SERIE: Kommunikationsprobleme (Teil 3)

19.04.2010 - Stefanie Claudia Müller 

Die spanischen Medien sind sehr politisiert und auch der Einfluss der Kirche ist bei einigen Zeitungen und Radiosendern sehr groß, deswegen muss man sehr vorsichtig sein, wenn man etwas in Spanien kommunizieren möchte. „Auch scheinbar völlig unpolitische Ereignisse oder Nachrichten werden meist von den Zeitungen je nach Parteilichkeit eingeordnet und beurteilt", sagt Jose María Beneyto, Direktor del Instituto Universitario de Estudios Europeos der Madrider Universität CEU San Pablo.

Ein Unternehmen, das neu auf dem spanischen Markt ist, muss sich genau informieren über die politische Ausrichtung der Medien. „Ganz sensibel ist der Energiesektor, wo Politik eine enorme Rolle spielt. Hier muss man eine ganz vorsichtige Öffentlichkeitsarbeit betreiben”, rät Beneyto.

Aber auch die katholische Kirche über Organisationen wie Opus Dei, den Jesuiten-Orden oder die Erzbischöfliche Konferenz, die den sehr beliebten Radiosender Cope kontrolliert, übt immer noch einen enormen Einfluß auf die Gesellschaft aus, auch direkt auf die Parteien, auf die Gesetzgebung, auf die Bildung und auch auf die Wirtschaft.

Zwar geht in Spanien wie auch in vielen anderen europäischen Ländern die Zahl der praktizierenden Katholiken zurück, aber die religiöse Kultur bleibt erhalten. In vielen Bereichen ist das Land noch eine sehr konservative und geschlossene Gesellschaft. Und das hat auch eine Auswirkung auf die Wirtschaft und Kommunikation.

Wer sich auf dem spanischen Markt bekannt machen will, arbeitet am besten mit einer Agentur zusammen, die beide Seiten kennt, die deutsche Ansprüche an Kommunikation befriedigen kann, ohne die Befindlichkeiten der spanischen öffentlichen Meinung zu verletzen. Hier sei auch darauf hingewiesen, dass in Spanien wie in allen südeuropäischen Ländern, Meinungsbildung vor allem über das persönliche Gespräch stattfindet, den Austausch beim Essen. „Das Klima verlagert das Leben nach draußen, das erklärt auch, warum zum Beispiel die Internetnutzung viel niedriger als in anderen Ländern ist und auch weniger gelesen wird. Die Menschen sitzen nach der Arbeit draußen auf Terrassen, gehen mit der Familie auswärts essen. Die Wohnungen sind oft klein, das Leben spielt sich deswegen zu einem großen Teil auf der Straße ab", sagt die Madrider Kommunikations-Expertin Ingrid Schulze Schneider.

Weil die Menschen es lieben, Meinungen auszutauschen, gibt es auch im Radio und Fernsehen viele Diskussionsrunden, der ganze Vormittag ist damit gefüllt. Es wird von Politik bis über Prominente und Wirtschaft über alles gesprochen, sehr oft gehetzt und zerissen. Für ausländische Firmen ist es nicht einfach, in diese Zirkel hinein zu kommen und dort wirksam für sich zu werben. Sehr gut eignen sich Mittagessen mit Meinungsmachern oder auch das gemeinsame Frühstück in der Bar.

Auch wenn das für Nordeuropäer sehr befremdlich ist, aber entscheidende Dinge werden bei Spaniern sehr oft an sehr informellen Orten besprochen. Man sollte sich durch die Atmosphäre aber nicht irritieren lassen. Es bedeutet nicht, dass wenn man seinen Geschäftspartnern, Kunden oder einem Journalisten beim Essen gegenüber sitzt, dass deswegen eine besondere Nähe entstanden sei. Es ist einfach die normale Ebene, auf der Spanier kommunizieren. Durchorganisierte meetings oder Pressekonferenzen sind eher selten.

Bei Produkteinführungen funktioniert immer noch am besten das klassische Marketing. Spanien ist, was Werbung betrifft, sehr amerikanisiert, die Autobahnen sind zugepflastert mit Schildern, das Fernsehen völlig überladen und auch die Briefkästen sind voll mit Handzetteln. Die Menschen lassen sich durchaus noch dadurch beeinflussen, vor allem wenn das Produkt ein bestimmtes Image verspricht, wenn damit Träume verkauft werden sollen.

Denn noch immer ist die spanische Gesellschaft in einem Aufholprozess, was den Wohlstand betrifft. Deswegen sind Prestige-Produkte wie Autos, Handys und Marken-Kleidung auch in Krisenzeiten gefragt. Es wird jetzt zwar mehr auf den Preis geschaut, aber dennoch haben es klassische Discounter schwer gegen den Markentrend anzukommen. Vergleichsweise teure Kaufhäuser wie El Corte Inglés hingegen leiden zwar, aber sie erleben keine deutlichen Einbrüche.

Schein ist wichtiger in Spanien, das sollte auch bei der Verbreitung von Information nicht vergessen werden. Nicht zuletzt wählte man Florentino Pérez wieder an die Spitze von Real Madrid, obwohl er als einziger Präsident von 2003 bis 2006 keinen Titel für den Verein geholt hat. Warum?: "Er schafft Illusionen", sagen die Fans.

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