HINTERGRUND: Warum die Post hier meist zu spät kommt

24.09.2007 - Clementine Kügler und Stefanie Claudia Müller 

Viele Deutschen wundern sich darüber, dass sie in Spanien so wenig Post bekommen bzw. so unstetig. Eine Woche kommt nichts, dann auf einmal ist ein ganzer Schwall im Briefkasten. In Madrid passiert das vor allem in den Sommermonaten und zur Weihnachtszeit, wenn die Post total unterbesetzt und überlastet ist. In den vielen Madrider Neubaugebieten wie rund um San Sebastián de los Reyes kann man froh sein, wenn überhaupt ein Brief ankommt. "Ich komme nur alle zwei Tage", sagt ein Postbote auf Beschwerde einer Firma frech. Manchmal käme er auch nur alle drei Tage. Mehr lohne nicht, weil ja noch nicht alle Häuser belegt seien. So bekommen viele Unternehmen dort ihre Zeitungen und Rechnungen zu spät. Die Grupo Correos scheint das wenig zu kümmern. Seit dem Eintritt Spaniens in die EU im Jahr 1986 wurde das Staatsunternehmen schrittweise privatisiert. Die Liberalisierung und Angleichung an europäische Qualitätsmaßstäbe wird 2009 endgültig abgeschlossen sein. Noch ist es ein langer Weg bis dahin. Die spanische Post ist sicher eines der schlechtesten Dienstleistungsunternehmen, die es in Spanien gibt. Der einzige Vorteil: Die Zustellung ist billiger in Deutschland, dafür dauert sie aber auch viel länger. Und man muss immer Geduld mitbringen, wenn man aufs Amt muss. Drastischer Stellenabbau hat dazu geführt, dass man lange Schlange steht, um ein Einschreiben aufzugeben und halbstündige Wanderungen unternehmen muss, um ein Paket abzuholen. Es gibt immer weniger Filialen. Die Wartezeit wird noch länger, wenn vor einem Firmenboten ihre Kisten auspacken und 350 Briefe frankieren lassen. Dieses System hat sich auch in den 20 Jahren EU-Zugehörigkeit nicht geändert. Frankiermaschinen für Firmen oder Extra-Schalter für diese Großsendungen wurden nicht eingerichtet. Als die Postsparkasse privatisiert wurde, sprang die Deutsche Bank ein und stellt jetzt Geldautomaten in die größten Postämter, dort, wo sowieso in der Nähe Bankfilialen sind. Während in Gegenden ohne Bankfilialen auch keine Automaten auf dem Postamt stehen. Auch hier könnte das System verbessert werden. Geldüberweisungen (Giros), die früher ein Monopol der Post waren und durch die vielen Sendungen der Gastarbeiter und Immigranten nach Lateinamerika äußerst attraktiv geworden sind, erledigen jetzt auch private Anbieter, die mit niedrigeren Gebühren locken. In Madrid benutzen viele Firmen private Boten, die auf ihren Mopeds und Motorrädern durch die Stadt brausen und nicht eben durch das Einhalten von Verkehrsregeln auffallen. Dieser Service ist ausgesprochen praktisch und zuverlässig. Auch Taxifahrer lassen sich für Botenfahrten anheuern. Alle privaten Alternativen sind natürlich teuerer als die Post, die noch immer im EU-Vergleich besonders niedrige Tarife hat. Symbolisch für den Abbau von Leistungen und Monopolstellung der Post ist auch die Aufgabe des Kommunikationspalastes an der zentralen Plaza de Cibeles. In den labyrinthischen Palast zieht das Rathaus, sobald es für diese Zwecke renoviert ist. Auf die Frage, wann das sein wird, reagiert man beim Bürgermeister geradezu beleidigt. Das wisse doch niemand. Ein kleines Postamt bleibt allerdings erhalten im künftigen Amtssitz von Ruiz-Gallardón. correos tarife

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