HINTERGRUND: Spanier bleiben beim Genmais

11.05.2009 - Madrid für Deutsche/Greenpeace 

In Spanien dürfte das Genmais-Verbot in Deutschland kaum Freude ausgelöst haben. Viele spanische Bauern sehen in dem gentechnisch veränderten Mais ein wirksames Mittel gegen den Maiszünsler. Die Raupen des Kleinschmetterlings waren in Regionen wie Katalonien und Aragonien eine regelrechte Plage gewesen und hatten einen erheblichen Teil der Mais-Ernten vernichtet.

Heute ist Spanien das einzige Land in der Europäischen Union, das den in Deutschland verbotenen Genmais der Linie MON 810 in kommerziellem Stil anbaut. Es produziert 75 Prozent des Genmaises in der EU und ist mit Abstand der größte Hersteller in der Union. Während andere EU-Staaten die Aussaat allenfalls auf Testfeldern genehmigten, breitete sich der Anbau in Spanien innerhalb weniger Jahre auf eine Fläche von 80 000 Hektar aus.

Vielen spanischen Bauern konnte es bei der Einführung des Genmaises nicht schnell genug gehen. Sie sahen, dass das gentechnisch behandelte Saatgut ihnen kraftvolle Pflanzen mit saftigen Kolben bescherte. Der MON-810-Mais ist gentechnisch so behandelt, dass die Raupen des Maiszünslers ihm nichts anhaben können. Die herkömmlichen Maispflanzen waren dagegen zuweilen so schwach, dass sie im Wind umknickten, weil die Stängel von den Schädlingen zerfressen waren.

Die deutsche Entscheidung, die Genmais-Aussaat zu verbieten, schlug in Spanien Wellen. Umweltschützer, die schon seit Jahren auch für Spanien ein Verbot forderten, sehen sich durch das Verbot bestätigt. «Der Genmais macht die Menschen zu Versuchskaninchen; denn wir wissen nicht, welche Auswirkungen das Gen haben kann», betonte der Dachverband Ecologistas en Acción. Auch die Verbraucherverbände sprachen sich dafür aus, dem Beispiel der Deutschen zu folgen. Zuvor hatten bereits Frankreich, Griechenland, Österreich, Ungarn und Luxemburg den Anbau von Genmais verboten.

Die spanische Regierung sieht dagegen keinen Grund, von ihrer Politik abzugehen. In Deutschland sei die Plage des Maiszünslers nicht so schlimm wie in Spanien, sagte Agrarstaatssekretär Josep Puxeu der Zeitung «El País». «Wir dürfen die Errungenschaften der Biotechnologie nicht verteufeln. Es werden viele Lebensmittel mit Hilfe von gentechnisch veränderten Produkten hergestellt.»

Die biotechnologische Industrie hat zudem eine Fürsprecherin im Kabinett von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero: Die Biologin Cristina Garmendia ist seit einem Jahr Ministerin für Wissenschaft und Innovation. Sie hatte zuvor ein Bio-Forschungsinstitut der Industrie geleitet. «Bisher hat man keine schädlichen Auswirkungen für die Menschen oder die Umwelt beobachtet, die auf gentechnisch veränderte Produkte zurückgeführt werden könnten», betonte die Ministerin kürzlich.

Eine Sonderrolle in Spanien spielt die Ferieninsel Mallorca. Dort hatte das Regionalparlament gefordert, die Balearen sollten den Anbau von Gentechnik-Produkten von der Inselgruppe verbannen. Allerdings dürfen die Inseln beim Genmais nicht von sich aus auf die deutsche Linie einschwenken. In dieser Sache ist die Zentralregierung in Madrid zuständig. Auf Mallorca wird nach Angaben der Wochenzeitung «Mallorca Magazin» nur ein Hektar mit Genmais bebaut.

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