SERIE: Deutschsprachige Unternehmer in Barcelona

23.04.2010 -  

1. Was macht Ihr Unternehmen?

Openmind organisiert Kultur- und Sprachaufenthalte, bzw. – austausch zwischen Deutschland, USA, England und Spanien. Das Ziel aller Programme ist die Horizonterweiterung und ein wirkliches Kennenlernen der eigenen sowie der fremden Kultur und Sprache. Wir bieten beispielsweise Schulaufenthalte für Jugendliche an sowie kürzere Sprachprogramme, bei denen Amerikaner in einer spanischen Familie leben und dieser englischen Konversationsunterricht geben.


2. Wie entstand Ihre Unternehmensidee?

In Berlin hatte ich 5 Jahre in einer größeren Firma im Bereich Schüleraustausch gearbeitet. Ich war für die Vorbereitung der Teilnehmer (und vor allem der nervösen Eltern!) zuständig, die für ein Schuljahr nach Südeuropa und Lateinamerika gegangen sind. Nach 5 Jahren hatte ich Lust die „andere Seite“ kennenzulernen und näher am eigentlichen Programm zu sein, also bei den Schülern, den Familien, dem wirklichen Kulturaustausch. Ich begann zunächst als Angestellte, dachte mir aber schnell...du lebst als Deutsche in Spanien und kennst beide Kulturen, warum versuchst du es nicht auf eigene Faust? Dann habe ich mich ins kalte Wasser geschmissen und Openmind gegründet.

3. Warum in Katalonien?

Ich hatte als Studentin mehrere Monate in Barcelona verbracht und mir gefiel die Stadt unheimlich gut. Ich hatte meine Freundschaften gepflegt und musste hier nicht ganz bei Null anfangen. Ausserdem kann ich als Münchenerin nicht auf die nahegelegenen Berge verzichten.

4. Was war für Sie das größte Problem am Anfang?

Das alles alleine zu stemmen, die vielen Abhängigkeiten von anderen Personen und das unaufhörliche Hinterherrennen, um Antworten zu bekommen. Ebenso war und ist es eine große Herausforderung, die richtigen Leute zu finden. Noch immer bin ich auf der Suche nach guten Mitarbeitern, mit denen ich auf Dauer das Kernteam bilden möchte. Aber es ist sicher normal, dass man hierfür viel Zeit benötigt.

5. Sprechen Sie Katalanisch?

Ja, ein bisschen. Alles andere als fliessend, aber ich beiss mich durch und möchte bald wieder einen Kurs machen.

6. Die meisten geschäftlichen Kontakte entstehen wo?

Über ein aktives Networking. Meine Koordinatoren in Spanien habe ich auch viel über private Kontakte bekommen. Da ich ständig auf der Suche nach Koordinatoren und Unterstützung bin, ist es wichtig, immer die Augen und Ohren offen zu behalten und auch Freunde mit einzubinden.

7. Wie wirkt sich die verordnete Zweisprachigkeit auf Ihre Firma aus?

Bei der internen Kommunikation wirkt sich die Zweisprachigkeit gar nicht auf meine Firma aus. Ich arbeite mit allen Regionen Spaniens zusammen und brauche das Katalanische praktisch gar nicht. An den Teilnehmerzahlen beim Schulprogramm merke ich allerdings, dass die Zweisprachigkeit einen negativen Effekt hat. Leider kommen nach Katalonien eigentlich überhaupt keine Schüler. Ein 16-jähriger möchte eben die Weltsprache Spanisch lernen und das Interesse für das Katalanische ist begrenzt.

8. Was raten Sie jemanden, der hier eine Firma gründen will?


Geduld und Spucke, viel Durchhaltevermögen und sich stoisch an dem Ziel orientieren, das man sich gesteckt hat.

9. Welcher Unterschied zu Deutschland fällt Ihnen hier am meisten auf?

Es ist unglaublich, wie man plötzlich wieder die alten deutschen Tugenden hochhält, wenn man in einem anderen Land arbeitet. Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit sind Eigenschaften, die sicherlich in Deutschland verbreiteter sind. Auch die Lösungsorientiertheit und Effizienz sind eher bei uns zu finden. Die Spanier machen dagegen vieles mit Herz und Improvisation, was der Arbeitswelt eine gewisse Leichtigkeit gibt, die uns oft fehlt.

10. Was mögen Sie besonders an den Katalanen?


Ich habe das Gefühl, dass sich die Katalanen und Spanier generell weniger den Kopf über alles im Leben zerbrechen. Das komplette Wirtschaftssystem Spaniens steht fast vor dem Zusammenbruch und die Einzigen, mit denen ich darüber spreche, sind grübelnde Deutsche. Der Spanier bleibt einfach cool und lässt sich nur schwer die Lebensfreude nehmen. Da können wir uns eine ordentliche Scheibe abschneiden!

11. Gibt es etwas, das Sie hier stört?


Mich stört hin und wieder die ruppige Art der Spanier. Es fehlt im täglichen Miteinander manchmal das Feingefühl, ein netter Service oder ein simples Lächeln. An die mit Vollgas durch die Stadt rasenden Motorräder werde ich mich wohl auch genauso wenig gewöhnen wie an die auf die Strasse spuckenden Männer!

12. Sagen Sie uns einige deutsche Marotten, die Sie nicht ablegen können?

Den Willen, immer alles 150tig machen zu wollen und nicht mal locker lassen zu können. Einfach das „Unentspannte“ und „Überehrgeizige“ der Deutschen stelle ich an mir selber fest. Schrecklich!

13. Können Sie ein Restaurant/ Bar empfehlen?


Viñeteria del Call (Barrio Gótico), Bar Adonis (Calle Bailén), Bar Morrisson (Córsega con Girona). Divina Pasta (Calle Bailén)…

14. Haben Sie eine Hotelempfehlung?

Hotel Sagrada Familia / Calle Córsega

15. Was ist Ihr liebster Platz in Barcelona?

Plaza del Rey, Plaza Felipe Neri, Plaza Virreina

16. Was vermissen Sie aus der Heimat?

Gute bayerische Brezen...und ich hätte es selber nie geglaubt: Das gute, alte deutsche Fernsehen!


Das Gespräch führte Judith de la Vega

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