NUTZWERT: Zimmer frei im Deutschen Altenheim in Madrid

11.03.2008 - Fides Ochsenfeld 

„Berlin, Berlin…du Spree-Athen“ summt die zarte, betagte Dame vor sich hin, lächelt und zupft ihre fliederfarbene Bluse zurecht. 99 Jahre ist Margot alt und lebt bereits seit 14 Jahren – und damit von allen Bewohnerinnen die längste Zeit – im Deutschen Altenheim in Madrid. Zurzeit wohnen hier fünf Frauen, fast alle sind vor Jahrzehnten mit ihren Vätern oder Ehemännern nach Spanien gekommen – aus beruflichen Gründen. So erzählt Ina-Lotte aus Hamburg, deren Vater bei dem bekannten Logistikunternehmen Kühne und Nagel beschäftigt war, dass Madrid für ihre Familie die letzte Station einer Reihe von Wohnorten auf dem gesamten Erdball gewesen sei. Nachdem ihre Partner gestorben waren, standen die Seniorinnen, von denen fast keine mehr Verwandte hat, allein da und sind seitdem auf die Hilfe anderer angewiesen.

Diese bietet der Deutsche Hilfsverein Madrid, der bereits 1874 von in Madrid lebenden Deutschen gegründet wurde. Schwerpunkt der karitativen Einrichtung ist die Unterhaltung der Seniorenresidenz für Deutschsprachige, die nun seit 15 Jahren besteht. Seine finanziellen Mittel bezieht der Verein zum einen Teil aus Spenden von deutschen Firmen und Privatpersonen, zum anderen Teil von der Deutschen Stiftung. Diese ging vor vielen Jahren aus dem Erlös des Verkaufs des ehemaligen Deutschen Krankenhauses in Madrid (dem heutigen Hospital Ruber Internacional) an amerikanische Investoren hervor. 

Die Stiftung, deren ehrenamtliche Vorsitzende von sechs deutschen Einrichtungen in Madrid entsandt werden (Katholische Gemeinde, Evangelische Gemeinde, Deutsche Handelskammer, Deutsche Schule, Deutscher Hilfsverein und Deutscher Turn- und Sportclub), bezuschusst den zu zahlenden Monatsbeitrag der im Heim lebenden Frauen, falls dies nötig ist und stellt damit die Devise des Hilfsvereins sicher: „Niemand wird abgewiesen“. Entscheidendes Kriterium für die Aufnahme in die Residenz sei Deutschsprachigkeit beziehungsweise „ein gewisser Bezug zu Deutschland, der Schweiz oder Österreich“, betont Karl Wörmer, Vorsitzender des Hilfsvereins. Der Monatsbeitrag richtet sich nach der individuellen Bedürftigkeit und reicht von 2 250 Euro bis zu einem Höchstsatz von 3 000 Euro pro Monat; momentan werden alle Bewohnerinnen bezuschusst. Da die deutsche Pflegever-sicherung nur dann zahlt, wenn die Person zuletzt in Deutschland versichert war, erhalten die meisten Frauen, die ja seit Jahrzehnten in Spanien leben, nichts.

Die Räume der Residenz, welche der katholischen Kirche im Norden Madrids angeschlossen sind, bestechen durch eine freundliche Atmosphäre. Strahlendes Tageslicht dringt durch alle Fenster und bunte Gemälde schmücken die Wände des Aufenthaltsraums, von dem aus man einen Blick in den mit weißen Säulen und Pflanzen ausgestatteten Innenhof werfen kann. Insgesamt erinnert das Interieur eher an eine gemütliche Senioren-Wohngemeinschaft als an ein Altenheim, wie man es aus Deutschland kennt. Im behaglichen Esszimmer, dessen Mittelpunkt ein langer Tisch aus dunklem Holz bildet, bekommen die Bewohnerinnen täglich so viele warme Mahlzeiten wie sie wünschen, frisches Obst oder auch mal einen Jägermeister; „im Grunde alles, was die Damen erbitten“, sagt ein Mitarbeiter. Und so liegt die Folgerung nahe, dass von dem zum Teil biblischen Alter der Bewohnerinnen, drei von ihnen sind über 100 Jahre alt, auf die individuelle Betreuung und Pflege sowie die gute Ernährung zu schließen ist.

Angesichts eines solch positiven Eindrucks verwundert es umso mehr, dass nicht alle zehn vorhandenen Zimmer belegt sind. Dies sei vor zwei Jahren das letzte Mal der Fall gewesen, so Wörmer. Er erklärt sich dies damit, dass mehr und mehr ältere Menschen, auch die Deutschen in Madrid, nach der Devise lebten „Ins Heim – so spät wie möglich“. An den spanischen Küsten sei dies anders – hier zögen viele deutsche Senioren mit Anfang/Mitte Sechzig in Residenzen, um ihre Pensionszeit in einem angenehmen Ambiente zu genießen.

Mit diesem Positivbeispiel können die spanischen Altersresidenzen leider nicht glänzen. Hier sieht die Situation sogar sehr sehr schlimm aus. Alle zwei Monate muss hierzulande ein Altersheim wegen drastischer Mängel (im Hygiene- und Personalbereich) schließen. Zu Lasten der spanischen Senioren, denn eine Verbesserung der Situation ist erstmal nicht in Sicht, denn dieses Thema wurde gänzlich von der Wahlkampfdebatte ausgeschlossen.

Deutsches Altenheim Madrid
Avenida de Burgos 12
28036 Madrid
Tel.: 91 766 8454
Email. karl.woermer@mapri.es

Spendenkonto: 0049-6093-05 261 005 1054

Foto: Ina-Marie von Mohl

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