HINTERGRUND: Langer Atem notwendig

03.03.2009 - Stefanie Kremer - www.capital.de 

Marbella steht in großen Lettern auf dem weißen Brücken-Bogen, der über die ständig im Umbau befindliche N-340 führt - eine häßliche Schnellstraße mit bunten Werbeschildern, kleinen Immobilienmaklern, Kleidergeschäften und Wohnblocks rechts und links. Man hat das Gefühl, auf einem amerikanischen Highway zu fahren, der mitten durch die Stadt, in diesem Fall auch noch am Meer vorbeiführt - allerdings nur halb so breit und deswegen ständig blockiert ist.

Im fast ständigen Stau spürt man hier nichts von Spaniens größtem Jetset-Ort, der soviel Geld aus Großbritannien, Skandinavien, Deutschland und Russland anzieht. Richtig schön wird die über 100 000 Einwohner große Stadt erst im Hinterland, in den grünen Bergen, wo nicht alles zugebaut ist und wo man von oben aufs blaue Meer herunter schaut, über die vielen 80er Jahre Hochbauten und die häßlich Schnellstraße hinweg.

Obwohl es hier eigentlich viel schöner ist als unten direkt am Meer, purzeln in diesen geschmackvollen Reihenhaus- und Appartment-Siedlungen die Preise, weil in den vergangenen Jahren zuviele Komplexe dieser Art mit angeschlossenem Golfplatz gebaut wurden und die Spanier, die inzwischen mit den Russen und Briten zu den stärksten Käufern an der Costa del Sol gehören, immer noch den Fußweg zum Strand bevorzugen. „Wir mieten derzeit ein Haus für 650 Euro im Monat, was vorher im Sommer 3000 Euro gekostet hat”, berichtet der marokkanische Einwanderer Mustafa Laroussi.

Seine vierköpfige Familie hätte sich das große Reihenhaus in der Hinterland-Siedlung Monte Biarritz niemals leisten können, wäre Spanien nicht in die schlimmste Wohnungskrise der Geschichte gestürzt und Marbella durch Korruptionsskandale so in Verruf geraten, dass der Tourismus hier stark zurückgegangen ist. Die britische Besitzerin des Hauses, sei froh gewesen, dass sie ihre Immobilie, mitten in einem schönen Garten und Schwimmbadkomplex gelegen, überhaupt noch los geworden sei. Laroussi reibt sich die Hände: „Wir haben das Gefühl, wir leben in einem Paradies.” Da ist bei einem Gehalt sogar noch ein neues Auto drin.

Die Costa del Sol und gerade Marbella leiden bereits seit vier Jahren unter der durch Spekulation und starker Geldwäsche Anfang 2000 ausgelösten spanischen Immobilienkrise. Diese hat auf Mieten und Kaufpreise gedrückt, schon lange bevor man anderswo von Krise sprach. „Korruption, Schmiereien im Bauamt und Geldwäsche haben das Image dieses Küstenabschnitts kaputt gemacht, wir sind erst langsam dabei, dieses wieder aufzubauen”, sagt Arturo Pérez, Partner einer der größten Kanzleien der Region, Martinez-Echevarria, Pérez, Ferrero.
Auch wenn das Licht der Costa del Sol, das milde Klima, die Palmen, die einmalige Vegetation und die Berge die Touristen immer noch bestechen, so ist die Nachfrage nach Ferienhäusern hier deutlich zurückgegangen. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis liegt derzeit nach Angaben des Maklerbüros DM Properties bei 2556 Euro. Vorher pendelte er um die 3000 Euro. Die wegbleibenden Touristen haben auch die Lebenskosten gedrückt. Ein Kaffee kostet auf den Strandterrassen von Marbella ein Euro, eine Cola 1,50 Euro. In Madrid muss man mit doppelt soviel rechnen.

Bei den hochwertigen Immobilien ist der Preisnachlass jedoch geringer, Schnäppchen sind hier noch nicht zu machen, hier sind Quadratmeterpreise von 5000 Euro immer noch an der Tagesordnung. „Luxuswohnungen direkt am Meer kosten immer noch sehr viel Geld, weil es sie kaum gibt. Bei den kleineren Appartements in mittleren Lagen, wozu auch das Hinterland gehört, sind allerdings schon richtig gute Schnäppchen zu machen, dort sind die Preise erheblich zurückgegangen”, sagt Inge Wulff vom Maklerbüro Engel & Völkers. Nachrichten von abgerissenen und enteigneten Häuser haben gerade in diesem mittleren Segment die ausländischen Interessenten verschreckt. „Es entsteht der Eindruck, dass es keine rechtliche Sicherheit mehr gibt in Spanien”, muss auch der deutsche Wirtschaftsrechtsanwalt Karl Lincke eingestehen.

Dazu trägt auch die plötzliche Umsetzung des Küstengesetzes aus dem Jahr 1988 bei, nach dem dort nicht gebaut werden kann, wohin das Wasser bei Unwetter theoretisch reichen kann. In urbanen Gegenden sind das normalweise 20 Meter, auf dem Land 100 Meter von der Wasserlinie entfernt. Früher verstießen viele Bauten gegen das Gesetz und wurden von den Gemeinden dennoch zugelassen, teilweise schmierten Bauträger die Lokalpolitiker, um ihre Pläne von Massenomplexen durchzusetzen. Vor allem der ausländische Ferienhauskäufer glaubte, dass alles in Ordnung sei, wenn er die notwendigen Papiere in der Hand hatte. Jetzt heißt es auf einmal, dass ihr Haus illegal sei. 300 000 Immobilienbesitzer sind von der plötzlichen Umsetzung des Küstengesetzes durch den spanischen Staat und der rückwirkenden Illegalisierung ihres Zweitwohnsitzes betroffen.

Aber das ist nicht das einzige Rechts-Chaos auf dem spanischen Wohnungsmarkt. An der Costa del Sol wurde zudem konstant gegen die seit 1986 bestehende regionale Bauordnung verstossen. Vor allem in Zeiten des korrupten Bürgermeisters Jesús Gil y Gil. Es entstanden Tausende von Immobilien, die eigentlich an der Stelle von im Bebauungsplan vorgesehenen Krankenhäusern, Schulen oder Parks standen. Erst in den vergangenen Jahren störte sich die Zentralregierung an dieser Vergehensweise und fordert Konsequenzen. In San Pedro, einem Stadtteil von Marbella, wurde gerade der Bau einer kompletten Siedlung gestoppt, weil dort teilweise zu hoch gebaut wurde und am falschen Platz. Damit Investoren, die bei dem Projekt vom Plan gekauft haben, ihr Geld wieder kriegen, müssen sie teilweise Jahre warten. „Wer vom Bauträger keine Garantie bekommen hat, der geht komplett leer aus”, warnt Pérez.

Auf der anderen Seite wurden vor ein paar Monaten 18 000 Häuser in Marbella für den Legalisierungsprozess zugelassen. Sie sollen in den noch im kommenden Jahr zu verabschiedenden neuen Bauordnungsplan aufgenommen werden. „Mit welchen Kriterien man da vorgeht, bleibt schleierhaft”, sagt Carmen del Amo vom Verband der durch das Küstengesetz geschädigten Eigentümer (Plataforma Nacional de la Ley de Costas). Und gerade das sorge dafür, dass das Immobiliengeschäft weiter schleppend vorangehe, die Preise weiter sinken, obwohl Marbella mit seinem Klima und Licht weiterhin ein idealer Standort für ein Zweitwohnsitz sei.

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