NEWS: Proteste in Spanien

27.05.2011 - Madrid für Deutsche 

Der "Madrid für Deutsche"-Blog scheint Wirkung zu zeigen. Nur einen Tag nachdem wir in einem Beitrag die Betäubtheit der Spanier im Hinblick auf Politik und Krise angesprochen hat, folgt der Beweis, dass es auch anders geht.

Spaß beiseite. Die Bewegung “Democracia Real, Ya!” hält seit dem 15. Mai nicht nur die Ordnungskräfte rund um die Plaza Puerta de Sol in Madrid im Atem. Auch Politiker und ganz besonders die Medien kennen in den letzten Tagen fast nur noch dieses Thema. Die Auftritte der Kandidaten für die Wahl am Sonntag und der Endspurt der Wahlkampagnen, scheinen in Vergessenheit geraten zu sein. Nicht Esperanza Aguirre oder Tomás Goméz zücken die Titelblätter, sondern campende Jugendliche in Sol.

Alles begann am Sonntag mit einem einer Demonstration. Von den tausenden Teilnehmern blieben einige Hundert im Zentrum und machten die Plaza Puerta de Sol zum Campingplatz. In der Nacht auf Dienstag dann die Räumung durch die Polizei, doch schon am selben Abend war der Platz wieder gefüllt.

Seither ziert die Puerta de Sol ein improvisiertes Camp mit Sonnendächern, Schreibtischen, Feldküche, Werkstätten und Diskussionszirkeln . Die Demonstranten wollen bis zu den Kommunal- und Regionalwahlen am Sonntag ausharren. Mittlerweile haben sich zu den Jugendlichen auch viele ältere Menschen und Anwohner gemischt. Die Verständigung erfolgt über soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter.

Was noch nicht ganz klar ist, sind die Ziele der Bewegung. Die Proteste richten sich gegen viele Sachen: geringe Löhne, Arbeitslosigkeit, die Krise, das Parteiensystem, Sparprogramm etc. Als verantwortlich für die Misere wird vor allem die Politik gesehen. Kritik an den Unternehmen und der Wirtschaft oder dem Beitrag den auch die Bevölkerung geleistet hat, sind nicht zu hören.

Für die Wahl am Sonntag stimmt die Mehrheit der Protestanten überein, dass es das Beste sei, den Stimmzettel "weiß" abzugeben und die Stimme somit ungültig zu machen. Damit soll dem praktisch vorhandenen Zwei-Parteiensystem ein Denkzettel verpasst werden. Ob dies jedoch die gewünschte Wirkung zeigen wird, bleibt offen. Denn es könnte durchaus passieren, dass die PP davon profitiert, wenn sich noch unentschlossenen, eher links orientierte Wähler von der Bewegung überzeugen lassen und nicht die PSOE ankreuzen, sondern "weiß" abgeben.

Für die Zeit nach den Wahlen will die Demokratie-Plattform für ein neues Wahlsystem mobilisieren in dem Kleinparteien bessere Chancen haben.

Indessen haben sich die Proteste von Sol aus, ähnlich den spanischen Autobahnen, die hier mit dem bekannten Km 0 ihren Ursprung haben, in ganz Spanien ausgebreitet. In Bilbao versammelten sich 800 Protestanten, in Valencia 1000 und in Sevilla 500. Auch in Barcelona, Granada, Santiago, A Coruña und Vigo wird protestiert.

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