neu errichtete Brücken.

Natürlich hat jeder Autofahrer, der die M-30 zum Beispiel einmal aus Ventas Richtung Casa de Campo kilometerlang in Tunneln mit ständigen Abzweigungen gefahren ist, das Gefühl, nie mehr ans Sonnenlicht zu kommen, und hat sich sicher in diesem Labyrinth auch schon verfahren. Mit 48 Kilometern Tunnel ist es schliesslich das grösste innerstädtische Tunnelsystem Europas. Und sicherlich klagen viele Madrider über die Schulden, die die Stadt wegen dieses Projektes angehäuft hat und derentwegen sie in den nächsten Jahren kaum mehr "atmen" kann - die Lebensqualität ist aber unheimlich gestiegen und alle Einwohner und Besucher geniessen diesen grünen Gürtel entlang des Flusses Manzanares. Madrid hat mit Madrid Río ein ganz neues Flair bekommen, das man unbedingt einmal selbst erleben sollte!

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