HINTERGRUND: Stadtplanung in Barcelona

14.01.2008 - Jenna Steenken 

Ildefons Cerdàs ist ein Mann, der die Stadt Barcelona mindestens so geprägt hat wie sein Kollege Antoni Gaudi, im Unterschied zu letzterem aber fast unbekannt ist. Zu Unrecht, wie die Aktualität seiner stadtplanerischen Ansätze von 1859 zeigt.

Bereits für Cerdà waren die wichtigsten Merkmale einer modernen Stadt Mobilität und Kommunikation. Seinen Entwürfen liegt ein Vernetzungskonzept zu Grunde, das seiner Zeit voraus war. Es war nicht nur optimiert für Fußgänger, sondern auch für Straßenbahnen, die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt waren. Er dachte an natürliche Gasversorgung und große Abwasseranlagen, um Überschwemmungen zu verhindern und vergaß dabei nicht private Gärten und andere Annehmlichkeiten.

Die Gründung des Viertels Eixample als orthogonales System von quadratischen Baublöcken mit Straßendiagonale und die Theorie waren die beiden herausragenden Leistungen von Ildefons Cerdà, einem Bau-Ingenieur, der sein ganzes Leben der Stadtplanung Barcelonas und seiner Umsetzung in die Praxis widmete. Lange Zeit geriet dieser wichtige Städtebautheoretiker und Praktiker vollständig in Vergessenheit. Sein Werk verstaubte jahrzehntelang in spanischen Archiven, bis die Stadtplaner unter Joan Busquets seine Ideen im Hinblick auf die Olympischen Spiele 1992 wiederentdeckten und weiterentwickelten.

Zum einen wurde die von Cerdà gebaute Diagonal bis zum Meer verlängert und gleichzeitig die Hafenzone erobert. Mit dem Poble Nou erfolgte eine totale Neuordnung eines Stadtteils, die bis heute anhält. Alte Strukturen und Industriebrachen machten Platz für vornehme Apartmentblocks in Strandnähe und moderne Büroflächen. Die Hafenzone wurde komplett erneuert, der Strand künstlich aufgeschüttet und eine repräsentative Flaniermeile gebaut.

Auch wenn die Qualität der Stadt mit diesen Maßnahmen zweifellos wuchs, so wurde auch Kritik an der Verdrängung der eingesessenen Bevölkerung und an der Immobilienspekulation laut, die mit dem Weltkulturforum 2004 seinen Höhepunkt fand und bis heute anhält. All diese Maßnahmen, haben die Verwandlung Barcelonas von einer alternativen Stadt in eine Touristenstadt, die bisweilen dazu neigt, die Interessen der eigenen Bevölkerung in den Hintergrund zu drängen, vorangetrieben.




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