HINTERGRUND: Palau de la Música Catalana feiert seinen hundertsten Geburtstag

05.02.2008 - Julia Macher 

Es gibt wenig Menschen, die den Palau de la Música Catalana so gut kennen wie Lluis Millet i Loras. Mit den ornamentalen Erkern, mosaikverzierten Säulen und Glasmalereien des Backsteingebäudes ist er von Geburt an vertraut: Der musikalische Leiter der Stiftung wurde im obersten Stockwerk des Musikpalastes geboren, in der Wohnung seines Großvaters, des Gründers des Orfeó Català, Lluis Millet. Soviel Expertise macht ihn anlässlich des hundertsten Geburtstages des Palau zu einem gefragten Gesprächspartner.

Dabei kann Lluis Millet i Loras bis heute nicht sagen, ob ihm Lluis Domènechs monumentales Modernisme-Gesamtkunstwerk wirklich gefällt. „Es ist die Landschaft, in der ich aufgewachsen bin. Für ein Urteil fehlt mir die Distanz.“ Und das ist vielleicht die klügste Haltung. Denn kaum ein Gebäude hat im Laufe seiner Geschichte so unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Kurz nach seiner feierlichen Eröffnung am 9. Februar 1908 bekam der Musikpalast den Preis für das beste Gebäude Barcelonas; zwanzig Jahre später forderten Bürger seinen Abriss. Doch egal, ob man den grandios überbordenden Palast nun liebt oder hasst: Er ist eine beeindruckende Demonstration katalanischen Sendungsbewusstseins, finanziert ausschließlich über Spenden und Anteilsscheine von Privatiers. Gebaut wurde der Palau de la Música Catalana im Auftrag des Orfeó Català.

Der 1891 gegründete Laienchor war Teil der katalanischen Kulturbewegung Reinaxença. Selbstbewusst entdeckten die durch Handel und Industrie zu Wohlstand gelangten Katalanen damals Sprache und Kultur wieder. „Der Palau erzählt an jeder Ecke von dieser Zeit,“ sagt Lluis Millet. Aus der Fassade wächst eine gewaltige St. Jordi-Skulptur, zu den Füßen des katalanischen Schutzpatrons ruht ein junges Mädchen, eine Allegorie auf das katalanische Volkslied. Den Konzertsaal schmückt unter anderem eine Büste des Arbeiterchor-Aktivisten Josep Anselm Clavé. Dass ausgerechnet Lluis Domenèch i Montaner mit dem Bau beauftragt wurde, war kein Zufall. Der Architekt glühte für die Idee des Catalanisme, schrieb für Kulturzeitschriften wie „La Renaixenca“ und „El Poble Català“ und war Präsident der Lliga de Catalunya.

Heute bewundern jährlich 180 000 Besucher aus aller Welt Domenèchs steingewordene Visionen. Showgrößen wie Bobby McFerrin oder der katalanische Liedermacher Joan Manuel Serrat bringen dem Palau in den nächsten Wochen ein Geburtstagsständchen – und natürlich wird auch der Orfeó Català singen. Grund genug zum Feiern gibt es: Welcher Laienchor kann schon von sich behaupten, in einem Gebäude zu residieren, das zum Weltkulturerbe erklärt wurde?

Auftaktkonzert des Jubiläumsprogramms:
Orfeó Català und österreichisch-ungarische Haydn Philharmonie
Die Schöpfung (Joseph Haydn)
9. Februar 2008, 21 Uhr, Palau de la Música Catalana

Das gesamte Programm finden Sie unter palaumusica

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