Meldepflicht für Auslandsvermögen modelo 720 abschließende Klärung durch den EuGH bis Ende 2021?

18.02.2021 - Philipp Dyckerhoff, pdy@pecuniaconsult.com 

Wann wird Spanien endlich in die Schranken gewiesen?

Ein Spanier bezeichnete vor Jahren die spanische Administration einmal als „bürgerunfreundlich“. Das kann man wohl sagen, und ganz besonders gilt das für das spanische Finanzamt („Hacienda“). „Hacienda“ hat immer Recht, auch wenn „Hacienda“ nicht Recht hat! Und das passiert leider sehr häufig! Und selbst dann ist es äußerst schwierig, sein Recht gegenüber „Hacienda“ durchzusetzen. Dass die Administration eines Landes, und auch das Finanzamt, letztlich Dienstleister gegenüber dem Bürger sein sollte, hat sich in Spanien noch nicht herumgesprochen.

 

Das Modelo 720 ist ein „gutes“ Beispiel dafür. Es verstößt eindeutig gegen Grundprinzipien der EU. Die EU-Kommission ist schon seit Jahren dabei, Spanien dazu zu bewegen, das Gesetz zu ändern, insbesondere die völlig unverhältnismäßigen Strafen nach unten anzupassen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) beschäftigt sich nun endlich mit dem Thema. Im besten Falle wird bis Ende des Jahres mit einer Entscheidung gerechnet. 2020 ist nun schon das achte Jahr, für das das modelo 720 gemacht werden muss.

 

Offensichtlich hat Spanien sehr vorausschauend gehandelt (immerhin!), indem schon 2015 Gesetze dahingehend geändert wurden, es den betroffenen Bürgern zu erschweren, irgendwann in der Zukunft Schadensersatzforderungen gegen den Staat durchzusetzen. Dagegen hat die EU-Kommission am 24.6.2020 Klage vor dem EuGH eingereicht (Rechtssache C-278/20, zu finden im Amtsblatt Nr. 2020/C 271/40 der Europäischen Union vom 17. August 2020).

Damit man „auf den Geschmack kommt“, ein Auszug aus dem genannten Amtsblatt: „Die Klägerin (Anmerkung des Autors: EU Kommission) trägt vor, mit den streitigen Vorschriften sei die Regelung über die Haftung des Staates als Gesetzgeber für Verstöße gegen Unionsrecht an die Regelung angepasst worden, die für gesetzgeberische Verstöße gegen die spanische Verfassung gelte, wobei bestimmte materielle Voraussetzungen hinzugefügt worden seien.

Die Angleichung der beiden Regelungen und die damit verbundenen verfahrensrechtlichen Anforderungen führten dazu, dass die Erlangung von Schadensersatz wegen Verstößen gegen Unionsrecht, die dem spanischen Gesetzgeber anzulasten seien, nunmehr unmöglich oder übermäßig schwierig sei, was gegen den Grundsatz der Effektivität verstoße.“

Hier sind die Details zu der Klage.

 

Zur Erinnerung: Was ist „modelo 720“?

Wenn in Spanien unbeschränkt steuerpflichtige Personen in einer der drei Kategorien (1) Konten (Girokonto, Tagesgeld, etc.), (2) Wertpapiere jeglicher Art, Lebensversicherungen, Unternehmensbeteiligungen, etc. oder (3) Immobilien und Grundstücke jeweils in Summe mehr als 50.000 Euro im Ausland besitzen, dann müssen sie für die jeweilige Kategorie die Erklärung „modelo 720“ beim spanischen Finanzamt einreichen.

 

Hintergrund

Anfang 2013 wurde das entsprechende Gesetz in Spanien erlassen, mit erstmaliger Wirkung für das Steuerjahr 2012. Die Erklärung hat reinen Informationscharakter, aus ihr leitet sich keine direkte Steuerzahlungspflicht ab. Natürlich sollte man für die deklarierten Vermögenswerte im Rahmen der Einkommen- bzw. Vermögenssteuer-erklärung dann auch korrekte Angaben machen.

 

Mit dem Gesetz versuchte der spanische Staat die hohen Vermögenswerte, die insbesondere von vielen Spaniern im Ausland gehalten werden, wieder ins Land zurück zu holen bzw. die darauf anfallenden Kapitalertrags– und ggfs. auch Vermögenssteuern einzutreiben. Eine Amnestie-Regelung von November 2012 wurde damals von weniger als 10% der mutmaßlich Betroffenen genutzt – obwohl die Sanktionen erstaunlich gering waren. Um den Druck zu erhöhen, wurden beim „modelo 720“ sehr hohe Sanktionen eingebaut: insbesondere für den Fall, dass jemand gar nicht deklariert hat und „erwischt“ wird. Diese Sanktionen können dann zusammen mit den Steuernachzahlungen sogar den Wert des betroffenen Vermögens übersteigen. Auch wenn man Fehler macht bei der Erklärung oder einzelne Werte vergisst, sind unverhältnismäßig hohe Strafen vorgesehen. Dazu kommt, dass es beim „modelo 720“ keine Verjährung gibt. Auch sehr fragwürdig: Wenn jemand eine Vollmacht z.B. über die Konten seiner Eltern hat, die in Deutschland leben, muss sie/er die Erklärung abgeben, selbst dann, wenn sie/er selbst gar kein eigenes Auslandsvermögen besitzt.

 

Der Bürger ist der Dumme

Das Gesetz an sich mag ja legitim sein für einen Staat, der versucht, mehr Steuerehrlichkeit von seinen Bürgern zu erwirken. Allerdings sind die Strafen völlig unverhältnismäßig und die Art und Weise, wie der spanische Staat mit seinen Steuerpflichtigen umgeht, ist sehr fragwürdig: Das Gesetz regelt viele Details nicht eindeutig und lässt Fragen offen, die in vielen Fällen vom spanischen Finanzamt gar nicht oder nur unzureichend beantwortet worden sind. Das Gesetz lehnt sich an die steuerliche Systematik Spaniens an, dabei wurde offensichtlich vergessen, dass es sich um die Erklärung von Auslandsvermögen handelt, das häufig einer anderen Systematik unterliegt. Das Gesetz verlangt Unfehlbarkeit vom Bürger, andererseits sind Fehler bei der Erklärung vom (fehlbaren) Gesetzgeber vorprogrammiert, der Bürger muss dafür Strafe zahlen!

 

Selbst Bürger, die immer die Erträge ihres Auslandsvermögens deklariert und ihre Vermögenssteuererklärung abgeben haben – das spanische Finanzamt kannte also alle Details – müssen trotzdem das „modelo 720“ abgeben bzw. unterliegen den hohen Strafen, wenn sie es nicht tun.

 

Und was bedeutet das nun für den Einzelnen?

Es bleibt zu hoffen, dass der EuGH nun bis Ende des laufenden Jahres ein Urteil fällt, dessen Ausgang jetzt schon klar sein dürfte. Bleibt abzuwarten, bis wann das Urteil zu der oben zitierten weiteren Klage vom Juni 2020 fällt, damit man dann nicht noch weitere Jahre warten muss, bis man seine Schadensersatzforderungen durchsetzen kann.

 

Derzeit ist die Pflicht zur Deklarierung des Auslandsvermögens also weiterhin geltendes spanisches (Un-)Recht und daher sei es empfohlen, der Pflicht zur Abgabe der Erklärung auch weiterhin nachzukommen. Sollte jemand es bisher verpasst haben, das modelo 720 überhaupt abgegeben zu haben, empfiehlt es sich, es verspätet einzureichen. Wenn die Sanktionen für das verspätete Einreichen überhaupt noch umgesetzt werden, dann ist das immer noch erheblich „günstiger“ als die Sanktionen, wenn man vom Finanzamt „erwischt“ wird, weil man das modelo 720 gar nicht abgegeben hat. Die Wahrscheinlichkeit, „erwischt“ zu werden, steigt, weil durch Einführung des CRS (Common Reporting Standard, OECD) 2017 die Transparenz für die Finanzämter über die Grenzen hinweg enorm gestiegen ist.

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