HINTERGRUND: Barcelonas zersägter Berg

16.05.2008 - Judith de la Vega 

Etwa 70 km nordwestlich von Barcelona ragt jäh eine wilde, fünf Kilometer breite Felslandschaft aus der Ebene, die aus Kalk- und Sedimentgestein entstanden ist. Wind und Wasser schliffen und nagten Jahrtausende lang an dem rund 1 200 m hohen Gebirgsstock, bis seine Felsentürme ihr heutiges bizarres Aussehen erhalten hatten. Montserrat heißt „der gesägte Berg“ und so sieht er auch aus.

Außer der kurvenreichen Straße aus dem Tal des Llobregat führen auch eine Schwebebahn und eine Zahnradbahn (Cremallera de Montserrat) von Monistrol direkt zum Kloster. Von dort führen zwei Standseilbahnen 250 Meter nach oben zum Gipfel Sant Joan und nach unten zum Kreuzweg, dessen 15. Station Antoni Gaudí gestaltete, und der zur Heiligen Höhle führt, dem Fundort des Gnadenbildes von Montserrat.

Die Legende erzählt von einem wunderbaren Lichtschein und himmlischen Klängen, die zu einer Höhle führten, in der die hölzerne Marienstatue entdeckt wurde. Christen, die in der Unzugänglichkeit des Montserrat Schutz vor den Mauren suchten, hätten das angeblich vom Apostel Lukas geschnitzte Bildnis dort versteckt. Man meldete dem zuständigen Bischof den Fund, doch als sich die Madonna nicht von der Stelle bewegen ließ, errichtete man um sie herum eine Kapelle.

Sicher ist heute, dass der Berg sehr früh bewohnt war, es wurden Tonscherben aus der Neusteinzeit und Gräber der Iberer gefunden. Christliche Eremiten hausten in der Einsamkeit des Berges und schon zur Zeit der Westgoten stand dort wohl eine Marienkapelle. Anfang des 11. Jahrhunderts gründete Oliva, Abt der mächtigen Benediktinerabtei Ripoll in den Pyrenäen, am Montserrat ein Tochterkloster. Bald musste ein größerer Neubau errichtet werden, dessen romanisches Portal heute im rechten Teil des Kreuzgangs vor der Basilika aufgestellt ist.

Im 12. und 13. Jahrhundert wuchs das Kloster zusehends, 1409 wurde es von Ripoll unabhängig. Die Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela und die Eroberungen des katalanisch-aragonischen Königreiches hatten den Ruf seines wundertätigen Gnadenbildes weit über die Landesgrenzen hinaus verbreitet.

Neben Santiago de Compostela und Guadalupe ist die Schwarze Madonna vom Montserrat, La Moreneta („Die kleine Dunkle“), wie die Figur ihrer Farbe wegen liebevoll genannt wird, Spaniens bedeutendstes Wallfahrtsziel. 1881 erhob Papst Leo XIII "Unsere Liebe Frau vom Montserrat" zur Schutzheiligen Kataloniens.

Die unterhalb des östlichen Gipfels zwischen steil abfallenden Felswänden liegende Klosteranlage mit ihren nüchternen, hohen Seitengebäuden ist bei näherer Betrachtung eher enttäuschend. Die im Mittelalter stetig gewachsene Anlage war 1802 von den Truppen Napoleons vollständig zerstört und später durch eine allzu glatte Rekonstruktion des 19. Jahrhunderts ersetzt worden. Erhalten blieb das Gnadenbild aus dem 12. Jahrhundert.

Einmal dort ist auf jeden Fall hörenswert der berühmte Knabenchor l'Escolania de Montserrat, sehenswert sind das Bibelmuseum, in seinem Reichtum einzigartig in Spanien, und das Gemäldemuseum im Vorhof der Kirche.

Weitere Informationen:
http://www.montserratvisita.com

Judith de la Vega

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