NEWS: Jordi Savall wird in Deutschland geehrt

23.02.2009 - Tanja Nause 

Die Musik zum Kinofilm Tous les matins du monde (zu deutsch: Die siebente Saite) verhalf ihm zum Durchbruch beim Publikum: Jordi Savall, Gambist und Musikwissenschaftler, der sich gemeinsam mit seiner Frau, der Sopranistin Montserrat Figueras, der historischen Aufführungspraxis und überhaupt dem Studium, der Wiederentdeckung und der Aufführung Alter Musik verschrieben hat, war vor 1991 nur einem begrenzten Kreis von Anhängern bekannt.

Doch dann kam Gérard Depardieu und spielte auf großer Kinoleinwand in Tous les matins du monde die Gambe. Sein Ghostplayer, Jordi Savall, ist heute ein Star der Alten Musik und gilt zu Recht als Wiederentdecker des Instruments, das längst sein Markenzeichen geworden war, der Viola da Gamba. Savall hat inzwischen mehr als 160 CDs aufgenommen. Und das, obwohl er mit seinen drei Ensembles und insbesondere in Zusammenarbeit mit seiner Familie (neben Montserrat Figueras auch Tochter Arianna, Harfe und Gesang; Sohn Ferran, Theorbe und Gesang) und dem Perkussionisten Pedro Estevan Kategorien wie „Alte Musik“ mit ungewöhnlichen Interpretationen immer wieder aufzubrechen versucht.

Jordi Savall ist wahrer Kosmopolit. 1941 in Igualada geboren, studierte er am Conservatori Superior de Música de Barcelona, ging 1968 nach Basel und übernahm dort 1973 die Leitung der Schola Cantorum Basiliensis von seinem Lehrer August Wenzinger. Im selben Jahr gründete er das Ensemble Hesperion XX (Hesperion XXI). Und schon bald suchte er in Europas Bibliotheken nach vergessener Musik des Mittelalters, der Renaissance und des Barock. „Europa“, so Savall, „ist viel älter als die Europäische Union.“

Er entdeckte Komponisten wie Marin Marais, Antonio de Cabezón, Tomas Luis de Victoria, Juan del Enzina, Christóbal de Morales, er entdeckte die sephardischen Romanzen, den Cancionero de Palacio, die Lieder der Seefahrer um Kolumbus. Und je weiter Savall zurückging, desto mehr musste bei Aufführung und Interpretation improvisiert werden. Genau daraus resultiert jedoch eine große Lebendigkeit, die Aufführungen und Konzerte mit Jordi Savall immer auszeichnen. Heute lebt die Musikerfamilie in Bellaterra, sofern sie nicht auf einer ihrer zahlreichen Konzertreisen ist (siehe unten).

1998 gründete Savall seine eigene Plattenfirma, Alia Vox, die ihn inzwischen vollkommen unabhängig vom Markt der großen Plattenlabels gemacht hat. Zu den musikalischen Großprojekten der letzten Jahre, die zunehmend den Dialog zwischen verschiedenen Kulturen und Zeiten suchen, zählen u.a. Don Quijote de la Mancha (sämtliche Romanzen, Lieder, Madrigale und Weisen, die in Verbindung mit dem Don Quijote stehen), Orient – Occident 1200-1700 (Musik aus dem maurischen, jüdischen und christlichen Spanien, aus Italien, Marokko, Israel, der Türkei und Afghanistan) sowie Jérusalem (ein historisches Stadtporträt mit jüdischer, christlicher und arabisch-osmanischer Musik).

Für seine international bedeutenden Händel-Interpretationen erhält Jordi Savall in diesem Jahr den Händel-Preis der Stadt Halle. Der Preis wird für "herausragende künstlerische, wissenschaftliche oder kulturpolitische Leistungen" vergeben, sofern diese im Zusammenhang mit der Händel-Pflege der Stadt Halle stehen. Der Preis wird im Rahmen der jährlichen Händel-Festspiele verliehen, die dieses Jahr vom 4. bis 14. Juni stattfinden. Am 7. Juni gibt es um 19.30 Uhr im Dom zu Halle unter der Leitung Jordi Savalls ein Konzert mit Händels Wassermusik und Feuerwerksmusik.

Nächste Konzerte (Auswahl):


19.3. Köln: Johann Sebastian Bach: Brandenburgische Konzerte
29.3. Sevilla: Les Voix Humaines
02.4. Terrassa: Folias, Fandangos y músicas nocturnas
21.4. Barcelona: El diàleg orquestral en el barroc
26.4. Zaragoza: Les Voix Humaines
25.5. Barcelona: Ninna Nanna
28.5. Dortmund: Christophorus Columbus. Verlorene Paradiese
01.6. Baden-Baden: Alba & danza del viento
06.7. Barcelona: Mare nostrum: Espai de diàleg & diversitat

Alle Konzerte, CDs, Termine und weitere Informationen unter:
www.alia-vox.com

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