Meldepflicht für Auslandsvermögen („modelo 720“) – es scheint sich endlich etwas zu bewegen

10.02.2020 - Philipp Dyckerhoff, pdy@pecuniaconsult.com 

Was war nochmal das „modelo 720“?

Wenn in Spanien steuerpflichtige Personen in einer der drei Kategorien (1) Konten (Girokonto, Tagesgeld, etc.), (2) Wertpapiere jeglicher Art, Lebensversicherungen, Unternehmensbeteiligungen, etc. oder (3) Immobilien und Grundstücke jeweils in Summe mehr als 50.000 Euro im Ausland besitze, dann müssen sie für diese Kategorie die Erklärung „modelo 720“ beim spanischen Finanzamt einreichen.

 

Hintergrund

Anfang 2013 wurde das entsprechende Gesetz in Spanien erlassen, mit erstmaliger Wirkung für das Steuerjahr 2012. Die Erklärung hat reinen Informationscharakter, aus ihr leitet sich keine direkte Steuerzahlungspflicht ab. Natürlich sollte man für diedeklarierten Vermögenswerte im Rahmen der Einkommen- bzw. Vermögenssteuererklärung dann auch korrekte Angaben machen.

Mit dem Gesetz versuchte der spanische Staat die hohen Vermögenswerte, die insbesondere von vielen Spaniern im Ausland gehalten werden, wieder ins Land zurückzuholen bzw. die darauf anfallenden Kapitalertrags– und ggfs. auch Vermögenssteuern einzutreiben. Eine Amnestie-Regelung von November 2012 wurde damals von weniger als 10% der mutmaßlich Betroffenen genutzt – obwohl die Sanktionen erstaunlich gering waren. Um den Druck zu erhöhen, wurden beim „modelo 720“ sehr hohe Sanktionen eingebaut: insbesondere für den Fall, dass jemand gar nicht deklariert hat und „erwischt“ wird. Diese Sanktionen können dann zusammen mit den Steuernachzahlungen sogar den Wert des betroffenen Vermögens weit übersteigen. Auch wenn man Fehler macht bei der Erklärung oder einzelne Werte vergisst, sind unverhältnismäßig hohe Strafen vorgesehen. Dazu kommt, dass es beim „modelo 720“ keine Verjährung gibt. Auch sehr fragwürdig: Wenn jemand eine Vollmacht z.B. über die Konten seiner Eltern hat, die in Deutschland leben, muss sie/er die Erklärung abgeben, selbst dann, wenn sie/er selbst gar kein eigenes Auslandsvermögen besitzt.

 

Der Bürger ist der Dumme

Das Gesetz an sich mag ja legitim sein für einen Staat, der versucht, mehr Steuerehrlichkeit von seinen Bürgern zu erwirken. Allerdings sind die Strafen völlig unverhältnismäßig und die Art und Weise, wie der spanische Staat mit seinen Steuerpflichtigen umgeht, ist sehr fragwürdig: Das Gesetz regelt viele Details nicht eindeutig und lässt Fragen offen, die in vielen Fällen vom spanischen Finanzamt gar nicht oder nur unzureichend beantwortet worden sind. Das Gesetz lehnt sich an die steuerliche Systematik Spaniens an, dabei wurde offensichtlich vergessen, dass es sich um die Erklärung von Auslandsvermögen handelt, das häufig einer anderen Systematik unterliegt. Das Gesetz verlangt also Unfehlbarkeit vom Bürger, andererseits sind Fehlerbei der Erklärung vom (fehlbaren) Gesetzgeber vorprogrammiert, der Bürger muss dafür Strafe zahlen!

Selbst Bürger, die immer brav die Erträge ihr Auslandsvermögens deklariert und ihre Vermögenssteuererklärung abgeben haben – das spanische Finanzamt kannte also alle Details – müssen trotzdem das „modelo 720“ abgeben bzw. unterliegen den hohen Strafen, wenn sie es nicht tun.

 

Endlich tut sich etwas

Gegen das Gesetz wurden recht bald nach Inkrafttreten verschiedene Anzeigen vor der Europäischen Kommission gemacht. Die Kommission hat im November 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien eröffnet, weil sie die Meinung vertritt,dass u.a. die sehr hohen Strafen gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen. Spanien hatte daraufhin nicht reagiert. Im Februar 2017 hatte die Kommission Spanien aufgefordert, seine Vorschriften innerhalb von zwei Monaten anzupassen. Nichts passierte – außer, dass Spanien offensichtlich seit Herbst 2018 darüber nachdachte, auch Krypto-Währungen in das modelo 720 mit aufzunehmen. Im Juni 2019 verlor die EU Kommission die Geduld mit Spanien, dessen wechselnde Regierungen immer wieder falsche Versprechungen zum „modelo 720“ gemacht hatten.

Nun also ist endlich klar, dass sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) damit beschäftigen wird. Schade, dass es immer wieder erst soweit kommen muss – mit ein bisschen mehr gesunden Menschenverstandes wäre es doch einfach gewesen, den eigenen Bürgern das Leben zu vereinfachen. Es sei daran erinnert, dass die spanische Regierung die auch gegen EU-Recht verstoßenden früheren Regeln der Schenkungs- und Erbschaftsteuer für Auslandsfälle auch erst 2015 nach der Verurteilung durch den EuGH geändert hat.

Letztlich ist das Gesetz durch die Umsetzung von CRS (Common Reporting Standard,OECD) seit 2017 sowieso überflüssig geworden, da durch diesen internationalen Informationsaustausch die jeweiligen Finanzämter ja mit den ausländischen Finanzdaten ihrer Bürger versorgt werden. Vorteil des „modelo 720“ ist natürlich, dass der Bürger dem spanischen Finanzamt seine Daten über das Internet in einem Format liefert, das dieses ohne eigenen Aufwand weiterverwenden kann. Ein Geschicktes „Outsourcing“ der Arbeit seitens des spanischen Finanzamtes.

 

Und was bedeutet das nun für den Einzelnen?

Bis der EuGH ein Urteil gefällt hat, können noch Jahre vergehen - obwohl dessen Ausgang eigentlich jetzt schon klar ist. Der Autor fragt sich, warum es für solche Fälle in der EU keine einstweilige Verfügung gibt, wodurch man als Betroffener ja vorläufigen Rechtsschutz erhalten würde. Wie es scheint, sind die Verantwortlichen in Spaniens Regierung(en) überhaupt nicht bereit, ihre eigenen Fehler zu korrigieren. Wollen sie durch ein solches Verhalten einen Gesichtsverlust vermeiden? Es bleibt für sie zu hoffen, dass ihr Stolz sie so blind macht, dass sie gar nichts mehr sehen, wenn das Urteil des EuGH gefällt wird. Derzeit ist die Pflicht zur Deklarierung des Auslandsvermögens also weiterhin geltendes spanisches (Un-)Recht und daher sei es empfohlen, der Pflicht zur Abgabe der Erklärung auch jetzt noch nachzukommen.

Kommentare (0) :

Artikel kommentieren
Artikel-Archiv
  • 14.02.2022 [Kommentare: 0]

    Meldepflicht für Auslandsvermögen („modelo 720“): Der EuGH hat endlich ein Urteil gesprochen

    Mit Urteil vom 27. Januar 2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun endlich bestätigt, dass das Modelo 720 in vielen Details nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Das war vielen Betroffenen aufgrund der absurd hohen Strafen, die mit dem Modelo 720 verbunden waren, schon längst klar und man muss sich wirklich wundern, dass eine Entscheid.. Artikel weiterlesen

  • 13.10.2021 [Kommentare: 0]

    Deutsche Rentner in Spanien – auf dem Radar der Agencia Tributaria

    Ich habe in letzter Zeit vermehrt Anfragen von deutschen Rentnern, die mehr oder weniger dauerhaft in Spanien leben, und Post von der Agencia Tributaria (= spanisches Finanzamt) bekommen haben.Worum geht es da? Meist hat das spanische Finanzamt von Deutschland mitgeteilt bekommen, dass eine Rente nach Spanien gezahlt wurde. Damit .. Artikel weiterlesen

  • 18.02.2021 [Kommentare: 0]

    Meldepflicht für Auslandsvermögen modelo 720 abschließende Klärung durch den EuGH bis Ende 2021?

    Wann wird Spanien endlich in die Schranken gewiesen? Ein Spanier bezeichnete vor Jahren die spanische Administration einmal als „bürgerunfreundlich“. Das kann man wohl sagen, und ganz besonders gilt das für das spanische Finanzamt („Hacienda“). „Hacienda“ hat immer Recht, auch wenn „Hacienda“ nicht Recht hat! Und das passiert leider sehr.. Artikel weiterlesen

  • 03.02.2021 [Kommentare: 0]

    Geht so Europa? Offener Brief an das BMF

    Sehr geehrte Damen und Herren, seit gut 15 Jahren unterstütze ich Deutsche in Spanien und Spanier in Deutschland bei Themen, die mit ihrem Leben „zwischen“ Deutschland und Spanien zu tun haben. Ich selbst habe über 20 Jahre im Ausland gelebt, davon viele Jahre in unterschiedlichen Ländern der EU. Daher verfolge ich auch immer wieder .. Artikel weiterlesen

  • 23.05.2019 [Kommentare: 0]

    Wie bekommt man als Ausländer seinen Borrador auf der Webseite des spanischen Finanzamtes?

    Am 30. Juni ist wieder die Abgabefrist für die Einkommenssteuererklärung in Spanien. Aufschub, wie man ihn aus Deutschland kennt, bekommt man beim spanischen Finanzamt gar nicht – es handelt sich also um einen festen Termin!Um auf den "borrador", also den Entwurf der Steuererklärung, im Internet zugreifen zu können, gibt es.. Artikel weiterlesen

  • 06.03.2019 [Kommentare: 1]

    Meldepflicht für Auslandsvermögen – das modelo 720 gilt vorerst weiterhin (fast) unverändert

    Alle in Spanien unbeschränkt Steuerpflichtigen (= gewöhnlicher Aufenthalt in Spanien) sollten auch dieses Jahr wieder prüfen, ob sie der Meldepflicht für Auslandsvermögen nachkommen und ihre Vermögenswerte im Ausland in einer gesonderten Steuererklärung (modelo 720) deklarieren müssen. Die Frist für das Jahr 2018 endet am 1. April 2019.. Artikel weiterlesen

  • 04.12.2018 [Kommentare: 0]

    Hintergründe zum Meldegesetz

    Das Thema Anmeldung in Deutschland beschäftigt viele Deutsche, die in Spanien ihren Wohnsitz haben. Viele der Spanien-Deutschen haben sich in Deutschland nie abgemeldet. Was ist richtig, was sind die Konsequenzen, wenn man sich nicht an die Regeln hält? Vor mittlerweile drei Jahren ist in Deutschland ein neues Meldegesetz in Kraft getret.. Artikel weiterlesen

  • 19.09.2018 [Kommentare: 0]

    Die Superreichen in Spanien - in Ziffern

    Die Zahl der Superreichen in Spanien, die ein Vermögen von mehr als 30 Millionen Euro besitzen und Vermögenssteuer zahlen, hat sich in der Zeit zwischen 2006-2016 fast verdreifacht, von 200 auf 579. Das zeigen die letzten Daten des Finanzamts – der Agencia Tributaria. Im letzten Jahr (2016/2017) ist diese Zahl sogar um 5,4% gestiegen, von.. Artikel weiterlesen

  • 13.08.2018 [Kommentare: 1]

    Besteuerung von gesetzlichen Renten zwischen Spanien und Deutschland

    Das (auch schon nicht mehr ganz) neue Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und Spanien, das am 18.10.2012 in Kraft getreten ist, regelt im Artikel 17 die Besteuerung von Ruhegehältern und Renten. Im Gegensatz zum alten DBA von 1968, in dem das Besteuerungsrecht von gesetzlichen Renten einzig und alleine beim Wohnsitzstaa.. Artikel weiterlesen

  • 11.05.2018 [Kommentare: 2]

    Reiche Spanier und arme Deutsche?!

    Viele Deutsche machen Urlaub in Spanien. Daraus wird schnell das Vorurteil des „reichen“ deutschen Urlaubers und des „armen“ spanischen Gastgebers abgeleitet. Das dies aber nicht der Wahrheit entspricht belegen folgende Studien: Nach einer von der Europäischen Zentralbank (EZB) im Jahre 2013 durchgeführten Studie besitzen Spanier ein.. Artikel weiterlesen