NEWS: Viele ETA-Terroristen kommen frei

02.11.2013 - Angelika Eisenführ/ Arena 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg hat die Parot-Doktrin für ungültig erklärt und damit den Weg freigemacht, dass viele ETA-Terroristen in absehbarer Zeit die Gitter hinter sich lassen und wieder als freie Menschen auf die Strasse gehen dürfen.

Die Parot-Doktrin war eine Formel, die besagte, dass Strafverkürzungsmassnahmen, wie sie im Jahr 1973 für gültig erklärt worden waren, rückwirkend für ungültig erklärt wurden und die Häftlinge so bis zu 40 Jahren im Gefängnis bleiben sollten. Damit wollte man die ETA-Aktivisten abschrecken. Die Regelung von 1973 sah vor, dass auf je zwei Tage abgeleisteter Haft ein Tag von der Reststrafe abgezogen wurde. Dadurch verkürzten sich Strafen von 30 Jahren auf etwa 12 -13 Jahre hinter Gittern.

Obwohl das Urteil aus Strassburg die Opfervereinigungen auf die Barrikaden rief und die Regierung in Madrid im Zustand völliger Verwirrung zurückliess, konnte sich ein politisch denkender Kopf doch der Einsicht nicht verschliessen, dass die Entscheidung in Strassburg absolut folgerichtig war: ein ehernes Gesetz einer jeden Demokratie – weltweit! – ist nämlich das Verbot rückwirkender Gesetze. Insofern war die Klage der ETA-Terroristin Inés del Río, die nachweislich 23 Morde auf dem Gewissen hat und auch nach 26 Jahren Haft keinerlei Anzeichen von Reue zeigt, juristisch gesehen berechtigt. Wenn bei ihrer Verurteilung strafmildernde Umstände rechtens waren, durften diese nicht durch ein späteres Gesetz wie die Doktrin Parot rückwirkend ausser Kraft gesetzt werden. Zum Vergleich: was würden Sie sagen, wenn durch ein neues Gesetz plötzlich das Finanzamt käme und Ihre im Jahr 2010 gezahlten Steuern rückwirkend noch einmal kräftig anheben würde?

Wenn einige der Terroristen zu Haftstrafen bis zu 3.000 Jahren verurteilt wurden, dann klingt die Parot-Doktrin in der Tat wie Hohn: sie besagt nämlich, dass die Strafminderung nur auf die Gesamtstrafe angerechnet werden dürfe. Also dreitausend Jahre minus tausend Jahre? Das konnte der Gerichtshof für Menschenrechte in der Tat nicht für rechtens erklären und hob diese Doktrin auf. Die Regierung in Madrid steht nun vor dem Dilemma, sich dem Urteil zu beugen (denn Europarecht bricht Landesrecht), womit sie wütende Proteste aller Opfer des Terrors zu gewärtigen hat oder aber zu erklären, Spanien werde das Urteil nicht zur Kenntnis nehmen, womit der Staat weiter internationale Anerkennung verlieren dürfte, eine Anerkennung, die durch die lasche Haltung gegenüber den katalanischen Unabhängigkeitsbestrebungen derzeit ohnehin nicht besonders hoch im Kurs steht.

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