Barcelona beheimatet der Welt größtes Haschisch Museum

30.05.2014 - Rafael Heberling / Barcelona für Deutsche 

Den meisten Besuchern, die aus Deutschland nach Barcelona kommen, fällt auf, wie sauber die Straßen sind, abends vor allem beleuchtet "und dann dieser herrliche Duft nach grünem Tee" in den Gassen. 
Doch wenn man dann die Aufschrift auf der Tafel der Außengastronomie übersetzt, kommt ein wenig Staunen in die Gesichter: "Joint Rauchen auf dieser Terrasse verboten", liest man dort. 
 
Szenenwechsel: auf dem Platz "Agustí Vell" sitzt einer mit recht rosafarbenem Augenweiß im Blick und lächelt uns an, während er seine "Tüte" anleckt, um sie zu schließen. Spätestens jetzt merkt meine Begleitung, woher der Duft nach grünem Tee in den Straßen von Barcelona herkommt. "Guck mal, ich glaub, der dreht sich 'nen Joint!" höre ich meine Begleiter aus Deutschland noch sagen und mein amerikanischer Kunde ist völlig hin und weg: er bekam ein Tütchen und rauchte es auf der Straße – bei sich daheim wäre er dafür gleich eingeknastet worden.  
 
In der Tat habe ich in Amsterdam nie so viel Cannabis-Konsum wahr genommen (außer in ein paar Coffee-Shops) als hier in Barcelona. Da brauchte es geradezu ein Museum dafür. Wenn die Besucher in der Warteschlange vor dem mittelmäßigen Picasso-Museum das wüssten! Nur wenige Schritte von dort entfernt, in der Gasse, die seitlich von der Hauptpost am Alten Hafen abgeht befindet sich die Carrer de Ample. Eine Art "Ballermann" für Briten und Amerikaner, die Kneipen hier sind meist von Pakistani oder Marokkanern  betrieben und auf den britischen oder sagen wir besser: den angelsächsischen Gaumen justiert, will meinen, dass man besser woanders Essen geht. Zunächst unscheinbar von außen, trifft man an der Ecke Regomir (c/Ample 35) auf eine äußerlich erst einmal unbeeinduckenden ehemaligen Palast, den Palau Mornau aus dem 15. Jhdt.

 

Bis vor 2 Jahren war es ein vernachlässigtes Gebäude in Händen der Stadtverwaltung, die eine Art Kulturzentrum daraus gemacht hatte. Generationen schienen hier den herrlichen Stuck verschandelt, Wände eingezogen und die Decken rosa gepinselt zu haben. Ob sie zu viel von der Hanf-Pflanze geraucht hatten, ist mir nicht bekannt. 
 
Ben Dronkers, ein Holländer, der schon gut 40 Jahre alles um den Hanf sammelt und übrigens auch das Amsterdamer Hanf-Museum begründete, entdeckte im Jahr 2002 diesen bedauernswerten Palast und nahm sich seiner an. Alle Schändungen des Palastes wurden in 10 jähriger Arbeit rückgängig gemacht und lassen den Renaissance-Palast mit seinen Barrock und Jugendstil Veränderungen wieder wie neu erscheinen. Zu den vermutlich enormen Kosten, die diese Renovierung sicher verschlugen haben mögen, schweigt man gönnerhaft hinweg. 
 
Laut "el periodico" hat das Amsterdamer Hasch-Museum etwa 100 Quadratmeter, während das in Barcelona mit seinen 900 m2 und etwa 6.500 Aussellungsstücken das weltgrößte sein dürfte. 
 
Danke, Ben Dronkers, dafür. Ich weiß gar nicht, was mich jetzt mehr beeindruckt. Ist es die  einzigartige Mischung, der Architektur, die hier wiederbelebt wurde? Oder ist es doch das Kurativ-Konzept der Ausstellung, die detailverliebt, aber nicht überladen hier präsentiert wird? Ist es die Liebe zum Detail, wie sich die Vitrinen und die Gegenstände in dieses unfassbare architektonische Kleinod unaufdringlich einfügen, ihre eigene ästhetische Spannung aufbauen, die man nur bewundern kann? Oder ist es einfach die spannende Präsentation um alles, was der Flachs hervorgebracht hat? Ich mag mich nicht entscheiden.
 
Auf alle Fälle hat es mich extrem beeindruckt. Mit der Erwartung, lediglich eine überflüssige Huldigung an das in Barcelona ohnedies weit verbreitete Rauschmittel zu finden, wurde ich von einer Ausstellung überrascht, die beispiellos ist. 
 
Zunächst erfährt man mehr über die Unterschiede der Hanf-Pflanzen und ihre Nutzung, Die Grabbeigaben aus Cannabis aus der Nähe von Wien schon um 512 vor Christus datiert, die Kunst um das Thema "Cannabis Rauchen" mit Werken der alten Meister, deren Originale in den Museen dieser Welt verteilt sind, die Pfeifen, mit denen unter anderem auch Shakespeare sich vor seinem Romeo und Julia berauscht haben könnte. Zumindest ist sein Cannabis Konsum belegt. 
 
Dann kommt die eher industrielle Verarbeitung, die vor allem Krefeld und dem Niederrhein  mit seiner Leinen-Produktion eine wirtschaftliche Berühmtheit bescherte. Die Seiler, die in allen Seefahrer Nationen wie der der Holländer oder Katalanen wichtig waren. (Im Borne gibt es noch die Carrer de Flassaders, wo die Fachsseile gesponnen und gestreckt wurden) Die Stoffe für Bekleidung und Schuhwerk (wie Espandrills) die die Hanf-Pflanze noch lange vor der Baumwolle für den täglichen Broterwerb so nützlich machte. Dabei wurden auch die Flachs-Stämme verarbeitet, um nicht zuletzt sogar Lampen, Wassertaschen oder Leinwände für Künstler daraus herzustellen.  Selbst die Rolle bei der Papier Herstellung wird beleuchtet. 
Auch die Kult(ur) Geschichte, die Ben Dronkers um die Varianten der Hanf- Pflanze recherchiert hat, ist ausgesprochen kurzweilig. Alles Kulturelle lässt sich auch herrlich betrachten, weil moderne Hochtische in der Ecke einen spannenden Kontrast bilden und zum Verweilen einladen. 
Die Plakate um die wilden 60er und 70er Jahre, die Comics zum Thema, die Medizin, die man bis hin zur Heilung von Krebs einsetzt und die Dokumentation über Drogenhandel und -Krieg. Es scheint bald, es seien mehr Menschen durch Waffen im Schmugglerkrieg um Cannabis umgekommen als durch überdosierten Genuss der Pflanze. 
 
Und immer wieder diese Liebe zum Detail: da sieht man eher zufällig durch die bleiverglasten und geätzten Scheiben auf dem Balkon doch den Topf mit der Pflanze, um die es hier geht, wie sie durch das herrliche Eisenwerk des Jugendstil Geländers wuchert. 
 
Hash Maruiuhana Cáñamo & Hemp Museum Barcelona
(fast 10 Mal so groß wie das in Amsterdam...)
geöffnet täglich von 10:00 bis 22:00 Uhr
(Sylvester 10:00 bis 17:30 Uhr und Neujahr 13:00 bis 21:00 Uhr) 
Eintritt: 7,50 Euro pro Person (Gruppenpreise reduziert) 
 
c/ Ample, 35
08002 Barcelona
Tel +34 93 3 197 539
 
Metro Drassanes oder Jaume I
 

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