SERIE: Deutschsprachige Unternehmer in Katalonien - Johannes Wortmann

07.11.2008 - Judith de la Vega 

1. Was macht Ihr Unternehmen?
Wir entwickeln Architekturkonzepte für Unternehmen und setzen diese unter Einsatz fortgeschrittener Werkzeuge der Projektsteuerung in die Praxis um.

2. Wie entstand Ihre Unternehmensidee?
Als frischgebackener Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Hochbau kam ich vor nun mehr als 20 Jahren nach Barcelona, angezogen vom frischen Wind der olympischen Bauvorhaben. Bereits in meinen ersten Projekten fiel mir auf, dass die spanischen Architekten sich mehr um die elegante Form als um die Erfüllung des vereinbarten Zeit- und Kostenrahmens kümmern. Das war eine klare Marktlücke. In den kommenden Jahren entwickelte mein Büro deshalb ein Instrumentarium zur integralen Projektsteuerung, das mir besonders in internationalen Projekten oft einen entscheidenden Vorsprung verschafft hat.

3. Warum in Katalonien?

Barcelona ist nach wie vor die „Stadt der Architekten“, das erfolgreichste Beispiel für Stadtmarketing - auch und gerade durch anspruchsvolle Architektur und Stadtgestaltung in Europa.

4. Was war für Sie das größte Problem am Anfang?

Die niedrigen Gehälter, die jungen Architekten gezahlt wurden und für den Lebensunterhalt kaum ausreichten. Deshalb machte ich mich bereits nach wenigen Jahren als Partner in einem hiesigen Architekturbüro selbstständig.

5. Sprechen Sie Katalanisch?
Ja, in der Familie sprechen wir Katalanisch und Deutsch, auch mit meiner katalanischen Frau, die Deutsch gelernt hat.

6. Die meisten geschäftlichen Kontakte entstehen wo?

Geschäftsmöglichkeiten entstehen durch harte Arbeit und den Aufbau eines verantwortungsvollen Mitarbeiterstabes. Alles andere geschieht von selbst.

7. Wie wirkt sich die verordnete Zweisprachigkeit auf Ihre Firma aus?

Für uns ist Internationalität ein wesentlicher Bestandteil unseres Selbstverständnisses. Wir beschäftigen zur Zeit Mitarbeiter aus sieben Ländern und arbeiten an Projekten in Spanien, Portugal, Deutschland und Mexico. Da macht eine Sprache mehr oder weniger kaum etwas aus.

8. Was raten Sie jemandem, der hier eine Firma gründen will?

Außer einer guten beruflichen Qualifikation und der Bereitschaft zum hohen Einsatz würde ich einem Unternehmensgründer raten, gründlich Land, Leute und die Marktbedingungen zu studieren. Ein interkultureller Hintergrund ist dann von Vorteil, wenn er mit einer profunden Kenntnis des Gastlandes verbunden wird.

9. Welcher Unterschied zu Deutschland fällt Ihnen hier am meisten auf?

Im Architekturbereich gibt es in Deutschland die alle Stufen des Planungs- und Bauprozesses durchdringende DIN-Norm. Dadurch wird in der Bundesrepublik in der technischen Ausführung sorgfältiger und vor allem systematischer gearbeitet. Auf der anderen Seite sind die Behördenentscheidungen dort meist langwieriger als in Spanien, besonders was Bauvorhaben im öffentlichen Raum, also Stadtplanung im weitesten Sinne betrifft.

10. Was mögen Sie besonders an den Katalanen?

Ihren bürgerlichen Gemeinschaftssinn: Für den Wiederaufbau des Opernhauses Liceo sowie für die Vollendung der Sagrada Familia waren die Spenden aus privater Hand ausschlaggebend.

11. Gibt es etwas, das Sie hier stört?

Dass der Barca so oft verliert und wir uns immer wieder über unsere Club-Präsidenten ärgern müssen.

12. Sagen Sie uns einige deutsche Marotten, die Sie nicht ablegen können?

Meine Vorliebe für ISO-Vorschriften im Arbeitsablauf.

13. Können Sie ein Restaurant/ Bar empfehlen?

Als unkomplizierte Tapas-Bar mit Holztischen im Schankraum, aber zugleich gepflegtes Restaurant im Garten-Pavillon empfehle ich den „Asador del Mar“ in der C/. Bori Fontestá, gegenüber von Piscinas y Deportes. Besonders vor und nach einem Kinobesuch im Cinesa Diagonal oder in Cines Gran Sarria gehen wir gerne auf einen Sprung dorthin.

14. Haben Sie eine Hotelempfehlung?

Das wären zu viele verschiedene für die unterschiedlichen Gelbörsen der Barcelona-Besucher, als dass ich eines davon empfehlen könnte.

15. Was ist Ihr liebster Platz in Barcelona?

Was ich an Barcelona besonders mag, ist die ganz unterschiedliche Aufenthaltsqualität seiner verschiedenen Stadträume, das Schwingen zwischen Berg und Meer, das Flanieren zwischen der offenen, gegenwartshungrigen Diagonal und dem kleinteiligen Gassengeflecht der Altstadt, besonders um die Kathedrale Santa Maria del Mar herum.

16. Was vermissen Sie aus der Heimat?

Ich bin beruflich sehr häufig in Deutschland, meist in Berlin. Das weitläufige Berlin mag die Gegenwelt zum dichtbesiedelten Barcelona sein. Ich genieße es, in beiden Ländern zu Hause zu sein.


Das Interview führte

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