HINTERGRUND: El clásico

09.05.2011 - Doris Oberleiter  

Ein fliegender Schweinskopf, Demütigungen, Beschimpfungen, Emotionen und pure Begeisterung: Kaum ein Fußball-Duell hat mehr denkwürdige Geschichten geschrieben als jenes zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona. So ist auch der Name „El Clásico“ mehr als angemessen. Es geht um mehr als Sieg oder Niederlage, Titelgewinn, Einzug ins Championsleague-Finale oder den Triumph in der Copa del Rey.

Die zwei Clubs verbindet eine Feindschaft, die über den Fußballplatz hinausgeht. Hinter jedem Verein steht eine Ideologie: Die Katalanen verteidigen die Unabhängigkeit von Madrid, Madrid die Herrschaft über das Land. Während Real als Symbol für den spanischen Nationalismus herhält, gilt Barca seit den 1930er Jahren als Inbegriff des katalanischen Widerstandes. Auch sportlich unterscheiden sie sich klar: Der FC Barcelona gilt mit seiner bekannten Fußball-Ausbildungsstätte „La Masia“ (katalanisches Dorfhaus) als Vorzeigemodell in ganz Europa gilt und trägt Gratis-Werbung für UNICEF auf dem Trikot. Real Madrid macht zwar auch viel für Nachwuchs und soziale Projekte, fällt in den Medien aber häufiger durch Schlagzeilen über Stürmer-Star Ronaldo oder Trainer Mourinho auf und wird generell mehr als Unternehmen denn als Verein gesehen.

Das Duell weckt weit über die Grenzen Spaniens hinaus Interesse und Begeisterung. „El Clásico“ wurde im Mai 2009 in über 200 Ländern live übertragen und hatte geschätzte 100 Millionen Zuschauer weltweit. Das Spiel am 29. November 2010 erreichte sogar eine geschätzte Zuschauerzahl von 400 Millionen.

In den kommenden drei Wochen treffen die beiden Topclubs nun gleich viermal aufeinander. Ein guter Anlass um zurückzublicken, auf die legändere Geschichte eines Duells.

Das erste Zusammentreffen gibt es im Jahr 1902: Im spanischen Cup-Halbfinale triumphiert Barca mit 3:1. Fast 30 Jahre später, im Februar 1929 findet das erste Duell innerhalb der spanischen Liga statt, Real geht als Sieger vom Feld.

In der Zeit des Franco-Regimes wird die Rivalität immer intensiver, Höhpunkt ist das Aufeinandertreffen am 13. Juni 1943. Bei einem Cup-Spiel im Madrid sollen die Barca-Spieler in der Kabine von der Polizei dazu angehalten worden sein, absichtlich zu verlieren. Eine 1:11 Niederlage löst eine Welle von gegenseitigen Beschuldigungen und Beschimpfungen aus und führte sogar so weit, dass der spanische Verband beide Klubpräsidenten zum Rücktritt anhält.

1953 gibt es ein Duell abseits des Spielfeldes: Die beiden Clubs rivalisieren um die Verpflichtung des argentinischen Ausnahmetalentes Alfredo di Stefano. Nachdem Di Stefano bereits bei Barca unterschrieben hat, läuft er nach Bemühungen des damaligen Real Präsidenten Santiago Bernabeu schließlich doch im Kader der Königlichen auf.

Als „Finale der Flaschen“ ist das Pokalfinale 1968 in die Geschichte eingegangen. Bei dem Duell im Santiago Bernabeu kommt es nach dem Sieg von Barca zu Ausschreitungen: Die Fans sind aufgebracht über den Schiedrichter und beginnen Flaschen auf das Spielfeld zu werfen, seither ist das Mitbringen von Glasflaschen in allen spanischen Stadien verboten.

Fliegende Gegenstände gab es auch in der jüngeren Geschichte: Im Finale des Supercups 1993 in Barcelona gewinnt Real. Beim Drehen der Ehrenrunde werfen die enttäuschten Barca-Anhänger verschiedenste Gegenstände, die Real Spieler verlassen das Stadion mit Polizeieskorte. Der wohl legendärste Wurfgegenstand flog am 23. November 2002 im Camp Nou in Barcelona: Neben Flaschen, Billiardkugeln, und Klappmessern fand ein Schweinskopf seinen Weg auf das Spielfeld. Grund für die Aufregung war Luis Figo. Der Portugiese war bis zum Sommer 2000 Kapitän von Barca und wechselte dann zu Madrid - ein Transfair zwischen den Erzrivalen wird stets als Verrat gesehen.

Positives Highlight des "Clásico" ist das Aufeinandertreffen im November 2005. Der für Barca spielende Brasilianer Ronaldinho liefert eine beeindruckende Show: Ein Tor legt er auf, zwei weitere schießt er nach spektakulären Dribblings über das halbe Spielfeld selbst. Trotz 0:3 Niederlage würdigen die Real-Fans Ronaldinhos Leistung mit Standing Ovations.

In der jüngeren Vergangenheit hat Barcelona im "El Clásico" das Sagen. Die fünf vergangenen Duelle haben die Katalanen allesamt für sich entschieden. Real-Fans in traumatischer Erinnerung sind unter anderem eine meisterschaftsentscheidende 2:6-Heimpleite am 2. Mai 2009 sowie ein 0:5 am 29. November 2010 im ersten von nun insgesamt fünf Saisonduellen.

Gemäß der Statistik hat Madrid einen Vorteil, sie haben mehr Spiele gewonnen. Außerdem ist es für sie ein absolutes Heimspiel. Es ist zu empfehlen an dem Tage zwischen 21 und 24 Uhr nicht in die Stadt zu fahren.

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