NEWS: Spanien setzt auf Algen

12.07.2007 - Stefanie Müller 

Bisher hat Spanien herzlich wenig für die Umwelt getan. Das Sonnenland entdeckt jedoch langsam das enorme Geschäft, das hinter dem globalen Klimaschutz steht und fördert deswegen nicht nur seit einigen Jahren massiv Solarenergien, sondern seit neustem auch die Forschung und den Vertrieb von Biokraftstoff. 

Spanien ist heute schon einer der größten Produzenten von Bioethanol in Europa. Bisher haben die spanischen Autofahrer davon jedoch wenig gehabt, da es hierzulande kaum Biosprit-Tankstellen gibt. Ab 2009 wird die Beimischung zum herkömmlichen Kraftstoff jedoch zur Pflicht wie die spanische Regierung gerade per Gesetz beschlossen hat. 

Die Biologie-Fakultät der Universität von Alicante könnte die Beimischung jedoch bald überflüssig machen. Sie hat eine sehr effiziente und wenig kostenintensive Methode gefunden, damit eine bestimmte Art von Mikroalgen sich wesentlich schneller vermehrt als die Natur es vorsieht. Mit Hilfe von einer besonderen Lichteinstrahlung, einer konstanten Temperatur sowie der Zuführung von C02 konnte der Prozess der Photosynthese enorm beschleunigt werden. 

Während im Meer rund 300 der zu 50 Prozent aus Öl bestehenden Algen diesen Typs pro Kubikmeter vorhanden sind, hat das Forscherteam um Cristian Gomis, Bernard Stroiazzo-Mougin und Martín Martínez Rovira es geschafft, diese Zahl auf 200 Millionen pro Kubikmeter anzuheben. Das von ihnen entwickelte System (Integral System of Energy Transfer) wird derzeit mit Hilfe des dafür gegründeten Unternehmens, Bio Fuel Systems (BFS), in einen industriellen Prozess umgesetzt. Die Mikroalgen kultivieren in einem 70 Zentimeter breiten und drei Meter hohen Plastik-Zylinder, alle zwölf Stunden teilen sie sich, so dass aus dem Wasser langsam eine immer grünere fettige und ölige Masse wird. Einmal am Tag wird diese durch die Zentrifuge geschleust. Der 60prozentige Ölanteil dieser Masse wird zu 100prozentigem Biokraftstoff raffiniert. 

Die Ausbeute dieses patentierten Prozesses ist wesentlich attraktiver als bei anderen auf Biomasse basierenden Kraftstoffen: Ein Kilo Algenpaste verfügt nicht nur über 5700 Kilokalorien, der Einsatz von Energie ist auch wesentlich geringer, da aus nur zwei Kubikmeter Wasser, sechs Kilo Biomasse gewonnen werden - weit mehr als der Verarbeitungsprozess von Soja oder Sonnenblumen in einem ganzen Jahr hervorbringt. "Es ist eine sehr vielversprechende Lösung, wenn es tatsächlich im industriellen Prozess funktioniert", glaubt Helmut Kantner, von dem österreichischen Umwelttechnologieunternehmen Austrian Enviro. 

Auch deswegen, weil BFS nicht nur daran denke, mit Algen Treibstoff herzustellen, sondern auch gleichzeitige Strom erzeugen und C02 abbauen will. Im kommenden Jahr ist der Bau einer 30 Megawatt-Anlage in der Region Alicante geplant. Auf einem Hektar wollen die Spanier dann, um Platz zu sparen, acht Meter hohe Zylinder für den Vermehrungsprozess der Mikroalgen bauen. Diese sollen sich aus dem Prozess der Umwandlung von Biomasse in Energie freiwerdendem C02 ernähren. "Ein absolut sauberer Energiegewinnungskreislauf", schwärmt BFS-Gründer Gomis.
 
Allerdings sind die Spanier auch nicht die einzigen, die in diese Richtung mit Algen forschen. In den USA, in Portugal und auch in Holland gibt es bereits ähnliche Projekte. BFS ist jedoch das erste Unternehmen, das bereits über eine im Bau befindliche industrielle Anlage verfügt. Ebenfalls revolutionär ist, dass Gomis und seine Kollegen es geschafft haben, dass sich die Algen in Röhren und nicht nur auf horizontaler Fläche vermehren. "Das spart Platz und macht die industrielle Umsetzung des Prozesses erst möglich", sagt Kantner. Aber er bleibt so lange skeptisch, bis es keine Langzeiterfahrung gibt: "Die Technologie muss sich erst noch in der Massenproduktion bewähren." Mehr Info: http://www.biofuel-systems.com/

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