SERIE: Spanien heute Floeck

27.07.2009 - Barcelona für Deutsche 

Wilfried Floeck: Das spanische Theater

Ein entscheidender Unterschied zum deutschen Theatersystem besteht vor allem in der Tatsache, dass die spanischen Theater – gleich, ob privat, öffentlich oder alternativ – in aller Regel keine Produktionsstätten sind. Mit Ausnahme der Madrider Compañía Nacional de Teatro Clásico, die über zwei feste Ensembles verfügt (eines für das eigene Haus und ein zweites für die Tourneen durch das Land), sowie des Barceloneser Teatre Lliure arbeiten die spanischen Theater nicht mit festen Ensembles.

Das spanische System kennt damit auch nicht das typisch deutsche Drei-Sparten-Theater (Schauspiel, Musiktheater, Tanztheater) mit fest angestelltem Ensemble und breitem Repertoire. Die großen Madrider privaten Theater wie das Alcázar, Fígaro, Infanta Isabel oder Gran Vía bestehen aus ca. einem Dutzend Mitarbeitern für Leitung, Verwaltung, Technik und Reinigung und arbeiten mit einem Jahresetat von ca. einer Million Euro.

Ein alternatives Theater wie das Triángulo setzt sich einschließlich der dreiköpfigen Leitung aus insgesamt neun Personen zusammen und verfügt über ein Jahresbudget von ca. 120.000 €. Das Centro Dramático Nacional mit seinen beiden Häusern, dem Teatro María Guerrero und dem neuen Teatro Valle-Inclán, und seinen insgesamt vier Spielstätten verfügt über 120 Techniker und 40 Mitarbeiter in der Verwaltung und kommt damit bei weitem nicht an den Personalbestand eines deutschen Stadt- oder Staatstheaters heran, die neben dem Personal für Technik und Verwaltung ein festes Schauspielensemble, einen Chor, die Mitglieder eines Orchesters und eine Tanztruppe unterhalten.

Ein deutsches Staatstheater verfügt in der Regel über mindestens 500 fest angestellte Mitarbeiter. Auch die Eigenproduktionen der deutschen Theater sind wesentlich höher. Während sie für beide Häuser des spanischen Centro Dramático Nacional zusammen bei 12–15 pro Jahr liegen, wobei für jede Produktion ein neues Ensemble aus Schauspielern zusammengestellt und engagiert werden muss, verwirklicht ein deutsches Drei-Sparten-Haus im Durchschnitt über 20 eigene Produktionen pro Jahr mit dem eigenen Ensemble.

Die spanischen privaten Theater kennen überhaupt keine
Eigenproduktionen, sondern arbeiten mit entsprechenden Produktionsgesellschaften zusammen. Auch die alternativen Theater produzieren in aller Regel nicht selbst, sondern stellen ihre Bühnen für die Produktionen fremder Theatergruppen zur Verfügung, wobei die Einnahmen in der Regel zwischen Theatergruppe und Theater geteilt werden. Nur die Sala Cuarta Pared erstellt eine eigene Produktion pro Jahr, wobei sie im Wesentlichen auf Schauspieler der eigenen angegliederten Theaterschule zurückgreift.

Die zahlreichen Provinztheater sind reine Gastspieltheater, die
vor allem aus der Red Nacional de Teatros y Auditorios bzw. dem Netzwerk der jeweiligen Comunidad Autónoma mit Stücken versorgt werden.

Lesen Sie weiter in:
Walther L. Bernecker (Hg.)
Spanien heute, Vervuert Verlag Ffm. 2008
ISBN 978-3-86527-418-2

Erhältlich bei www.ibero-americana.net

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