HINTERGRUND: Spanien bremst Wachstum der Solarindustrie

08.10.2008 - Madrid für Deutsche 

Die spanische Regierung hat die Förderung für photovoltaisch erzeugte Energie neu geregelt. Die Einspeisevergütung für Solarstrom sinkt geringer als bisher erwartet um ca. 30 Prozent auf 34 Cent pro Kilowattstunde (kWh) bei Dachanlagen und 32 Cent/kWh bei Bodenanlagen. Die maximale Leistung von Dachanlagen ist zukünftig auf zwei Megawatt (MW), die von Bodenanlagen auf 10 MW begrenzt. 

Die gesamte Vergabeleistung wird für ganz Spanien pro Jahr auf 267 MW für Dachanlagen und auf 133 MW für Bodenanlagen gedeckelt. Für die Jahre 2009 und 2010 wurden im Rahmen einer Übergangsregelung zusätzliche 100 MW bzw. 60 MW für Bodenanlagen freigegeben. Grundlage der Neuregelung bildet das am 28.09.2008 in Kraft getretene Königliche Dekret 1578/2008, welches die bis zum 29.09.2008 geltenden Grundlagen der Einspeisevergütung des Königlichen Dekrets 661/2007 ersetzt. 

„Das neue Gesetz führt zu wesentlichen Änderungen für die Solarindustrie in Spanien“ erklärt Rechtsanwalt Georg Abegg von der internationalen Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner in Madrid. „Investoren, die sich auf das Geschäft mit Großanlagen spezialisiert haben, müssen strategisch umdenken. Dies betrifft vor allem auch die Solarindustrie aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die hier in Spanien sehr erfolgreich tätig ist.“ Durch das neue Gesetz werde der Solarboom in Spanien zwar gebremst, effiziente Betreiber könnten aber profitieren. „Auch mit den neuen Einspeisetarifen ist in Spanien der rentable Betrieb von Solaranlagen möglich“, so Abegg.

Zur Absenkung der Einspeisevergütung kommen neue bürokratische Hürden, insbesondere das mit dem Dekret eingeführte Register der Energieproduzenten, in das jedes Projekt eingetragen werden muss, um den entsprechenden Vergütungstarif zugewiesen zu bekommen. Um die Aufsplittung in Einzelanlagen zur Umgehung der vorgegebenen Leistungshöchstgrenze zu verhindern, werden Projekte mit derselben Katasterreferenz als eine einzige Anlage oder ein einziges Projekt angesehen.

Die Vergütungstarife werden zukünftig entsprechend der Entwicklung der beantragten Vergabeleistung erhöht oder reduziert. Werden in einer Vergaberunde sämtliche Vergabekapazitäten ausgeschöpft, reduziert sich der Tarif in der nächsten Vergaberunde, während umgekehrt bei Freibleiben von Vergabeleistung der Tarif in der nächsten Vergaberunde entsprechend angehoben wird. „Solarprojekte sind grundsätzlich langfristig angelegt. Zukünftig hängt die Rentabilität der Projekte noch stärker von der Fähigkeit der Projektbetreiber ab, ihre Kosten zu reduzieren“, hebt Abegg hervor.

Die jährlich zu vergebende Leistungskapazität wird in Vergaberunden
aufgeteilt. Die Reihenfolge der Kapazitätszuweisung innerhalb einer Vergaberunde richtet sich nach dem Datum der mit dem Antrag einzureichenden Dokumente. Anträge, die in der jeweiligen Vergaberunde keine Leistung mehr zugewiesen bekommen, da das Kapazitätskontingent erschöpft ist, rutschen automatisch in die nächste Vergaberunde.

Das Antragsverfahren wird nach Ansicht von Rechtsanwalt Abegg die Finanzierung von Solarprojekten in Spanien erschweren. „Das komplexe Vergabeverfahren führt zur Unsicherheit des Projektbeginns und des anwendbaren Vergütungstarifes, weil nicht sicher ist, in welcher Vergaberunde beantragte Projekte realisiert werden können. Wird ein Projekt in die darauffolgende Vergaberunde verschoben, muss der Investor unter Umständen die Finanzierung neu verhandeln“, so Abegg.

Die maximale Vergabeleistung im ersten Jahr beträgt für Dachanlagen 267 MW, wovon 90 Prozent auf Anlagen mit mehr als 20 kWh und 10 Prozent auf Anlagen mit weniger als 20 kWh entfallen. Für Bodenanlagen sind maximal 133 MW vorgesehen. Ab dem zweiten Jahr und in den Folgejahren wird die Leistungskapazität der vorangegangenen Vergaberunden um denselben Gesamtprozentsatz erhöht oder reduziert, um welchen sich der Vergütungstarif  im vorangehenden Jahr entsprechend erhöht oder reduziert hat. Für die Jahre 2009 und 2010 enthält das neue Königliche Dekret zudem eine Übergangsbestimmung, nach der für Bodenanlagen ein außerordentliche zusätzliche Vergabeleistung von 100 MW in 2009 und 60 MW in 2010 festgesetzt wird.

Wird in einer Vergaberunde die Vergabeleistung eines Anlagentyps nicht vollständig aufgebraucht, wird die verbleibende Leistung automatisch für die olgende Vergaberunde dem jeweils anderen Anlagentyp zugeschrieben. Bleiben in einer Vergaberunde bezüglich beider Anlagentypen Leistungskapazitäten frei, wird die verbleibende Leistung in der folgenden Vergaberunde den eweils gleichen Anlagentypen zugerechnet.

Nach Eintragung verfügt der Antragssteller über einen Zeitraum von maximal
 zwölf Monaten, welcher in Ausnahmefällen um vier Monate verlängert werden kann, um die endgültige Eintragung im Register (RIPRE) zu erlangen. Andernfalls wird der Antrag zur Vergütungszuweisung gelöscht. Die spanische Regierung begründet die Maßnahmen zur Reduzierung der Einspeisevergütung sowie die Begrenzung der Anlagengröße und maximalen Leistungsvergabe mit dem Ziel, die bisher rasante Entwicklung der Photovoltaik zu bremsen und besser kontrollieren zu können und gleichzeitig die Forschung und Entwicklung zu fördern. „Photo­voltaikprojekte in Spanien sind auch nach der gesetzlichen Neuregelung der Einspeisevergütung noch rentabel durchzuführen“, betont Abegg. „Zukünftig haben aber nur noch die Investoren gute Erfolgschancen, die Projekte frühzeitig beantragen und die geforderten Unterlagen vollständig einreichen.“

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