Kritik am Cervantes-Jahr - 400. Todestag des spanischen Schriftstellers

21.02.2016 - Meike von Lojewski / Madrid und Barcelona für Deutsche 

Miguel de Cervantes zählt neben Homer, Dante, Shakespeare und Goethe zu den fünf Grossen der europäischen Literatur. Mit seinem “Don Quijote” hat er den modernen Roman erfunden und eine der herrlichsten Figuren der Weltliteratur geschaffen. Vor 400 Jahren, am 22. April 1616, starb der berühmte Schriftsteller und Spanien feiert das Jahr von Cervantes. Feiert? Viel Wirbel gibt es derzeit im Land, denn die Vorbereitungen dafür scheinen ins Stocken geraten zu sein, während man in Grossbritannien auf allen Kanälen Shakespeare ehrt, der genau einen Tag nach Cervantes gestorben ist.

 

Dabei hat Spanien kaum einen grösseren Literaten aus dieser Zeit hervorgebracht, der zudem noch mit einem abenteuerlichen Leben aufwarten konnte. Mit 22 Jahren musste Cervantes nach einem Duell aus Spanien fliehen. In der Seeschlacht von Lepanto zeichnete er sich durch Tapferkeit aus, doch seine linke Hand wurde zerschmettert. Er geriet in die Fänge von algerischen Piraten, versuchte viermal zu fliehen und wurde erst nach fünf Jahren Gefangenschaft losgekauft. Zurück in Spanien war er als Nachrichtenagent für König Philipp II. tätig. Im Jahre 1584 erschien sein erster Roman in Prosa, “La primera parte de la Galatea”, ein Schäferroman, der dem damaligen Zeitgeschmack entsprach.

 

Nach misslungenen Geschäften landete er 1597/98 in Schuldhaft in Sevilla, wo er an seinem grossen Roman “Don Quijote” zu schreiben begann. 1604 ging er nach Valladolid, wo er sich schuldlos in einen Mordprozeß verwickelt sieht. Nach dem Beweis seiner Unschuld kehrt er nach Madrid zurück und veröffentlicht 1605 den ersten Band des “Don Quijote”. Cervantes erreicht schnell öffentliche Berühmtheit, aber der Gewinn aus seinem Werk bleibt in den Händen des Verlegers und der Nachdrucker. In Einsamkeit und Armut entwickelt er eine große literarische Aktivität und veröffentlicht 1615 den zweiten Band des “Don Quijote”. Neben seinem weltberühmten Roman hat er mit seinen Novellen dieser Gattung zu ihrem Platz in der hohen Literatur verholfen. 1616 stirbt er in Madrid.

 

Das Jahr 2016 sollte nun vollkommen dem Leben und Werk von Cervantes gewidmet sein. So hatte es die Kommission angekündigt, die sich seinem vierhundertsten Todestag widmen soll und aus Vertretern mehrerer Ministerien, dem Cervantes-Institut, der National-Bibliothek, dem Prado Museum, der Acción Cultural Española und dem Stadtrat in Alcalá de Henares besteht. Dazu sollten Vorträge, Ausstellungen, theatrale Routen und vieles mehr gehören. Doch mittlerweile äussern namhafte Schriftsteller und Intellektuelle die Befürchtung, dass Spanien sich bei den Feierlichkeiten international blamieren werde, da kaum etwas über das geplante Programm bekannt ist. Was die Shakespeare-Gedenkfeiern anbetrifft, so haben diese bereits mit weltweiten Übertragungen begonnen und zeigen dabei ein enormes Engagement seitens der britischen Regierung. “Wir sollten Cervantes lieber den Engländern überlassen“, schlug der Autor und Historiker Javier Cercas mit bitterer Ironie vor. „Die würden ihn besser behandeln.“ Bleibt zu hoffen, dass die Spanier doch noch aufwachen, um besonders der jungen Generation den Glanz eines ihrer grössten Schriftsteller nahezubringen.

Kommentare (0) :

Artikel kommentieren
Artikel-Archiv
  • 28.11.2023 [Kommentare: 0]

    Stipendienausschreibung Goethe auf Mallorca 2024

    Casa Planas und das Goethe-Institut Barcelona kündigen für das Jahr 2024 die sechste Ausgabe des Residenzprogramms für Forschung und künstlerisches Schaffen an. Ziel ist es, innovative Projekte zu entwickeln, die die kulturellen Beziehungen, die zeitgenössische globale Mobilität und den Tourismus reflektieren und eine neue kulturelle.. Artikel weiterlesen

  • 24.11.2023 [Kommentare: 0]

    Austellung. "Die Berliner Mauer: Eine Geteilte Welt"

    Die Sala Castellana 214 der Fundación Canal in Madrid verwandelt sich in einen zeitlichen Brückenschlag zur Zeit des Kalten Krieges. Hier findet derzeit die erste groß angelegte Wanderausstellung über die ikonische Berliner Mauer statt. Seit der Eröffnung am 9. November können Besucher bis zum 7. Januar mehr als 300 Originalobjekte, Video.. Artikel weiterlesen

  • 16.08.2023 [Kommentare: 0]

    Street Art in Valencia: Ein Erlebnis für Kunstliebhaber

    Valencia ist eine Stadt voller Charme, Geschichte und Kultur. In den letzten Jahren hat sich auch hier die Street Art-Szene immer weiter entwickelt und prägt das Stadtbild auf beeindruckende Weise. Zahlreiche Künstler haben die Straßen Valencias in eine Leinwand für ihr künstlerisches Schaffen verwandelt und der Stadt eine neue urbane.. Artikel weiterlesen

  • 22.05.2023 [Kommentare: 0]

    Street Art-Highlights auf Mallorca, Farbenpracht statt Massentourismus

    Die mediterrane Insel Mallorca ist für ihre malerischen Landschaften, traumhaften Strände und kulturellen Sehenswürdigkeiten bekannt. Doch in den letzten Jahren hat sich Mallorca auch zu einem Hotspot für Street Art entwickelt. Überall auf der Insel kann man beeindruckende Graffiti und Wandmalereien entdecken, die das urbane Leben mit der.. Artikel weiterlesen

  • 27.02.2023 [Kommentare: 0]

    Santiago Calatrava, der Stararchitekt aus Spanien

    Wer kennt das L'Hemisfèric nicht, das architektonische Wahrzeichen in Form eines menschlichen Auges in der Stadt der Künste und Wissenschaften in Valencia. Sein Erschaffer ist der weltberühmte spanische Architekt, Baumeister und Ingenieur Santiago Calatrava. Auf der ganzen Welt sind seine beeindruckenden und innovativen Bauwerke in Städte.. Artikel weiterlesen

  • 17.10.2022 [Kommentare: 0]

    Der deutsche Künstler Wolf Vostell in Extremadura

    Los Barruecos, eine außergewöhnliche Landschaft aus Granitfelsen, die über Jahrmillionen von Wasser und Wind geformt wurde, ist einer der einzigartigsten Orte in der Extremadura. Sie liegt etwa 14 Kilometer von Cáceres entfernt, in der Gemeinde Malpartida de Cáceres, etwa drei Kilometer südlich des Stadtzentrums. Die Spanier nennen die .. Artikel weiterlesen

  • 30.05.2022 [Kommentare: 0]

    BUCHTIPP: neue Büchervorstellung

    Hier stellen wir euch neue Bücher für Erwachsene vor - vielleicht ist das eine oder andere Buch eine schöne Lektüre für den Sommerurlaub? MISS BENSONS REISE - Rachel Joyce In diesem Buch von Rachel Joyce (verlegen von Fischer) lässt sich Margery Benson endlich auf ein Abenteuer ein, das sie schon lange vor sich hergeschoben hat: Sie.. Artikel weiterlesen

  • 19.05.2022 [Kommentare: 0]

    Kunstprojekt: Ausschreibung Goethe auf Mallorca 2022

    Das vom Goethe-Institut Barcelona und Casa Planas Mallorca gemeinsam organisierte Residenzprogramm "Goethe auf Mallorca" geht in die vierte Auflage. Ziel ist es, innovative Projekte zu entwickeln und zu produzieren, die die kulturellen Beziehungen zwischen dem Planas Archiv und der deutschen Kultur beleuchten und reflektieren. Das Zentrum.. Artikel weiterlesen

  • 21.03.2022 [Kommentare: 0]

    INTERVIEW: Marcos Vázquez, Autor des Buches "Invicto Unbezwingbar"

    1. Was antwortest du, wenn dich jemand fragt, was du beruflich machst? Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Ich betrachte mich als Blogger, Autor, Podcaster ... manche Personen bezeichnen mich auch als Influencer :-) Vereinfachend sage ich meistens, dass ich mich der Verbreitung von Informationen über Gesundheit aus einer breiten .. Artikel weiterlesen

  • 11.02.2022 [Kommentare: 0]

    BUCHTIPP: Vorstellung von Kinder- und Jugendliteratur

    In der Buchhandlung Fabre möchten wir zwei Kinderbücher für unterschiedliche Altersgruppen und ein Jugendroman empfehlen, die jedoch sehr ähnliche Themen behandeln. Hier sind unsere Empfehlungen! Für die Jüngeren: Eine Piratin aus den fernen Meeren und ein junges Mädchen aus der Stadt Moorland — was könnten diese beiden Figuren nur geme.. Artikel weiterlesen