NEWS: Spanien vorm europäischen Gericht aufgrund der steuerrechtlichen Diskriminierung von Ausländer

09.12.2011 - Carlos Prieto Cid 

Die europäischen Komission hat den Königreich Spanien vor dem Gericht der Europäischen Union am 27/10/2011 angezeigt, weil die spanischen Normen über die Erbschaftssteuer und die Schenkungssteuer die Ausländer diskriminieren, da in der Regel die Erwerber von Objekte in Spanien, die keinen offizielen Aufenthalt haben, viel mehr Steuer bei einer Erbschaftsannahme oder bei einer Schenkung als die Ansässigen zahlen.


Die Europäische Kommission hatte Spanien aufgefordert, Erbschaft- und Schenkungsteuerbestimmungen zu ändern, die für Gebietsfremde und für Auslandsguthaben eine höhere steuerliche Belastung vorsehen. Die Kommission hatte Spanien deswegen am 5. Mai 2010 eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermittelt (IP/10/513). Die spanischen Rechtsvorschriften wurden geändert, sind aber nach wie vor nicht völlig mit dem EU-Recht vereinbar. Daher hatte die Kommission beschlossen, Spanien eine ergänzende Stellungnahme zu übermitteln, in der sie das Land zu weiteren Änderungen auffordert, damit eine vollständige Übereinstimmung mit dem EU-Recht erreicht wird.
Wie es in dieser zweiten Aufforderung der Komission vom Februar 2011 zu sehen ist, sind die Bestimmungen der verschiedenen Comunidades Autonomas (spanischen Regionen mit eigenem Gesetzgebungsverfahren) unvereinbar mit der Freizügigkeit und dem freien Kapitalverkehr nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die Aufforderung der Kommission ergeht in Form einer ergänzenden, mit Gründen versehenen Stellungnahme. Da die Kommission binnen zweier Monate keine zufriedenstellende Antwort erhalten hat, hat sie Spanien beim Gerichtshof der Europäischen Union verklagt.

In der Europäischen Union werden seit der Gründung des Binnenmarkts die sogenannten „vier Grundfreiheiten“ verteidigt: die Warenverkehrsfreiheit, die Personenfreizügigkeit, die Dienstleistungsfreiheit und der freie Kapital- und Zahlungsverkehr. Deshalb ist der Handel zwischen den Mitgliedstaaten grundsätzlich keinen Beschränkungen unterworfen, geniessen die Unionsbürger von vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit, es wird sichergestellt, dass jeder Unternehmer mit Niederlassung in einem Mitgliedstaat der EU seine Dienstleistungen auch in den anderen Mitgliedstaaten anbieten und durchführen darf, und der Transfer von Geldern und Wertpapieren in beliebiger Höhe wird erlaub nicht nur zwischen den Mitgliedstaaten, sondern auch zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten. Trotzdem kann die Ausübung dieser letzten Kapitalverkehrsfreiheit grundsätzlich berührt werden, wenn die Regelungen über die Kapitalsteuer innerhalb der EU (und sogar innerhalb der EU-Mitgliedstaaten) so unterschiedlich sind.
Das betrifft auch die Regelungen über die Erbschaftssteuer. In Spanien ist die Erbschaft- und Schenkungsteuer sowohl auf staatlicher Ebene als auch auf der Ebene der autonomen Gemeinschaften geregelt. In der Praxis ergeben sich aufgrund der Bestimmungen der autonomen Gemeinschaften wesentlich niedrigere Steuern als aufgrund der staatlichen Bestimmungen. Fällt die Schenkung oder Erbschaft nicht in die Zuständigkeit einer autonomen Gemeinschaft, gelten nur die staatlichen Vorschriften. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Empfänger der Erbschaft oder Schenkung im Ausland wohnt oder wenn es sich um Auslandsvermögen handelt. Dementsprechend sind die Steuern für Gebietsfremde oder für Auslandsvermögen höher. Nach Auffassung der Kommission verstößt dies gegen die Freizügigkeit und den freien Kapitalverkehr, die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Artikel 45 und 63) gewährleistet sind.

Carlos Prieto Cid – Rechtsanwalt - www.tarracoiuris-abogados.com
Gründer von der RechtskazleiTarraco IurisBüro in Tarragona (Spanien), bietet Carlos Prieto eine breite Erfahrung in Vermögensverwaltung und Beratung von ausländischen Investitionen und Steuerplanung. Sein Büro ist Mitglied des europäischen Netzwerks von Anwaltskanzleien Eurojuris International und Eurojuris España.

Kommentare (0) :

Artikel kommentieren
Artikel-Archiv
  • 14.02.2022 [Kommentare: 0]

    Meldepflicht für Auslandsvermögen („modelo 720“): Der EuGH hat endlich ein Urteil gesprochen

    Mit Urteil vom 27. Januar 2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun endlich bestätigt, dass das Modelo 720 in vielen Details nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Das war vielen Betroffenen aufgrund der absurd hohen Strafen, die mit dem Modelo 720 verbunden waren, schon längst klar und man muss sich wirklich wundern, dass eine Entscheid.. Artikel weiterlesen

  • 13.10.2021 [Kommentare: 0]

    Deutsche Rentner in Spanien – auf dem Radar der Agencia Tributaria

    Ich habe in letzter Zeit vermehrt Anfragen von deutschen Rentnern, die mehr oder weniger dauerhaft in Spanien leben, und Post von der Agencia Tributaria (= spanisches Finanzamt) bekommen haben.Worum geht es da? Meist hat das spanische Finanzamt von Deutschland mitgeteilt bekommen, dass eine Rente nach Spanien gezahlt wurde. Damit .. Artikel weiterlesen

  • 18.02.2021 [Kommentare: 0]

    Meldepflicht für Auslandsvermögen modelo 720 abschließende Klärung durch den EuGH bis Ende 2021?

    Wann wird Spanien endlich in die Schranken gewiesen? Ein Spanier bezeichnete vor Jahren die spanische Administration einmal als „bürgerunfreundlich“. Das kann man wohl sagen, und ganz besonders gilt das für das spanische Finanzamt („Hacienda“). „Hacienda“ hat immer Recht, auch wenn „Hacienda“ nicht Recht hat! Und das passiert leider sehr.. Artikel weiterlesen

  • 03.02.2021 [Kommentare: 0]

    Geht so Europa? Offener Brief an das BMF

    Sehr geehrte Damen und Herren, seit gut 15 Jahren unterstütze ich Deutsche in Spanien und Spanier in Deutschland bei Themen, die mit ihrem Leben „zwischen“ Deutschland und Spanien zu tun haben. Ich selbst habe über 20 Jahre im Ausland gelebt, davon viele Jahre in unterschiedlichen Ländern der EU. Daher verfolge ich auch immer wieder .. Artikel weiterlesen

  • 10.02.2020 [Kommentare: 0]

    Meldepflicht für Auslandsvermögen („modelo 720“) – es scheint sich endlich etwas zu bewegen

    Was war nochmal das „modelo 720“? Wenn in Spanien steuerpflichtige Personen in einer der drei Kategorien (1) Konten (Girokonto, Tagesgeld, etc.), (2) Wertpapiere jeglicher Art, Lebensversicherungen, Unternehmensbeteiligungen, etc. oder (3) Immobilien und Grundstücke jeweils in Summe mehr als 50.000 Euro im Ausland besitze, dann müssen.. Artikel weiterlesen

  • 23.05.2019 [Kommentare: 0]

    Wie bekommt man als Ausländer seinen Borrador auf der Webseite des spanischen Finanzamtes?

    Am 30. Juni ist wieder die Abgabefrist für die Einkommenssteuererklärung in Spanien. Aufschub, wie man ihn aus Deutschland kennt, bekommt man beim spanischen Finanzamt gar nicht – es handelt sich also um einen festen Termin!Um auf den "borrador", also den Entwurf der Steuererklärung, im Internet zugreifen zu können, gibt es.. Artikel weiterlesen

  • 06.03.2019 [Kommentare: 1]

    Meldepflicht für Auslandsvermögen – das modelo 720 gilt vorerst weiterhin (fast) unverändert

    Alle in Spanien unbeschränkt Steuerpflichtigen (= gewöhnlicher Aufenthalt in Spanien) sollten auch dieses Jahr wieder prüfen, ob sie der Meldepflicht für Auslandsvermögen nachkommen und ihre Vermögenswerte im Ausland in einer gesonderten Steuererklärung (modelo 720) deklarieren müssen. Die Frist für das Jahr 2018 endet am 1. April 2019.. Artikel weiterlesen

  • 04.12.2018 [Kommentare: 0]

    Hintergründe zum Meldegesetz

    Das Thema Anmeldung in Deutschland beschäftigt viele Deutsche, die in Spanien ihren Wohnsitz haben. Viele der Spanien-Deutschen haben sich in Deutschland nie abgemeldet. Was ist richtig, was sind die Konsequenzen, wenn man sich nicht an die Regeln hält? Vor mittlerweile drei Jahren ist in Deutschland ein neues Meldegesetz in Kraft getret.. Artikel weiterlesen

  • 19.09.2018 [Kommentare: 0]

    Die Superreichen in Spanien - in Ziffern

    Die Zahl der Superreichen in Spanien, die ein Vermögen von mehr als 30 Millionen Euro besitzen und Vermögenssteuer zahlen, hat sich in der Zeit zwischen 2006-2016 fast verdreifacht, von 200 auf 579. Das zeigen die letzten Daten des Finanzamts – der Agencia Tributaria. Im letzten Jahr (2016/2017) ist diese Zahl sogar um 5,4% gestiegen, von.. Artikel weiterlesen

  • 13.08.2018 [Kommentare: 1]

    Besteuerung von gesetzlichen Renten zwischen Spanien und Deutschland

    Das (auch schon nicht mehr ganz) neue Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und Spanien, das am 18.10.2012 in Kraft getreten ist, regelt im Artikel 17 die Besteuerung von Ruhegehältern und Renten. Im Gegensatz zum alten DBA von 1968, in dem das Besteuerungsrecht von gesetzlichen Renten einzig und alleine beim Wohnsitzstaa.. Artikel weiterlesen