Bitte mehr lachen!

29.07.2009 - Stefanie Claudia Müller - scm communication 

Lachen ist nicht seriös und seriös wollen wir ja sein, müssen wir sein, sonst könnte das Gegenüber ja denken, es sei uns nicht ernst mit dem, was wir sagen. Wir Deutsche haben anders als die Spanier ein Problem mit Leichtigkeit, verwechseln sie schnell mit Oberflächlichkeit. Es scheint, dass wir nur im Karneval locker sein können, ein Klischee, das leider viel zu oft zutrifft - vor allem im Geschäftsleben, wo nur die Fakten überzeugen.

Das teilweise harte, sehr stark auf Wettbewerb ausgerichtete Arbeitsklima, hält übrigens auch viele ausländische Talente zurück, nach Deutschland zu kommen bzw. macht einen Wechsel dorthin oft nicht einfach, auch wenn die Gehälter meist besser sind. Als zum Beispiel Eduardo Montes von Siemens Spanien nach Siemens München versetzt wurde, ließ er wissen: "Na, ja - es wäre schon gut, wenn die Deutschen auch mal erkennen würden, dass man bei der Arbeit ruhig sozial sein darf, über Privates reden kann, ohne gleich als unseriös abgestempelt zu werden. Im Gegenteil, ich glaube, dass etwas Leichtigkeit am Arbeitplatz die Produktivität fördert."

Wie eine Umfrage der Ludwig-Maximilians-Universität in München schon vor ein paar Jahren unter knapp 300 Führungskräften ergab, spielt Humor beim deutschen Management jedoch keine große Rolle. Damit einher geht auch, dass Selbstkritik, Kreativität oder Mut keine Eigenschaften sind, die die Befragten für besonders wichtig halten. Tüchtigkeit und Bescheidenheit dagegen werden als sehr wertvolle Tugenden angesehen. Während die Holländer locker und flockig verhandeln können, ihren Partner mit Charme umgarnen, ohne dabei ihr Anliegen aus den Augen zu verlieren, versuchen deutsche Manager, lieber mit viel Zahlen, sauberen Grafiken und logischen Argumenten zu überzeugen – die Unterlagen immer unterm Arm. Will uns jemand etwas verkaufen, geben wir uns super kritisch, um nicht den Eindruck zu erwecken, wir ließen uns übers Ohr hauen. Kein Wunder, dass deutsche Manager als arrogant gelten.

Die Zeiten sind ernst, das findet auch der deutsche Management-Autor Reinhard K. Sprenger, „aber doch nicht so, dass wir nicht mehr lachen können.“ Im Gegenteil Lachen mache locker und lockere Menschen überzeugen nun mal mehr als steife, die schnell als verklemmt und unsicher abgestempelt werden. Lachen sei gewinnend. Dennoch fühle sich der deutsche Chef von einem lachenden Untergebenen gleich ausgelacht, statt sich einfach mitzufreuen, sagt Sprenger.

Aber es scheint, dass die deutsche Wirtschaft, das Lachen jetzt von Grund auf lernt. Denn es gibt inzwischen Studien darüber, dass Lachen Leistung fördert und das überzeugt dann auch die Führungsriege. Lachforscher Michael Titze: „Humor hilft Konfliktsituationen zu lösen und Stress abzubauen: Lachen ist ein Schmiermittel.“ Sturer Ernst dagegen verursache Bitterkeit, Neid und Übereifer. Lachende Menschen gelten nicht nur als sympathisch, sondern auch als kompetent. Der humorvolle Chef erreicht bei seinen Mitarbeitern viel mehr als der autoritäre. Immer mehr deutsche Unternehmen lassen sich von diesen Fakten überzeugen, engagieren Lachtrainer, die der Belegschaft beibringen, locker zu sein.

Kodak richtete Humorräume für den Pausenaufenthalt ein. Mitarbeiter können sich hier mit Cartoons, witzigen Filmen und Geschichten beschäftigen, um anschließend kreativer an die Arbeit zu gehen. Andere engagieren Schauspieler, die die Mitarbeiter zum Lachen bringen, auch Clowns haben wieder Konjunktur.

Aber ich denke, wir Deutschen sind da mal wieder auf dem falschen Weg. Lachen kann man nicht lernen, lachen ist eine Lebenseinstellung. Und vielleicht sollten wir die einfach mal ein bisschen ändern. Positiver denken, nicht alles kaputt reden, nach vorne schauen und Mut haben. Die Spanier leben es uns in einem fast anderen Extrem jeden Tag die  "Leichtigkeit des Seins" vor. So "kopflos" brauchen wir vielleicht nicht bei der Arbeit zu sein, aber etwas beschwingter...Gerade heute stand in der Zeitung "Negocios", dass Deutschland die Krise bis jetzt gut gemeistert hat und es zumindest in der Heimat wieder aufwärts geht. In Spanien, für viele von uns die Wahlheimat, ist das noch nicht der Fall. Aber trotzdem: einfach mal alles vergessen und von Herzen lachen – im besten Fall mit unserem Chef, wenn der nicht dazu aufgelegt ist, dann zumindest mit unseren Kollegen, beim gemeinsamen Frühstück in der Bar um die Ecke.

Kommentare (2) :

Kommentar von kati 29.07.2009

Kommentar von Esteban 30.07.2009

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