NEWS: Stierkampf in Spanien: Eine alte Tradition wird zum umstrittenen Kulturgut

30.11.2013 - Meike von Lojewski / Barcelona für Deutsche 

Der Stierkampf blickt auf eine lange Tradition zurück. Er spielte in allen Mittelmeerkulturen eine große Rolle und vor allem Spanien war und ist weltberühmt dafür. Aus dem anfänglichen Kult um den Stier, der für Kraft und Fruchtbarkeit stand, entwickelte sich der Stierkampf, die so genannte “Corrida”. Dieser folgt jedes Mal demselben Ritual: Der Stier wird gereizt, mit flatternden Tüchern irritiert, mit Lanzen verletzt und erhält schließlich einen tödlichen Dolchstoß zwischen die Schulterblätter. Die Befürworter nennen das Tradition. Die Gegner Tierquälerei. Und nun ist ihr Kampf in eine neue Runde gegangen.

Für die Anhänger des Stierkampfs ist es ein historischer Augenblick, für die Gegner ein Moment der Schande: Das spanische Parlament hat die “Corrida“ zu einem “immateriellen Kulturgut“ erklärt. Damit wird der Stierkampf, der in der heutigen Form in Spanien seit vier Jahrhunderten besteht, zum ersten Mal in der Geschichte gesetzlich anerkannt und einem besonderen Schutz unterstellt. Für Tierschützer aus der ganzen Welt kam dieses Ergebnis völlig unerwartet: Ein Spektakel, bei dem bewusst ein Tier zu Tode gequält werde, gehöre nicht in die heutige Zeit. Ein grausames Schauspiel dürfe nicht als Kulturerbe getarnt werden, warnte der Deutsche Tierschutzbund.

Nach Medienberichten votierten bei einer Abstimmung die regierenden Konservativen mit absoluter Mehrheit für das Vorhaben, die Sozialisten enthielten sich, und die kleineren Linksparteien stimmten dagegen. Dies macht deutlich, dass der Stierkampf auch Spanien in zwei Lager teilt. Dennoch sind die Anhänger der “Corrida” zufrieden. Der Initiative, den Stierkampf zum Kulturerbe zu machen, war ein Volksbegehren vorausgegangen, für das sie 600.000 Unterschriften gesammelt hatten. Dadurch hatten sie erreicht, dass sich das Parlament überhaupt mit dem Anliegen befasste.

Mit der Erklärung des Stierkampfes zum Kulturgut konnten die Befürworter aber ihr wichtigstes Ziel nicht erreichen: Mit dem jetzt verabschiedeten Gesetz wird das Verbot in Katalonien nicht aufgehoben. Die Region hatte im Juli 2010 beschlossen, dem Stierkampf zum 1. Januar 2012 ein Ende zu machen. Ausserdem wird auch nicht grundsätzlich verhindert, dass andere Regionen den Stierkampf ebenfalls für illegal erklären.

Der Kampf um die “Corrida” geht also auch ausserhalb der Arena weiter. Ein nächster Schritt soll ein Antrag auf Aufnahme des Stierkampfes in die Unesco-Liste des immateriellen Weltkulturerbes der Menschheit durch die spanische Regierung sein. Geführt werden dort unter anderem Errungenschaften wie der argentinische Tango oder die tibetische Oper in China. Die Debatte um Pro und Contra der “Corrida” dürfte nun also in eine neue Runde gehen.

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