HINTERGRUND: Einheitliche Kredite in der EU

13.05.2008 - Sönke Lund Rechtsanwalt/Abogado 

Nachdem das EU-Parlament am 16. Januar 2008 die neue Verbraucherkredit-Richtlinie verabschiedete, hat der Rat der EU am 7. April 2008 die vom Parlament abgestimmten Änderungen der Richtlinie angenommen. Ziel ist es, die Aufnahme von Krediten innerhalb der EU zu erleichtern. Dies soll etwa durch EU-weit vergleichbare, harmonisierte Standard-Informationen bei Kreditanfragen erreicht werden. Weitere Regelungen betreffen die Vorfälligkeitsentschädigung, die Berechnung des effektiven Jahreszinses und das Rücktrittsrecht der Verbraucher. Die Richtlinie muss bis Anfang 2010 umgesetzt werden.

Die neue Richtlinie folgt in wesentlichen Teilen dem Grundsatz der Vollharmonisierung; das heißt, sie enthält abschließende Vorgaben für die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten. Künftig werden auch Überziehungskredite und so genannte Renovierungskredite (anders als Kredite, die durch Grundpfandrechte gesichert sind oder zum Kauf von Grundstücken oder Gebäuden dienen) in die Richtlinie einbezogen sein, um den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Kreditformen nicht zu verzerren. Mit der Richtlinie soll der Verbraucherkreditmarkt von 800 Milliarden Euro erschlossen werden, der nach wie vor in hohem Maße in nationale Märkte zersplittert ist, so dass den Verbrauchern Wahlmöglichkeiten und stärker wettbewerbsbestimmte Preise vorenthalten werden.

Durch die neuen Regelungen wird der Markt für Kunden und Konkurrenten im Kreditgeschäft transparenter. Hauptsächlich wird sich dies so äußern, dass Kunden in der gesamten EU, die einen Kredit aufnehmen, standardisierte, vergleichbare Informationen erhalten. Insbesondere werden die Verbraucher Anspruch darauf haben, in der Werbung für Kreditangebote über bestimmte wichtige Einzelheiten informiert zu werden (z. B. Zinssätze, Zahl, Häufigkeit und Höhe von Rückzahlungen, Bestehen einer Versicherungspflicht oder Verzugskosten). Diese müssen in einem neuen, EU-weit vergleichbaren Europäischen Kreditinformationsformblatt aufgeführt werden, und den Kunden kommt ein einheitlicher, EU-weit vergleichbarer effektiver Jahreszins zugute. In der vorgeschlagenen Richtlinie werden auch gemeinsame Standards für das Rücktrittsrecht festgelegt, so dass die Verbraucher ihre Meinung ändern können. Diese Richtlinie für Verbraucherkredite ist Teil umfassenderer Bemühungen, den grenzüberschreitenden Markt für Privatkunden-Finanzdienstleistungen zu stimulieren, wie in dem Grünbuch über Finanzdienstleistungen für Privatkunden niedergelegt, das von der Kommission im Mai 2007 verabschiedet wurde.

Den Mitgliedstaaten stand es bisher frei, im Interesse eines besseren Schutzes ihrer Verbraucher über die Bestimmungen der bisher geltenden Richtlinie hinauszugehen, und zahlreiche Länder haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, aber in unterschiedlichem Ausmaß. Daher unterscheiden sich die Rechtsvorschriften im Kreditwesen in der EU weiterhin stark von einander.
Die neue Verbraucherkredit-Richtlinie soll gleichzeitig der Vertiefung des europäischen Binnenmarkts und der Stärkung des Verbraucherschutzes dienen. So hilft die „Einheitliche Europäische Verbraucherkreditinformation“ dem Bürger, EU-weit nach günstigen Angeboten zu suchen, auch wenn er die jeweilige Sprache nicht sicher beherrscht. Die Vorgaben zu vor-vertraglichen und vertraglichen Informationen und zur Berechnung des effektiven Jahreszinses sollen fragwürdige Praktiken unterbinden, mit denen die tatsächlichen Kreditkosten vernebelt werden. Beispielsweise, indem ein scheinbar günstiger Kredit mit einer überteuerten Restschuldversicherung verbunden wird. Nach der neuen Fassung der Richtlinie sind nämlich die Beträge für diese Versicherungen den Kreditkosten hinzuzurechnen.
Die Kosten für Verbraucherkredite innerhalb der EU belaufen sich zwischen durchschnittlich sechs Prozent in Finnland und zwölf Prozent in Portugal. Deutschland liegt mit durchschnittlichen Kreditkosten von 8 Prozent im Mittelfeld. Spanien liegt laut EZB mit 9,4 Prozent im oberen Bereich. Die EU-Kommission erhofft sich durch die Richtlinie langfristig eine Zunahme grenzüberschreitender Kreditgeschäfte, die bislang nur etwa ein Prozent aller Kreditgeschäfte ausmachen, sowie sinkende Zinssätze durch mehr Wettbewerb.

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