TIPP: Eduardo Mendozas „Katzenkrieg“

14.09.2012 - Costa Nachrichten 

Vor vielen Jahren entführte uns Eduardo Mendoza in „Die Stadt der Wunder“ in das brodelnde Barcelona des Fin de Siècle, das er zum Schauplatz des sagenhaften Aufstiegs seines Helden Onofre Bouvila machte. Seine katalanische Heimatstadt ließ Mendoza auch später nicht los.

„Eine leichte Komödie“ etwa siedelte der spanische Romancier in den 40er Jahren der Metropole im intriganten Schauspielermilieu an, „Mauricios Wahl“ im katalanischen Parteiengestrüpp der Nach-Franco-Zeit. Dagegen spielt „Katzenkrieg“, Mendozas neuester Roman, nun durchgehend in Madrid.

Im Jahr 1936 ist die Stadt im Aufruhr. Die Republik liegt in den letzten Zügen. Sie wird gleichzeitig von Militärs, Kommunisten und Faschisten beziehungsweise Falangisten umzingelt. Ein Putsch liegt in der Luft. In dieser angespannten Atmosphäre taucht ein englischer Kunsthistoriker in der Hauptstadt auf. Die Niederungen spanischer Politik sind dem unbedarften Anthony Whitelands herzlich egal. Ihn interessiert einzig und allein die Kunst, speziell die Malerei von Diego Velázquez.

Genau deshalb ist er nach Madrid gerufen worden. Er soll die Echtheit eines Venusbildes des Duque de la Igualada prüfen. Ist es tatsächlich ein Velázquez? Whitelands glaubt es. Während er schon einen großen Kunstcoup wittert, der seine angeschlagene wissenschaftliche Reputation retten könnte, gerät er unversehens in ein Abenteuer, das er in keiner Weise durchschaut.

Whitelands wird nicht nur zum Spielball des sinistren Herzogs von Igualada und seiner frivolen Töchter, er sieht sich auch in politische Intrigen verwickelt. Ungewollt macht er Bekanntschaft mit den Falangisten, der spanischen Polizei und dem britischen Geheimdienst. Das Velázquez-Bild, das der englische Kunsthistoriker begutachten soll, scheint für sehr viele Menschen von großer Bedeutung zu sein. Tatsächlich ist es explosiver politischer Sprengstoff. Zum Ruhm Whitelands wird dieses Bild jedenfalls nicht beitragen.

„Katzenkrieg“ fängt die hoch nervöse, fragile Atmosphäre in diesem Schlüsseljahr spanischer Geschichte gut ein. Der Roman spielt wenige Monate vor dem Putsch General Francos, der den Auftakt zu einem mehrjährigen tragischen Bürgerkrieg bildet. Mendoza mischt dabei fiktive Figuren wie Whitelands oder die Herzogfamilie mit realen historischen Personen. So tauchen in seinem Roman sowohl Franco und andere Drahtzieher des Militärs als auch der charismatische Falangistenführer José Antonio Primo de Rivera auf.

Mendoza hat aus diesen Zutaten einen höchst verwickelten Polit- und Historienroman zubereitet, bei dem der Leser angesichts der vielen Volten schon einmal die Orientierung verlieren kann. Der Autor bietet dazu im Text immer wieder erklärende historische Einschübe - die aber eher zu einem Geschichtsbuch als zu einem Roman zu passen scheinen.

Es bleibt etwas rätselhaft, warum „Katzenkrieg“ in Spanien mit dem renommierten Literaturpreis Premio Planeta ausgezeichnet wurde. Sprachlich bewegt sich das Buch auf dem Niveau eines guten historischen Romans, höher aber kaum. Der berühmte Witz Mendozas erschließt sich jedenfalls nicht so ganz. Nach „Mauricios Wahl“ hat der Autor mit Anthony Whitelands im Übrigen schon wieder eine recht farblose, fast schon mitleiderregende Figur zu seiner Hauptperson erkoren. Für den nächsten Roman wünscht man sich einen etwas überzeugenderen Anti-Helden.

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