NUTZWERT: Die Hilfe einer Doula

14.09.2008 - Corinna Reiß 

Über Jahrtausende hinweg begleiteten Frauen, die selbst schon eigene Kinder hatten, andere Frauen bei ihren Geburten. In den letzten hundert Jahren wurde die Geburt von der häuslichen Umgebung in die Krankenhäuser verlagert und nicht immer ist eine kontinuierliche und einfühlsame Begleitung der Frauen in dieser Umgebung aus Personalmangel oder anderen Gründen möglich. Die Unterstützung bezieht sich oft nur auf die rein medizinisch-technische Begleitung und hat Kontrollcharakter.

Dabei wurde nachgewiesen, dass die kontinuierliche Anwesenheit einer Person, die sich der Gebärenden positiv zuwendet, einen großen Einfluss auf die Geburtsdauer und die Häufigkeit der Schmerzmittelgabe hat. Was die Wissenschaftler in aussagekräftigen Studien über längere Zeit nachweisen konnten, ist verlorengegangenes Wissen alter Generationen und Kulturen.

Als neuer alter Beruf begannen Frauen als Doula ihre Arbeit. Dieses altgriechische Wort leitet sich von „doulalei“ ab und bedeutet „Dienerin der Frau“. In Ländern wie England sind sie bereits ein anerkannter Teil der Geburtshilfe.

In Spanien sind wir davon noch weit entfernt. Die Geburtsbegleitung ist noch viel medizinischer ausgerichtet als beispielsweise in Deutschland. Auch die Stellung der Hebammen ist schwächer und so eröffnet sich mit dem Angebot einer Doula als Ergänzung zum medizinischen Personal hier eine Möglichkeit von qualitativ anders begleiteter Geburt.

Seit einigen Jahren gibt es Doula-Vereinigungen, die auch eine fachlich fundierte Ausbildung anbieten. Diese haben ihren Sitz in Barcelona und daher gibt es vor allem in Katalonien ein bereits ganz gut ausgebautes Netzwerk von Doulas.

Einige wenige sprechen auch Deutsch. Ich hatte die Möglichkeit, mit Kerstin Schwindt zu sprechen, die in Barcelona lebt und als Doula arbeitet.

Was macht eine Doula?
Eine Doula ist eine geburtserfahrene Frau, die Schwangeren und Gebärenden mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen zur Seite steht. Im Vorfeld der Geburt informiert sie umfangreich über den Geburtsverlauf und über die verschiedenen üblichen und alternativen Möglichkeiten der schmerzlindernen Methoden. Hier werden keine Empfehlungen ausgesprochen, sondern über Wirkung, mögliche Nebenwirkungen und Folgen der geburtsbegleitenden Schmerzbehandlung informiert. Die Schwangere entscheidet selbst, wie sie ihr Kind zur Welt bringen möchte.
Im Zuge der geburtlichen Nachsorge gibt die Doula sowohl konkret praktische Hilfe – das kann über einkaufen, kochen und putzen bis hin zur Betreuung anderer Kinder im Haushalt gehen. Darüber hinaus gibt sie emotionale Unterstützung, damit die Frau und ihr Partner sich in ihre neuen Rollen einfinden können. Oft ist die erste Zeit mit einem Neugeborenen emotional turbulent und eine Doula kann die eigenen Ressourcen der jungen Mutter aktivieren, um sich in der neuen Situation zurechtzufinden. Daneben kann sie Stillberatung geben.
Begleitet sie während der Geburt heißt das, daß sie kontinuierlich anwesend ist.
Doula und Schwangere lernen sich schon vor der Geburt kennen und klären gemeinsam ab, welche Hilfen die werdende Mutter konkret wünscht.

Ersetzt die Doula eine Hebamme?
Nein, absolut nicht! Die Doula hat zwar ein medizinisches Grundwissen über den Ablauf einer Schwangerschaft und Geburt, aber sie ist kein medizinisches Fachpersonal. Hebamme und Doula ergänzen sich vielmehr und die Doula kann der Hebamme Helferin sein. Im Idealfall kann eine Doula auch als Brücke zwischen den Eltern und medizinischem Fachpersonal fungieren, so dass sich mehr ein Klima der Zusammenarbeit einstellt.

Sind Doulas im katalanischen Gesundheitssystem anerkannt?
Soweit sind wir leider noch nicht. Es wurde zwar 2007 ein neues Protokoll zu natürlichen Geburten in Krankenhäusern verabschiedet, das nun implantiert werden soll, aber auch das geht nur zögerlich voran. Mit den Veränderungen auf dieser Ebene - einer stärkeren Anerkennung und Umsetzung anderer, natürlicher Geburtsmethoden - können auch die Doulas auf mehr Anerkennung hoffen.

Kann die Doula mit ins Krankenhaus?
Das ist sehr unterschiedlich und vom Krankenhaus und dem diensthabenden Personal abhängig. Es ist ratsam, sich vorher diesbezüglich genau zu erkundigen und auch ein offiziell gewünschtes Protokoll zu erstellen und einzureichen. Viele Krankenhäuser erlauben nur die Anwesenheit einer Person im Kreissaal – in der Regel ist das der Vater. Aber auch wenn die Doula nicht mit in den Kreissaal kann, kann sie während der Geburt hilfreich sein: die Gebärende hat mehr Ruhe und Sicherheit, sie kann länger zuhause bleiben und erst für die letzte Phase der Geburt ins Krankenhaus gehen – das erhöht die Chancen auf eine natürliche Geburt. Außerdem kann die Doula im Krankenhaus warten und nach der Geburt bei der Mutter sein und erste Hilfestellung, zum Beispiel beim Stillen, geben.

Wenn eine Frau keine natürliche Geburt möchte, macht es dann überhaupt Sinn, eine Doula zu haben?
Eine Doula bietet Unterstützung und Begleitung analog den Bedürfnissen der Schwangeren. Sie respektiert die Entscheidungen, die die werdende Mutter für sich und ihr Kind trifft. Im gegebenen Rahmen hilft sie, die Geburtsumgebung möglichst so zu gestalten, dass sich die Frau sicher, beschützt und wohl fühlt. Eine Doula würdigt die Effekte, die Emotionen auf den Verlauf der Geburtsarbeit haben, und unterstützen die Frau, sich darauf einzulassen und ihre Kraft zu finden – unabhängig davon, wie sie gebärt. In keinem Fall zwingt sie der Schwangeren ihre Meinung auf.

Vielen Dank für das Gespräch!

Mehr Infos:
www.maresdoules.org
www.doulasbarcelona.org/es
www.doulas.es

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